10 SCIENCE FICTION KRIMINAL-STORIES
vernehmen zu müssen.
Und plötzlich hörte er sie wieder.
Auf seinem Gesicht spiegelte sich ganz im Gegensatz zu seiner sonst an den Tag gelegten Überlegenheit etwas, das nur als Enttäuschung zu definieren war.
»Jetzt ist es egal.«
Er sank unmerklich in sich zusammen.
»Ich habe Ihnen etwas verschwiegen, Doktor. Ich wollte nicht an die Melodie erinnert werden. Aber jetzt höre ich sie wieder.«
»Eine Melodie?« fragte Dr. Mecklan, plötzlich hellwach.
»Ja, eine eigenwillige Melodie, die mir nicht aus dem Kopf gehen will. Ich vergesse sie, und dann ist sie plötzlich wieder da. Ganz unvermittelt und so eindringlich, daß ich meine, einen Lautsprecher in meinem Kopf eingebaut zu haben.«
»Hat diese Melodie etwas mit der Behandlung zu tun?«
»Ja, indirekt. Ah, es ist nicht auszuhalten …«
Kyan verzog das Gesicht.
»Erzählen Sie.«
»Es war während der Unterredung mit dem alten Mann«, begann Kyan, automatisch schneller und lauter sprechend, um die Melodie in seinem Kopf zu übertönen. »Ich verschwieg es Ihnen zuerst, da ich befürchtete, die Melodie wieder zu hören. Aber jetzt ist es einerlei. Als ich also mit dem alten Mann sprach, stand er auf und sagte, er habe im Nebenraum eine phantastische Stereoanlage, und er fragte mich, ob ich nicht interessiert sei, mir etwas darauf anzuhören. Ohne eine Antwort von mir abzuwarten, schaltete er die Anlage ein. Dann redete er weiter. Als ich aber die Klänge vernahm, war ich so fasziniert, daß ich ihm gebot, still zu sein. Die Melodie war so dynamisch und bannend – und so sinnbetörend. Aber wenn ich zurückdenke – ich habe das Gefühl gehabt, sie würde mir, kaum daß sie verklungen wäre, entschwinden wie ein Hauch von Intuition.«
Der Psychiater dachte eine Weile nach, dann sagte er: »Vielleicht war diese Melodie die eigentliche Therapie.«
»Wie?«
»Ja, Sie haben schon richtig gehört«, bestätigte Dr. Mecklan. »Und das ist gar nicht so absurd. Ich habe mir eine Theorie zurechtgelegt, die ich aber durch einige Tests erproben möchte.« Kyan nickte, dann stand er auf. Der Psychiater führte ihn zum anderen Ende des Raumes und bat ihn, sich auf die Couch zu legen. Kyan tat dies und spürte, wie er emporgehoben wurde. Dann, als er sich in Augenhöhe des Psychiaters befand, stoppte die Couch. Dr. Mecklan verdunkelte den Raum, bis nur noch eine Lampe glühte, die gegen die kahle Wand gerichtet war.
Das Licht reflektierte sich darauf und schien Kyan ins Gesicht.
Dr. Mecklan stellte sich aufrecht zur Couch und blickte Kassian Kyan in die Augen. Dieser sah nur das fahle Oval seines Gesichtes.
Der Psychiater begann zu fragen.
*
»Sie haben auf Lordimer geschossen?«
»Ja.«
»Mit voller Absicht?«
»Ja.«
»Mit Mordabsicht?«
»Ja.«
»Haben Sie ihn getötet?«
»Nein.«
»Wie kam das?«
»Ich zielte auf sein Herz. Bis zu diesem Punkt ging alles gut. Dann aber, als ich den Abzug drücken wollte, befiel mich ein Schwindel. In dem Finger, den ich um den Abzug gespannt hatte, bekam ich einen Krampf.«
»Ging der Schuß los?«
»Ja. Ich hatte aber erst genügend Kraft im Finger, als der Lauf sich gesenkt hatte und auf das linke Bein Lordimers zielte.«
»Ein Schuß, der diese Stelle trifft, ist nicht tödlich. Wußten Sie dies, bevor Sie abdrückten?«
»Ja.«
»Hören Sie die Melodie?«
»Nein.«
»Haben Sie noch eingetragene Waffen?«
»Ja.«
»Wurden sie Ihnen nach der Behandlung wiedergegeben?«
»Sie wurden mir nicht abgenommen.«
»Werden Sie die Waffen behalten?«
»Ja.«
»Werden Sie sie verwenden?«
»Ich hoffe …«
»Hören Sie die Melodie?«
»Nein, ich …«
»Die Melodie?«
»Ja, ich – zum Teufel ja, ich höre sie!«
Eine Weile herrschte Stille. Kyan wischte sich über die nasse
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