10 SCIENCE FICTION KRIMINAL-STORIES
besser, ich wüßte mehr über ihn«, sagte Clay zu Josephine. »Sicherlich hat er eine Menge Gewohnheiten und Eigenarten, die man alle beachten muß. Wenn er sein Mittagessen verlangt, möchte ich nicht geräucherte Zunge servieren, bloß um nachher festzustellen, daß er dagegen allergisch ist. Wie steht es mit seinen Hobbies?«
Aber er horchte Josephine sehr vorsichtig aus, immer auf das Auge bedacht. Nach wie vor brauchte er Tabletten, um schlafen zu können.
*
Der Soziologe rieb sich die Stirn.
»Schalten wir eine Pause ein«, schlug er vor. »Warum will man überhaupt einen Mord begehen?«
»Um einen Vorteil zu erzielen – auf irgendeine Art und Weise.«
»Nur zum Teil, würde ich sagen. Der andere Teil besteht aus dem unbewußten Verlangen, bestraft zu werden. Meist für irgend etwas anderes. Deshalb gibt es Menschen, die Unfälle geradezu anziehen. Haben Sie sich jemals überlegt, was ein Mörder macht, der sich schuldig fühlte und ohne Bestrafung davonkam? Es muß ein grauenhaftes Leben sein … Er gerät zufällig vor ein dahinrasendes Auto, verletzt sich mit einer Axt – rein zufällig, berührt einen blanken Draht, der unter Strom steht – und nur zufällig!«
»Das Gewissen, hm?«
»Vor langer Zeit glaubten die Leute, Gott säße auf einem Thron in den Wolken und beobachte alles, was sie tun, durch ein großes Fernrohr. Im Mittelalter lebte man wirklich sehr vorsichtig – im ersten Mittelalter, meine ich. Dann kam die Ära des Unglaubens, als es nichts gab, woran man hätte glauben können – und schließlich sind wir so weit gekommen.« Er deutete auf den Bildschirm. »Universelle Erinnerung!« Er schüttelte den Kopf. »Wenn man sie etwas erweitert, erhält man das universelle Gewissen der menschlichen Gesellschaft – ein extrovertiertes Gewissen. Es ist der mittelalterlichen Vorstellung von Gott ähnlich – Allwissenheit.«
»Aber nicht Allmächtigkeit!«
»Hm …«
*
Alles in allem behielt Clay für anderthalb Jahre das Auge »im Auge«. Bevor er etwas sagte oder etwas tat, was immer es auch war, erinnerte er sich an das Auge und überlegte, ob er nicht für die richtende Zukunft seine Motive bloßlegte. Natürlich gab es – vielmehr, würde es ein Ohr geben; aber das erschien doch etwas zu absurd. Man konnte sich schwer ein riesiges, vom Körper gelöstes Ohr vorstellen, das wie ein Zierteller in einer Halterung an der Wand hing. Und trotzdem, das, was er sagte, würde ein ebenso wichtiger Beweis sein – später dann – wie das, was er tat. So war Sam Clay überaus vorsichtig und benahm sich wie Caesars Frau.
Er trotzte eigentlich nicht direkt der staatlichen Gewalt, er überlistete sie vielmehr.
Oberflächlich gesehen war eher Vanderman Caesar gleich, und seine Frau stand in diesen Tagen sicherlich nicht über allen Vorwürfen. Sie hatte einfach mit zuviel Geld umzugehen. Und außerdem mußte sie feststellen, daß ihr Mann eine zu starke Persönlichkeit war, um sie vollständig zufriedenzustellen. Bea besaß eine genügend starke matriarchalische Veranlagung, um in sich eine Rebellion gegen Andrew Vanderman aufsteigen zu lassen, und außerdem fehlte ihr eine gewisse Romantik. Vanderman hatte für sie wenig Zeit. In diesen Tagen war er sehr beschäftigt, verwickelt in ein Gewirr von verschiedenen Geschäften, die den Großteil seiner Zeit beanspruchten. Clay hatte selbstverständlich einiges damit zu tun.
Das Interesse an seinem neuen Betätigungsfeld war ja eigentlich lobenswert. Er verbrachte ganze Nächte mit Plänen und Entwürfen, fast so, als erwarte er, von Vanderman zum gleichberechtigten Partner gemacht zu werden. Tatsächlich erwähnte er
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