10 SCIENCE FICTION KRIMINAL-STORIES
sich.
»Schon gut«, sagte der Soziologe, »schon gut … Es ist nur die Frage, ob Clay sich mit einer Frau verlobt hätte, ohne wirklich …«
»Verlobungen kann man auflösen.«
»Diese wurde bis jetzt noch nicht aufgelöst – soweit wir wissen. Und wir wissen es.«
»Ein normaler Mann wird kaum ein Mädchen heiraten wollen, das ihm überhaupt nichts bedeutet, außer, er hat ein anderes, stärkeres Motiv – soweit gebe ich Ihnen recht.«
»Aber inwieweit ist Clay normal?« fragte sich der Soziologe. »Hat er im voraus gewußt, daß wir seine Vergangenheit überprüfen wurden? Haben Sie je bemerkt, wie er bei einer Patience schwindelte?«
»Was beweist das?«
»Es gibt eine ganze Menge trivialer Dinge, die man nicht tut, wenn man weiß, daß man beobachtet wird. Auf der Straße einen Groschen aufheben, Suppe aus dem Teller schlürfen, vor einem Spiegel posieren – all das unsinnige Zeug, das jeder tut, wenn er sich allein glaubt. Clay ist entweder unschuldig oder ein überaus kluger Kopf …«
*
Er war ein überaus kluger Kopf. Er beabsichtigte niemals, die Verlobung zu einer Heirat werden zu lassen, obwohl er wußte, daß in einer Beziehung die Ehe keine schlechte Vorsichtsmaßnahme gewesen wäre. Wenn ein Mann im Schlaf spricht, wird ihn seine Frau sicherlich darauf aufmerksam machen. Clay überlegte, ob er sich, falls notwendig, vielleicht nachts knebeln sollte … Dann wurde ihm klar, daß er, wenn er überhaupt im Schlaf sprach, auch nicht genau wissen konnte, ob er nicht schon bei der ersten Überprüfung zu viel gesprochen hatte, und dann könnte es das Auge schließlich sehen, wenn er sich knebelte. Das konnte er sich nicht leisten. Aber schließlich war es auch nicht notwendig. Clays Problem war eigentlich ganz einfach, wenn er es sich recht überlegte: Wie kann ich ganz sichergehen, nicht im Schlaf zu sprechen?
Er löste das spielend, indem er einen narko-hypnotischen Kurs für Branchen-Fachjargon mitmachte.
Dazu war es notwendig, im Wachzustand zu lernen und das Gelernte dann über Tonband im Schlaf zu wiederholen.
Als notwendige Vorbereitung für den Kurs mußte er mit einem Aufnahmegerät den Tiefengrad seines Schlafes messen, damit die Narko-Hypnose seinem individuellen Schlafrhythmus angepaßt werden konnte. Das tat er mehrmals und überprüfte es einen Monat später ein zweites Mal – und war beruhigt.
Es war nicht notwendig, daß er sich nachts knebelte.
Er war froh, auf diese Weise schlafen zu können, vorausgesetzt, er träumte nicht. Nach einiger Zeit mußte er zu Beruhigungsmitteln greifen. Nur des Nachts hatte er Ruhe vor dem Bewußtsein, daß ihn ein Auge ständig beobachtete, ein Auge von unerbittlicher Gerechtigkeit, ein Auge, dessen Allmächtigkeit er nie offen herausfordern durfte. Aber er träumte von dem Auge …
Vanderman hatte ihm in seiner Organisation eine Stelle gegeben. Und das war einmalig. Clay war nur ein Rädchen im Getriebe, und das paßte ihm im Augenblick vorzüglich. Er wollte keine weiteren Gefälligkeiten in Anspruch nehmen. Nicht, ehe er sich über den Pflichtbereich von Miss Wells im klaren war – Josephine hieß sie mit Vornamen. Das dauerte einige Monate, aber bis dahin war aus ihrer Freundschaft bereits Zuneigung geworden. So bat Clay Vanderman um eine andere Stelle. Er drückte es ziemlich deutlich aus. Es war nicht gerade offensichtlich, aber er wollte Arbeit, die mit Miss Wells’ Aufgabenkreis zusammenhing.
Vanderman hatte wahrscheinlich wegen Bea noch immer ein Schuldgefühl; er hatte sie geheiratet, und jetzt war sie in Antarktika im Kasino. Vanderman sollte sich dort mit ihr treffen; also hinterließ er einige Anweisungen, wünschte Clay alles Gute und
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