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10 Stunden auf der Jagd. Nur eine Plauderei

10 Stunden auf der Jagd. Nur eine Plauderei

Titel: 10 Stunden auf der Jagd. Nur eine Plauderei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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fragte er mich in einem Ton, aus dem der Staatsbe-
    amte sprach.
    »Gendarm . . . ich glaubte . . . es sei ein Hase! . . . Eine op-
    tische Täuschung! Übrigens bin ich gern bereit, den Scha-
    den zu ersetzen.«
    »Wirklich! Nun, ein Gendarmenhut ist ziemlich teuer . . .
    besonders wenn man ihn ohne Jagdschein erlegt!«
    Ich wurde blaß. Alles Blut drängte sich mir zum Herzen.
    Das war der heikelste Punkt.
    »Sie sind doch im Besitz eines Jagdscheins?« fragte mich
    der Pandorus.
    »Eines Jagdscheins?«
    »Ja, eines Jagdscheins. Sie wissen doch hoffentlich, was
    ein Jagdschein ist?«
    Leider hatte ich keinen Schein. Für einen einzigen Jagd-
    tag glaubte ich davon absehen zu dürfen, einen zu lösen.
    Aber ich glaubte dem Mann des Gesetzes versichern zu
    müssen, was man bei derartiger Gelegenheit stets versi-
    chert, daß ich meinen Jagdschein nur vergessen habe.

    — 38 —
    Ein Lächeln überlegener Un-
    gläubigkeit verbreitete sich auf dem
    Gesicht des Gendarmen.
    »Dann bin ich eben gezwungen,
    ein Protokoll aufzunehmen«, sagte
    er zu mir in dem sanfteren Ton ei-
    nes Mannes, der schon eine Prämie
    für sich winken sieht.
    »Warum? Morgen werde ich Ih-
    nen den Schein schicken, den Jagd-
    schein, mein wackerer Gendarm,
    und . . .«
    »Ja, ja, weiß schon«, erwiderte
    der Pandorus, »aber ein Protokoll ist nicht zu umgehen.«
    »Nun gut, dann protokollieren Sie,
    wenn Sie denn einmal für die Bitte ei-
    nes Anfängers unempfindlich sind.«
    Ein Gendarm, der dafür empfind-
    lich wäre, wäre ja kein Gendarm mehr.
    Der meinige zog denn auch ein in
    gelbliches Pergament gebundenes No-
    tizbuch aus der Tasche.
    »Wie heißen Sie?« begann er.
    Ah, ich wußte, daß es üblich ist, in so schwerer Verle-
    genheit der Behörde den Namen eines Freundes zu nennen.
    Wenn ich jetzt gerade Mitglied der Akademie von Ami-
    ens gewesen wäre, wahrlich, ich hätte nicht gezögert, den
    Namen eines gelehrten Kollegen anzugeben. Ich begnügte

    — 39 —
    mich jedoch damit, den eines
    alten Kameraden, eines be-
    kannten Pariser Pianisten, zu
    nennen. Der brave Junge saß
    momentan bestimmt zu Hause
    und trainierte den vierten Fin-
    ger, ohne eine Ahnung, daß
    man ihn wegen eines Jagdver-
    gehens in ein Protokoll auf-
    nahm.
    Der Pandorus verzeichnete ernsthaft den Namen seines
    Opfers, dessen Beruf, Alter und Adresse. Dann bat er mich
    ganz höflich, ihm meine Flinte zu übergeben – wozu ich
    eiligst bereit war. Ich hatte dann ja weniger zu tragen; ich
    bat ihn auch, mir die Jagdtasche, den Schrotbeutel und das
    Pulverhorn gleichzeitig mit abzunehmen. Das lehnte er mit
    einem für mich beklagenswerten Desinteresse ab.
    Nun war noch die Frage des Huts zu regeln. Diese fand
    zur Zufriedenheit beider Teile durch die
    Aushändigung eines Geldstücks die ge-
    wünschte Lösung.
    »Es ist sehr schade«,
    meinte ich, »der Hut
    war so hervorragend
    erhalten.«
    »Es war ein fast
    neuer Hut«, entgeg-
    nete der Pandorus,

    — 40 —
    »ich habe ihn erst vor 6 Jahren von einem Brigadier gekauft,
    als er in den Ruhestand trat.«
    Nachdem er das Möbel wieder vorschriftsmäßig auf den
    Kopf gestülpt hatte, ging der Gendarm, sich in den Hüften
    wiegend, nach seiner, ich aber nach meiner Seite davon.
    1 Stunde später hatte ich den Gasthof erreicht, verheim-
    lichte so gut wie möglich das Verschwinden der Flinte und
    erwähnte mein Abenteuer mit keinem Sterbenswörtchen.
    Es soll aber nicht verschwiegen bleiben, daß meine Jagd-
    genossen als ganze Beute für sieben Mann eine Wachtel
    und zwei Rebhühner heimbrachten. Wegen eines Hasens,
    der noch jetzt fröhlich draußen umherlief, war es zwischen
    Maximon und Duvauchelle sogar zu Tätlichkeiten gekom-
    men, und Pontcloué und Matifat hatten sich auf den Tod
    verfeindet.

    — 41 —
    XI
    Das ist die Reihe der Aufregungen, die ich an jenem denk-
    würdigen Tag durchkosten mußte! Ich hatte vielleicht eine
    Wachtel getötet, vielleicht ein Rebhuhn erlegt, vielleicht ei-
    nen Bauer verwundet, aber ganz sicherlich hatte ich einen
    Gendarmenhut durchlöchert!
    Ohne Jagdschein ertappt, war über
    mich unter fremdem Namen ein Proto-
    koll aufgesetzt worden. Ich hatte die Behörde hintergangen!
    Oh, kann einem Neuling von Jäger am Beginn seiner Lauf-
    bahn eines Anderson und Pertuiset noch mehr zustoßen?
    Es versteht sich von selbst, daß mein Freund, der Pianist,
    unangenehm überrascht war, als er eine Vorladung erhielt,
    vor dem Korrektionstribunal von Doullens zu

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