100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten
Dass man ihm unterstellt, feige und ängstlich zu sein, entspricht sicher nicht den Tatsachen. Und ist zudem widersprüchlich: Einerseits ist ein »Hasenfuß« eben ein »Angsthase«, andererseits soll eine Hasenpfote Glück bringen. Und früher soll sie sogar – in der Hosentasche getragen – benutzt worden sein, um stramme Männlichkeit vorzutäuschen.
Hasenbraten scheint jedoch etwas aus der Mode gekommen zu sein, man findet das Löffeltier selten auf Speisekarten. Ich habe lange Zeit kein Fleisch von einem »hasenartigen« Tier mehr gegessen, erinnere mich jedoch an köstliche Ragouts und an ein besonders würziges, aber dennoch mildes Fleisch – dem Kalb nicht unähnlich, aber eben individueller. Aber eines muss ich unbedingt bei dieser Gelegenheit endlich erfahren: In alten Geschichten hieß es, wenn man Pferden Hasenleber unter den Schweif steckt, liefen sie schneller, ja könnten sogar vor Temperament durchgehen. Was hat es damit auf sich?
Hasenleber kenne ich nur gebraten oder gegrillt, nicht aber an Pferdehinterteilen. Hase ist eigentlich Jagdwild, auch wenn die heimischen Bestände stark geschrumpft sind. Echte Kenner unter den Jägern können selbst beim Blick auf eine Auslage beim Wildhändler erkennen, aus welcher Gegend der Hase stammt: Nahrung und Klima wirken sich nämlich auf den Pelz aus. Der Jurist Jean Anthelme Brillat-Savarin (1755–1826) hat das in seiner »Physiologie des Geschmacks« folgendermaßen beschrie ben: »Der Werth des Wildpretes hängt auch größtenteils von der Natur des Bodens ab, wo es sich nährt. Der Geschmack eines rothen Rebhuhnes von Périgord ist ein anderer, als derjenige eines rothen Rebhuhnes von der Sologne; ein Hase, der in den ebenen Umgebungen von Paris geschossen wurde, ist eine ziemlich unbedeutende Schüssel …«
Das Universalkochbuch »Ali Bab, praktische Gastronomie«, eine Art »Weltkochbuch«, erschienen Anfang des 20. Jahrhunderts aus der Feder des weit gereisten Minen-Ingenieurs Henri Babinski, äußert sich auf seinen gut 1280 Seiten auch zum Hasen: »Die besten Wildhasen sind solche, die sich von aromatischen Kräutern wie Thymian und Feldthymian ernähren. Der Hase darf nicht abgehangen werden, solche, die zum Grillen bestimmt sind, sollten jung sein …«
Wie immer bei Fleisch und Geflügel schmeckt das weibliche Tier besser als das zähere, festere männliche. Je heller das Fleisch ausfällt, desto jünger ist das Tier, rote bis rotschwarze Farbe deutet buchstäblich auf einen »alten Hasen« hin. Gefragt sind Tiere im Alter von drei bis acht Monaten. Der junge Hase ist zarter, eignet sich wie gesagt als Braten, der alte zum Marinieren oder als Ragout. Im November und Dezember fallen die Hasen besonders fett aus. Ob der Löffelträger mit dem kalbsartigen Geschmack nicht vielleicht ein Wildkaninchen war? Es gibt ausgesprochen »wild« und kräftig schmeckende Hasen. Und jede Menge Rezepte dazu: Mariniert und gespickt am Spieß gebraten, als Ragout mit Speck. Vielleicht das berühmteste ist der »königliche Hase«, den es in Frankreich in vielen besseren Restaurants gibt. Zwei Varianten davon haben sich durchgesetzt: »Lièvre à la royale nach Art des Senator Couteaux« wird stundenlang in gutem Rotwein geschmort und mit einer Sauce aus seinem Blut serviert. Paul Bocuse hat die verschiedenen Arbeitsschritte mal in seinem Rezept in einen Zeitrahmen von sechseinhalb Stunden dargestellt und empfiehlt als Kochwein einen mindestens fünf Jahre alten Chambertin.
»Mit Foie gras und Trüffeln gefüllter königlicher Hase« klingt köstlich, fällt aber in der Praxis meist so füllig-schwer aus, dass sich die meisten Gäste nach dem Essen selbst wie eine Stopfgans fühlen.
Wem es jetzt bei der Vorstellung eines mit Gewehren gejagten Löffelträgers graut, der sollte bedenken, dass die weitaus meisten Jäger nicht wild drauflosballern, sondern durchaus verantwortungsvoll agieren. Besonders Schwarz- und Rotwild kann sich mangels natürlicher Feinde schnell ausbreiten und in Weinbergen und auf Äckern beträchtliche Schäden anrichten. In Westeuropa wird auch zur Vermeidung solcher Wildschäden gejagt. Selbst in der »Deutschen Jagdzeitung« erörtern Autoren die Frage, wie den durch Flurbereinigung arg mitgenommenen Beständen von Hase und Rebhuhn aufgeholfen werden kann. Und nicht wenige Jäger würden auf den Hasen freiwillig eine Zeit lang verzichten, damit er sich wieder ordentlich vermehren kann.
Haselnüsse
Haselnüsse sind irgendwie
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