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100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten

100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten

Titel: 100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Schoenberger , Joerg Zipprick
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in der alten Sprache des Okzitanisch schrieb, nahm sich der Ringeltaube an. Ohnehin wird im französischen Südwesten alles gejagt, was über Federn verfügt: Mit den Füßen im Wasser stellen die Jäger im Bassin d’ Arcachon den Enten nach, im Médoc jedoch ist die »tourterelle«, die Turteltaube, das bevorzugte Ziel. Sogar ortolans, Fettammern, werden trotz strengem Verbot regelmäßig gefangen, um sie zu mästen und dann in Cognac oder Armagnac zu ertränken. Zwei dieser Vögel sollen am 31. Dezember 1995 als letztes Festmahl dem sterbenskranken François Mitterand serviert worden sein – nach Austern, Foie gras und gebratenem Kapaun.
    Die weitaus meisten Jäger warten jedoch auf Ringeltauben. Rund drei bis vier Millionen dieser Vögel überqueren den Himmel des französischen Südwestens Richtung Spanien und Portugal. Eigens für diese Jagd legen viele Männer ihren Jahresurlaub in den Herbst. Ein Gascogner Sprichwort schildert das:
    »A la Sent-Miquèu, l’appèu
    A la Sent-Luc, lo gran truc
    A la Sent-Martin, la fin«
    Zu St. Michael der Lockvogel
    Zu St. Lucas der große Fang.
    Zu St. Martin das Ende.
    Am 29. September, zu St. Michael, wird eine gefangene Ringeltaube, die mit ihrem Gesang ihre gefiederten Brüder und Schwester auf die umliegenden Bäume locken soll, als Lockvogel aufgestellt. Der 18. Oktober, St. Lukas, ist der Tag mit der größten Wanderbewegung Richtung Süden; die Tauben werden dann geschossen oder mit Netzen gefangen. Und schließlich am 11. November, an St. Martin, das Ende der Jagd.
    Für fast zwei Monate spielt sich das Leben unter Jägern in den hölzernen »Palombières« ab: Ein Wachposten, auf dem man den Lockvogel überwacht, damit er nicht ausbricht, mit einem Raum zum Essen und Schlafen. Frau und Kinder kommen ab und zu vorbei, gemeinsam werden Steaks über Weinreben gegrillt. Nach Hause kommen die Jäger nur, um ihre Beute abzuliefern und kurz zu duschen.
    Palombes werden fünf bis 15 Tage abgehangen. Ihr Fleisch ist zart und delikat wie bei der Taube, sie verfügen jedoch über eine kräftige »wilde« Note. So ein Vogel braucht auf dem Teller starke »Partner« wie Steinpilze, Pfifferlinge oder Knoblauch, außerdem schmeckt er vorzüglich als Ragout mit Rotweinsauce.

Roquefort
    Im Gegensatz zu dem appetitlichen weißen »Samtfellchen« vom Camembert, habe ich den Blauschimmelkäsesorten gegenüber immer einen Heidenrespekt. Ich habe zwar gelernt, dass ein Käsewagen ohne diese Käsesorten nicht komplett ist – ja sogar von einem Mangel an Kennerschaft zeugt –, und ich weiß auch aus Erfahrung, die durch Überwindung gewonnen wurde, dass er in der richtigen Kombination hervorragend schmeckt. Aber ohne Trauben, ohne Weißbrot mit Butter und schon gar ohne einen guten Rot- oder Portwein ist mir Roquefort zu streng. Trotzdem habe ich die Warnung vor giftigem Schimmel nie ganz aus dem Hinterkopf bekommen. Da tauchen gleich noch weitere Bilder von schimmeligem Brot vor meinem geistigen Auge auf, samt der gewissen Sorgfalt und Hektik, mit der der Brotkasten dann gesäubert und desinfiziert wurde. Und ist es nicht auch ein Pilz, der chronische Gastritis hervorruft? Aber damit sind meine Fantasien nicht erschöpft, da kommt gleich noch der Schimmel und die Entdeckung des Penicillin und natürlich die Erinnerung an den wunderbaren Film »Der dritte Mann«. Zu viele ungeklärte Gedankengänge, um sich wirklich dem Schmecken hingeben zu können. Vielleicht kann ich jetzt meine Vorbehalte endlich loswerden und diesen Blauschimmel beruhigt und unabgelenkt genießen lernen?
    Lange war mir der Blauschimmelkäse auch nicht geheuer. Es muss mit der deutschen Erziehung zusammenhängen: Was schimmelt, das ist für uns verdorben und als Lebensmittel unbrauchbar. Dann aber kam der Tag, als mit leisem Schnarren ein besonders gut bestückter Käsewagen heranrollte. Ich war zu Nouvelle-Cuisine-Erfinder Michel Guérard nach Eugénie-les-Bains gepilgert; Langustinos in Zitronenblütensauce, geräucherten Hummer und Petersfisch in Früchtebouillon hatte ich gerade genossen. Jetzt verkündete der Maître d’Hôtel die Ankunft des »Fromage«: sorgsam getrocknete Ziegenkäse, bestens gereifter Camembert, würziger Epoisses … Doch ganz oben lenken gleich drei große, runde, von blaugrünen Adern durchzogene Käselaibe aller Augen auf sich. »Le Roquefort«, erklärte der Mann in Schwarz stolz: »Drei Monate gereift, das Mindestalter, jung und frisch … Fünf Monate, seine Blütezeit … Und

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