100 Tage Sex
Gleitmittelproben, Porno-DVDs, luststeigernde Kräuter, Reklame-T-Shirts und so weiter.
»Hast du ein Feuerzeug in deiner Tasche?«, fragte ich Annie.
»Ich nicht, aber ich glaube, du«, antwortete sie.
Sollte ich vor der Kontrolle noch meine Tasche durchsuchen? Dann würde aber unsere gesamte Umgebung meinen Berg an nicht jugendfreien Souvenirs bestaunen können.
»Ich lass es drauf ankommen«, erklärte ich.
Für die Sicherheitsleute an den Metalldetektoren setzte ich mein unschuldigstes Lächeln auf. Derweil fuhr meine Tasche durch die Röntgenmaschine.
Sie blieb ungewöhnlich lange drin.
Schließlich bat mich eine Sicherheitsbeamtin zur Seite. »Kommen Sie bitte mit. Wir müssen Ihre Tasche durchsuchen.«
Ich konnte nur einfältig lächeln, während sie in aller Öffentlichkeit meine Sex-Wundertüte ausleerte, bis sie das Feuerzeug gefunden hatte.
»Da ist es ja«, bellte sie und hielt ein schwarzes Feuerzeug mit der rosafarbenen Aufschrift »Pussy« hoch. »Sie dürfen weiter, Sir.«
»Entschuldigung«, flüsterte ich. Ich spürte, wie die Blicke sämtlicher Leute auf dem Flughafen mich durchbohrten.
Völlig erledigt kamen wir daheim an. Wir wünschten uns nur noch eine schnelle und sanfte Landung im Bett, aber vorher war noch ein wenig Kinderbetreuung angesagt. Vegas, das waren ein paar Tage unbeschwerter Jugend gewesen. Aber jetzt hieß es, zurück in unser winziges Haus, in dem sich Kinder und Großeltern drängten. Unsere kleinen Schätzchen umarmten uns, wir küssten ihre Wangen, und alle lächelten. Es war herzerwärmend … und rasch auch wieder anstrengend.
Denn die Mädchen hatten sich an das laxe Regime meiner Eltern gewöhnt. Unsere Rückkehr bedeutete mehr Disziplin und weniger Süßigkeiten. Kaum hatten wir meine Eltern wieder ins Hotel gebracht, gingen die Scharmützel los. Im Kampf ums Zähneputzen und Haarekämmen flossen Tränen. Immer noch eine Geschichte sollten wir vorlesen, und wir gaben klein bei. Aber irgendwann lagen sie dann doch in ihren Betten und schliefen. Wir krabbelten
in unser eigenes Bett, gaben uns ein Gutenachtküsschen und versanken im Schlaf.
Einige Beutestücke von der Pornomesse waren auf ganz unerotische Weise amüsant, zum Beispiel Silly-Putty in einem roten Ei mit der Aufschrift XXX - Code für »Pornografie« - und leuchtende Stifte in allen Farben. Was für die Kinder, beschlossen wir.
Am Morgen spielten die Mädchen mit dem Silly-Putty (einer Knetmasse mit überaus merkwürdigen Eigenschaften) und den Stiften. Dann setzte sich Ginger ihren Rucksack auf, und ich brachte sie mit meinem verbeulten Subaru zum Kindergarten. Anschließend fuhr ich ins Büro. Annie hatte ihre Fotos von der Messe auf eine Website gestellt. Bei den Kollegen und unseren weit verstreuten Freunden kamen sie gut an. Besonders mochte ich das Foto von mir und der Pornodarstellerin.
»Schaut nur«, vermittelten wir unseren Freunden mit den Bildern. »Ihr haltet uns für strickjackentragende, designerbiertrinkende, familienkutschenfahrende, mit Freunden grillende Gutmenschen. Irrtum!«
Nachdem ich im Kreise meiner gesetzten und versierten Kollegen etliche Stunden am Computer geschrieben hatte, spürte ich schon am frühen Nachmittag Pornoshow-Entzugserscheinungen. Alles kam mir mit einem Mal so öde vor, unerheblich, unwichtiger als noch vor der Messe. Ich besah mir die Leute, wie sie mit ihren Kaffeetassen in der Hand durch die Gegend schlurften, und merkte, dass ich mich wegwünschte. Die Atmosphäre in der Redaktion hatte ihren Reiz für mich verloren. Ich schrieb Annie eine E-Mail. Ihr ging es genauso. Wir sehnten uns zurück!
Zurück zu den Leuten, die in Casinos rauchten, zum Glamour der Pornostars, zur kargen, schönen Wüsteneinsamkeit und zu nachgemachten Eiffeltürmen, Pyramiden, Burgen und New Yorker Skylines.
Seit die Mädchen auf der Welt waren, hatten Annie und ich unsere raren Tage der Zweisamkeit gern in der Natur verbracht, in Blockhütten, über offenem Feuer kochend. Diesmal allerdings hatten wir so ziemlich den unnatürlichsten Ort Amerikas besucht - selbst die in Vegas gebotene »Kultur« ist künstlich - und uns daran berauscht. Wir sträubten uns, den schönen Fiebertraum des Wochenendes gegen die sibirische Wirklichkeit des winterlichen Denver einzutauschen.
Als ich daheim ankam, zog mich die Müdigkeit zu Boden wie ein Mühlstein. Ich wollte mich nur noch auf die Couch legen, die Augen schließen und schlafen. Aber wir hatten meine Eltern zum
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