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1000 Kilometer auf dem 1000-jährigen Weg

1000 Kilometer auf dem 1000-jährigen Weg

Titel: 1000 Kilometer auf dem 1000-jährigen Weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Jakob Weiher
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die Gruppe Schwedinnen, die mich aber nicht erkannten. Sie diskutierten wild in ihrer Sprache und deuteten auf eine Informationsbroschüre über die Kathedrale. Nachdem ich mir noch ein kleines, altes Kloster angesehen hatte, begab ich mich in die Herberge, in der ich eine ruhige angenehme Nacht verbrachte.
    Am nächsten Morgen verließ ich León sehr früh. Ich suchte, wie immer zu dieser morgendlichen Stunde, eine Möglichkeit zu frühstücken, aber alles war geschlossen. Bis ich einen Platz betrat, den die Sonne gerade mit ihren ersten Strahlen beleuchtete. Der Platz war menschenleer. In einer Ecke befand sich ein kleines Café. Tische und Stühle standen fertig gedeckt bereit. Ich schnallte meinen Rucksack ab und setzte mich. Es kam aber niemand. Also ging ich in das Café und überraschte eine junge Frau, die dabei war, Kaffee und Gebäck zuzubereiten. Ich fragte nach Frühstück und sie deutete mir, dass sie etwas für mich bringen würde. Kurz darauf brachte sie mir als erstes einen Kaffee und als sie sah, dass ich als Pilger unterwegs war, schien sie sich sehr zu freuen.
    Ich genoss den Ausblick auf ein altes Gebäude mir gegenüber, an deren Fassade langsam die Sonne herauf kroch. Die Stimmung war einzigartig. Ich dachte noch über den angenehmen Charakter der Benediktinerinnen nach und freute mich, hier an einem so schönen Ort ein Lichtschauspiel beim Frühstück genießen zu dürfen.

    Das sollte aber erst einmal der letzte, schöne Anblick gewesen sein, denn der weitere Weg hinaus aus León führte durch ein Industriegebiet und dann entlang einer Hauptverkehrsstraße. Nach der Kirche „Virgen del Camino“, der Jungfrau des Weges, einem Bau aus den sechziger Jahren, führte der Weg dann wieder in ruhige, weite Landschaften in eine bewachsene Hochebene. Und sofort machte das Wandern wieder richtig Freude.
    Auf dem Weg hatte ich die kurze Bekanntschaft von vier Münchnerinnen gemacht, die mich an einer heiklen Stelle im Stadtrandgebiet von León nach dem Weg gefragt hatten. Dieser Gruppe begegnete ich nun immer wieder. Mal überholten sie mich und umgekehrt. Ich hörte sie oft kichern und sie schienen viel Spaß zu haben.
    Einmal überholte ich sie, weil sie auf einem Kinderspielplatz die Schaukeln und Rutschen beschlagnahmt hatten. Ich dachte dabei kurz an die Schaukelpartie, die ich vor zweieinhalb Wochen mit Monica und meinen Freunden gehabt hatte.
    Am frühen Nachmittag kam ich in Villar de Mazarife an. Direkt am Ortseingang stieß ich auf die erste von drei Pilgerherbergen in diesem Ort. Vor dem Gebäude befand sich ein schön angelegter Garten mit Wiese, Blumen, Gartenmöbel und Sonnenschirmen. Eine der Münchnerinnen lag im Bikini mit Buch und Rotwein in der Sonne auf einer der Liegen. Dieses Bild war so einladend, dass ich mich entschloss, nach einem freien Schlafplatz zu fragen. Ich kam durch einen kleinen Flur, der gleichzeitig das Büro war, in den sehr großen Schlafraum. Hier standen Etagenbetten für gut fünfzig Pilger bereit.
    Die Betten waren so aufgestellt, dass trotz der hohen Anzahl keine Enge im Raum aufkam. Die Mitte des Raumes war mit Skulpturen geschmückt und Räucherstäbchen qualmten vor sich hin. Dann kam der Herbergsvater auf mich zu und lächelte freundlich. Man merkte ihm an, wie interessiert er an jedem seiner Gäste war.
    Beim Einchecken kam er mit jedem in ein kurzes Gespräch. Er kannte sich sehr gut auf dem gesamten Jakobsweg aus. Und er hatte als ehemaliger Arzt die Marotte, besser gesagt die Begabung, Erkrankungen oder Verletzungen seiner Schützlinge während dieses Gesprächs festzustellen. Bei mir fand der sehr ruhig und sympathisch wirkende Doc aber nichts.
    Ich buchte den Schlafplatz, das gemeinsame Abendessen in seiner eigenen Küche und das Frühstück am nächsten Morgen für ganze achtzehn Euro. Ich nutzte die Waschgelegenheit für meine Wäsche hinter dem Haus und nahm danach eine Dusche. Dann setzte ich mich in den schönen Garten unter einen Sonnenschirm.
    „Magst du einen Schluck mittrinken?“ bot mir die Münchnerin von ihrem Rotwein an.
    „Klar, gerne“, antwortete ich, „ich hol’ mir drinnen ein Glas.“ Als ich hinein ging, fiel mir ein, dass ich aus León noch ein paar Stückchen Käse über behalten hatte, die ich mit nach draußen nahm. Er harmonierte sehr gut mit dem lieblichen Rotwein.
    Andrea aus München war eine gestandene Geschäftsfrau mit einem eigenen Reiterhof. Das überraschte mich ein wenig, weil ich sie mit den anderen kichernd

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