1001 - Die Jäger von Chircool
blutigem Bratensaft. Die Erwachsenen, die hinter den Kindern standen, waren für die Bestien einfach nicht vorhanden. Später, wenn sie die Kinder getötet hatten, würden sie sich der übrigen Beute annehmen, aber das hatte Zeit. Es gab - den Jaguar ausgenommen - keine einzige Tier-art, die nicht vor einer angreifenden Rotte von Chircools Reißaus nahm. Stutzig wurden die Chircools erst, als plötzlich ein ausgewachsenes Exemplar dieser zweibeinigen Rasse zwischen ihnen und den Kindern auftauchte.
Ihr Instinkt befahl ihnen, das lebende Hindernis schnellstens aus dem Weg zu schaffen. Sechs graue Schatten sprangen den Jäger an.
Inzwischen hatten jedoch die Betschiden begriffen, daß sie am Tode der Kinder mitschuldig wurden, wenn sie nicht endlich den Weg für jene freigaben, die an Kämpfe dieser Art gewöhnt waren. Die Menge vor der Bordküche verlor sich innerhalb einer erstaunlich kurzen Zeitspanne, und die Jäger trafen keine Anstalten, irgend jemanden zurückzuhal-ten. Sie schossen einen Pfeil nach dem anderen ab, und die Chircools brachen über Surfo Mallagan zusammen.
Niemand kümmerte sich um den Jäger. Brether stemmte gemeinsam mit zwei anderen Jägern die Tür zur Bordküche auf. Drei Chircools waren tot, aber einer lebte noch, und er setzte gerade zum Sprung auf einen Betschiden an, der mit bleichem Gesicht an der Wand lehnte und ein scharfes Messer abwehrend vor sich hielt.
Brether Faddon stemmte sich gegen das Gewicht der Tür und verfluchte die Sturheit seiner Artgenossen - ausgerechnet diese Tür hatten sie als „Sicherheitsschleuse" angelegt. Sie bestand aus zwei Lagen von dicken Bohlen, die sich während der Regenzeit mit Wasser vollgesogen hatten. Da, wo sich die Hintertür befunden hatte, klaffte ein großes Loch in der Wand, aber den Jägern blieb nicht mehr genug Zeit, um das ganze Gebäude herumzurennen.
Während Brether mit den beiden anderen die Tür offen hielt, schossen Scoutie und eines der Mädchen, die erst an diesem Tage offiziell zu Jägern geworden waren, ihre Pfeile auf den Chircool ab. Der Betschide, dem sie damit helfen wollten, erschwerte ihnen ihre Aufgabe beträchtlich, indem er sich in einem plötzlichen Anfall von Wut - oder Wahnsinn - dem mordlüsternen Tier entgegenwarf. Er schwang dabei das Messer und hegte wohl die Hoffnung, dem Chircool das zweckentfremdete Küchengerät ins Herz stoßen zu können. Aber erstens wußte er gar nicht, wo bei einer solchen Bestie das Herz saß, und zweitens war der Chircool, als der Betschide zustieß, längst nicht mehr da, wohin er gezielt hatte. Der Mann stolperte und fiel, und der Chircool warf sich über ihn, obwohl ihm bereits zwei Pfeile in den Flanken steckten.
„Schießt doch endlich!" schrie Brether Faddon wütend.
Sie taten die ganze Zeit über nichts anderes. Aber es dauerte beinahe zu lange, bis die Bestie ihnen endlich eine Gelegenheit bot, ihr den Garaus zu machen. Das Tier war sofort tot. Noch in der letzten Sekunde seines Lebens öffnete es das Maul über der Kehle seines Opfers. Der Betschide in seiner Todesangst schrie wie am Spieß und stieß den Chircool mit den Füßen von sich.
Brether Faddon und die beiden anderen Jäger sahen Betschiden durch das Loch in der Rückwand in die Bordküche klettern und ließen erleichtert die schwere Tür los. Sie fiel krachend zu.
Sie sahen sich schweigend an. Surfo Mallagan hatte sich mittlerweile von den toten Chircools befreit. Er trat zwischen seine Freunde und legte ihnen schweigend die Hände auf die Schultern.
„Sehen wir uns den Schaden an", sagte er schließlich.
*
Ein Kind war tot, zwei erwachsene Betschiden hatten ebenfalls ihr Leben eingebüßt, fünf waren verletzt, einer davon so schwer, daß es fraglich war, ob die Heiler ihn noch retten konnten. In der Bordküche sah es aus, als habe ein Tornado darin gewütet.
Surfo Mallagan überblickte dieses Chaos und beobachtete die Jäger, die die Verletzten nach draußen brachten. Verängstigte Betschiden krochen unter Tischen und aus zerbro-chenen Schränken hervor. Das Feuer im Herd war erloschen. Ein sterbender Chircool war in die Glut gefallen. Der angesengte Kadaver verbreitete einen grauenhaften Gestank.
Jeder der Jäger wußte, was getan werden mußte, aber keiner wagte es auszusprechen. Die Dorfbewohner hingen an ihrer Bordküche. Es würde sie schwer treffen - aber ande-rerseits waren sie selbst nicht ohne Schuld. Die Fleischabfälle einfach vor die Tür zu wer-fen - Surfo Mallagan fand keinen
Weitere Kostenlose Bücher