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1002 - Das weiße Schiff

Titel: 1002 - Das weiße Schiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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nicht imstande sein würden, in dieser Umgebung unsere Kenntnisse zu bewahren.
    Dann müßten sie aber auch erkannt haben, daß sie ihre Rückkehr nicht zu lange hinauszögern durften."
    Surfo Mallagan war stehengeblieben.
    „Sprich weiter!" forderte er rau.
    „Es gibt verschiedenen Möglichkeiten", sagte Doc Ming nachdenklich. „Noch gestern war ich davon überzeugt, daß es für das Fernbleiben der SOL nur eine Erklärung gibt: Sie existiert nicht mehr. Aber inzwischen habe ich das fremde Schiff gesehen, und ich kann mir jetzt etwas unter diesem Begriff vorstellen. Die Fremden haben eine unvorstellbare Entfernung zurückgelegt, und trotzdem sieht das Schiff wie neu aus. Es erweckt den Anschein, daß man es für die Ewigkeit geschaffen hat. Ich bin überzeugt davon, daß es zwanzig Generationen lang bestehen kann und man noch immer keinen Kratzer an ihm sieht. Aber dieses Schiff ist kleiner als die SOL. Es könnten keine zehntausend Menschen darin leben. Die SOL muß um vieles größer sein, und man wird sie entsprechend stabiler gebaut haben. Sie wird also auch länger halten. Daher muß ich wohl oder übel davon ausgehen, daß es die SOL immer noch gibt."
    Doc Ming lachte nervös auf und fuhr fort: „Ich kann und will nicht daran glauben, daß die Bewohner der SOL so dumm waren und sind, daß sie nicht erkennen, was sie uns angetan haben. Genauso wenig sagt mir der Gedanke zu, daß sie uns vergessen haben. Dann bleiben eigentlich noch zwei Möglichkeiten übrig: Entweder haben sie Wichtigeres zu tun, als uns abzuholen, oder sie werden daran gehindert, nach Chircool zu kommen."
    Surfo Mallagan schwieg lange Zeit.
    „Wir wissen zu wenig", stellte er dann fest. „Ehrlich gesagt - ich glaube zwar daran, daß Chircool ein Planet ist, eine Welt, die um eine Sonne kreist, und deren Kurs man nicht verändern kann. Aber wenn ich versuche, mir das vorzustellen, dann stoße ich auf unzählige Dinge, die ich nicht verstehe. Noch viel weniger kann ich mir vorstellen, daß es andere Sonnen und andere Planeten geben soll. Man hat mir gesagt, daß es so ist, und ich glaube es - aber ich verstehe es nicht. Auf genau dieselbe Weise glaube ich, daß es die SOL gibt, aber ich kann mir nicht vorstellen, wo sie ist, was sie ist und warum sie nicht kommt."
    „Du bist nicht der einzige, dem es so geht", gestand Doc Ming. „Und ich weiß, daß es unzählige andere Möglichkeiten geben kann, von denen ich nichts ahne."
    „Ihr seid mir zwei Jäger!" sagte eine Stimme aus der Finsternis spöttisch. „Steht mitten im Dschungel und unterhaltet euch über Rätsel, die ihr sowieso nicht lösen könnt."
    Doc Ming fuhr herum.
    „Ysabel!" rief er, erschrocken und erleichtert zugleich.
    „Ich hätte nicht gedacht, daß du mich nach eurem tiefschürfenden Gespräch so schnell nur an meiner Stimme erkennen würdest", antwortete die alte Jägerin. „Scoutie ist bei mir. Wir bringen Neuigkeiten mit."
     
    *
     
    Da es im Dschungel zu dieser Zeit kaum Gefahren gab, erlaubten sie sich den Luxus einer ausführlichen Begrüßung. Als Surfo Mallagan Scoutie in die Arme schloß, da empfand er zunächst nichts als grenzenlose Erleichterung. Zwar vertraute er instinktiv dem Schnüffeltierchen, das er zu der jungen Jägerin gebracht hatte, aber er war sich nicht sicher gewesen, ob Tolpatsch mit so fremdartigen Dingen wie weißen Schiffen, die vom Himmel herabstiegen, etwas anzufangen wußte. Die ungeheure Erleichterung, die er empfand, ließ die eher kameradschaftliche Geste anders ausfallen, als Mallagan es beabsichtigt hatte.
    Scoutie wich ihm nicht aus. Das war etwas, was dem Jäger einen gelinden Schock versetzte. Aber gleichzeitig tauchte höchst ungerufen Brether Faddons lustiges Jungengesicht vor seinem inneren Auge auf. Beide Jäger wußten, daß Scoutie sich eines Tages für einen von ihnen entscheiden würde. Scoutie wußte das auch und machte sich mitunter einen Spaß daraus, sie gegeneinander auszuspielen, was sie ihr jedoch nicht übelnahmen. Sie meinte es niemals ernst. Es war reine Koketterie, und das würde sich erst dann ändern, wenn Scoutie zu einem endgültigen Entschluß gelangte.
    Surfo Mallagan glaubte, daß er einen solchen Entschluß in diesem Augenblick hätte herbeiführen können, aber er zweifelte daran, daß dieser Entschluß auch von der erwünschten Dauer gewesen wäre. Widerstrebend ließ er die junge Jägerin los.
    „Die Fremden halten die Chircools in der südlichen Schlucht fest", sagte sie ein wenig atemlos.

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