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1007 - Totenwache

1007 - Totenwache

Titel: 1007 - Totenwache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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»Ihr wolltet den toten Horace F. Sinclair also holen, nicht wahr?«
    »Richtig.«
    »Und wo werdet ihr ihn hinschaffen?«
    Ich war sicher, daß er unter der Kapuze grinste, denn die Antwort ließ darauf schließen. »Es tut mir leid, Sinclair, aber das wird unser Geheimnis bleiben.«
    »Ich will es aber wissen!« forderte ich mit entsprechend lauter Stimme. »Es ist mein toter Vater, der dort liegt. Und kein anderer, verstehen Sie das?«
    »Das ist alles richtig, Sinclair. Es ist dein Vater. Aber du gehörst nicht dazu. Du bist keiner von uns, und du hast kein Recht, dich in unsere Angelegenheiten einzumischen. Ich hoffe nicht, daß ich das noch einmal wiederholen muß.«
    »Wenn ich abdrücke, ist es auch für Sie vorbei!« warnte ich ihn.
    Er konnte sich das Lachen nicht verkneifen. Wieder hörte ich die dumpfen Laute unter der Kapuze. »Sinclair, du bist Polizist. Willst du auf einen Unbewaffneten schießen?«
    »Im Extremfall kann das erforderlich sein.«
    »Was ist hier extrem?«
    »Leichenraub!« hielt ich ihm vor.
    Wieder hatte ich das Gefühl, er würde mich unter seiner Vermummung auslachen. »Es ist kein Leichenraub, wenn wir deinen toten Vater holen, der mehr zu uns als zu dir gehört. Wir brauchen ihn, denn wir brauchen den König. Er hätte sich ebensogut mich oder auch einen anderen von uns als Gastkörper aussuchen können, aber es ist dein Vater gewesen, und dafür wird er seine Gründe gehabt haben.«
    Ja, die hatte er sicherlich. Und ich wollte unbedingt erfahren, welche das waren, denn das war sehr wichtig für mich.
    Nein, schießen würde ich nicht. Aber ich mußte aus dieser Lage herauskommen, ohne das Gesicht zu verlieren. Deshalb suchte ich nach der entsprechenden Lösung, aber sie war so verdammt schwer zu finden. Schließlich rückte der Anführer selbst mit einem Vorschlag heraus, der mir sogar gefallen konnte.
    »Wir sind keine Unmenschen, Sinclair, auch wenn wir uns vermummt haben. Aber so ähnlich wie wir handelten auch unsere Vorgänger im Mittelalter, als sie Kontakt zu Lalibela aufnahmen. Auch sie trugen Kutten, und wir eifern ihnen jetzt nach.«
    »Und weiter?« fragte ich.
    »Komm mit!«
    Jetzt war es heraus. »Wohin?«
    Der Mann drehte sich. Dabei streckte er seinen Arm aus. »Wieder zurück in die Leichenhalle. Ich biete dir an, uns zu begleiten. Dort kannst du deinen Vater sehen.«
    »Und erleben, wie er weggeschafft wird?« flüsterte ich.
    »Das auch…«
    Ich hatte ihn schon verstanden und hakte nach. »Was denn noch, Mister Unbekannt?«
    »Pardon, ich vergaß ganz, mich vorzustellen. Mein Name ist Don Crady.«
    Er ließ mir Zeit zum Überlegen, aber ich hatte diesen Namen noch nie zuvor gehört.
    »Er sagt dir nichts?«
    »Nein.«
    »Daran kannst du erkennen, Sinclair, welch unbeschriebenes Blatt ich doch bin.«
    Ich hatte mich während meiner Antwort entschlossen, ihm entgegenzukommen. Den Kopf würde es mich schon nicht kosten. Außerdem war ich gern dabei, wenn sie meinen alten Herrn holten. Vielleicht ergab sich noch eine andere Chance. Außerdem blieb ich in der Nähe, und ich wußte auch nicht, was mit Suko geschehen war.
    Als ich die Beretta wieder weggesteckt hatte, klang seine Bemerkung sehr zufrieden. »Ich sehe schon, daß man sich auf dich verlassen kann, John Sinclair. Das ist gut.«
    »Gehen wir!« sagte ich nur.
    Er bewegte sich noch nicht. »Denk immer daran, daß ein Menschenleben viele Überraschungen bietet.«
    »Ja, das weiß ich, Mr. Crady. Davon kann gerade ich ein besonderes Lied singen.«
    »Dann bin ich ja zufrieden.«
    Nach diesen Worten drehte er mir den Rücken zu und tat so, als wären wir die besten Freunde. Er ging auf diejenigen zu, die hinter ihm gewartet hatten und gab ihnen durch entsprechende Bewegungen zu verstehen, wie sehr er die Lage im Griff hatte.
    Schon nach wenigen Schritten rahmten mich die anderen Gestalten ein. Das Feuer stand im krassen Gegensatz zu ihren weißen Gewändern. Die Zungen leckten darüber hinweg, als wollten sie das Gewebe auffressen.
    Wir gingen, aber wir sprachen nicht. Ich spürte die Hitzeschleier der Flammen, die an mir entlangglitten. Dazu nahm ich den Geruch des Pechs auf, und es kam mir vor, als würde ich aus den offenen Mäulern zahlreicher Dämonen angehaucht.
    Je näher wir der Leichenhalle kamen, um so stärker meldete sich bei mir ein ungewöhnlich bedrückendes Gefühl. Da bohrten sich Fäuste in meinen Leib hinein, als wollten sie am Rücken wieder herausstoßen. Meine Beine waren aus Gummi

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