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1008 - Endloser Schrecken

1008 - Endloser Schrecken

Titel: 1008 - Endloser Schrecken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Detail. Die Augen, die Nase, der Mund, die Haare, einfach alles. Sogar bis hin zum Kinn, aber dort hörte die faltige Haut dann auf. Darunter begann John. Unvorstellbar!
    Ich bewegte meinen, nein, den Mund. Alles, was mit und an meinem Gesicht geschah, das gehörte nicht mir, sondern einer Person, die tot in einem offenen Sarg in der Leichenhalle lag. Wobei ihr Gesicht gegen einen Totenschädel ausgewechselt worden war. Ich aber hatte das echte meines Vaters übernommen.
    Oder übernehmen müssen!
    Ich hatte es mir wahrscheinlich zu einfach vorgestellt. So leicht ließ sich der mächtige Lalibela nicht besiegen, auch wenn sein Geist durch die Macht meines Kreuzes zerstört worden war.
    Was sollte ich jetzt tun?
    Ich schaute in den Spiegel, als würde ich von den fremden und doch so vertrauten Zügen eine Antwort erwarten. Gleichzeitig fragte ich mich, wo sich mein echtes Gesicht befand. Es war eine Frage, auf die es nach diesen unheimlichen Vorgängen eigentlich nur eine Antwort gab: Wenn ein Austausch stattgefunden hatte, wenn dieses Phänomen also tatsächlich wahr geworden war, dann mußte sich die Leiche meines Vaters jetzt verändert haben.
    Dann hatte sie mein Gesicht bekommen.
    Dann würde der Tote mit dem Gesicht seines Sohnes in die feuchte Graberde versenkt werden. Eine Vorstellung, die mich schaudern ließ. Mit der ich nicht zurechtkam, der ich mich gleichwohl stellen mußte. Sollte es je in diesem schrecklichen Spiel eine Logik geben, dann war dem einfach so.
    Als ich daran dachte, da fing mein Magen an zu brennen. In der Kehle klemmte plötzlich ein dicker Kloß, der es mir unmöglich machte, normal zu atmen. Ich hatte meine Schwierigkeiten, hustete und schlug dabei mit den Händen auf das Lenkrad.
    Wie dicht lagen Himmel und Hölle doch zusammen!
    Den Himmel hatte ich zwar beim Aufspüren der Bundeslade nicht erlebt, aber es hatte mir doch ein gutes Gefühl gegeben, dies geschafft zu haben.
    Und jetzt das!
    Der Schlag in den Magen, der absolute Tiefpunkt, auf dem ich herumturnte wie ein Artist auf dem Seil.
    Depressionen, Angst, eine gequälte Psyche. Alles konnte hier zusammenkommen und mich in ein Wrack verwandeln. In einen Menschen, der sich vor den anderen versteckte, damit sie ihn nicht sahen, denn auch er wollte die anderen nicht sehen.
    Sie würden zur Beerdigung meiner Eltern erscheinen. Aber konnte ich ihnen so gegenübertreten?
    Nein.
    Und doch würde ich es müssen. Es blieb mir keine Wahl, denn von allein bekam ich mein normales Gesicht bestimmt nicht mehr zurück. Ich dachte auch an Suko, der nicht nur mich vermißte, sondern auch seinen Mietwagen. Ich fragte mich, wie er denken und handeln würde und ob er sich die Wahrheit zusammenreimen konnte, denn schließlich war ich von einem Zeugen gesehen worden.
    Der Zeitungsbote war zu Tode erschreckt gewesen, als er plötzlich einen lebenden Toten vor sich gesehen hatte. So etwas verdaute man nicht so schnell.
    Wahrscheinlich würde dieser Bote sein Entsetzen laut hinausschreien, und das genau würde auch meinem Freund Suko zu Ohren kommen, der sich bestimmt einen Reim darauf machte. Hoffentlich!
    Aber reichten sein Wissen und seine Phantasie tatsächlich aus, um das Unwahrscheinliche zu akzeptieren?
    Das war die große Frage, die mich aber nicht berühren mußte.
    Denn ich war gezwungen, eine Lösung für mein Problem zu finden.
    Das gelang mir nicht, wenn ich floh. Auf der anderen Seite wußte ich auch nicht, wo ich hingehen sollte. Ich wollte auch noch nicht wieder zurück nach Lauder fahren und so tun, als wäre nichts gewesen.
    Die Klemme blieb.
    Ich hörte mich selbst schwer atmen, als ich mich wieder normal bewegte und durch die Fenster in die Umgebung schaute. Wer mich hier finden wollte, der würde schon suchen müssen. Ich glaubte nicht daran, daß jemand so schnell dieses Versteck fand, aber darauf kam es nicht an. Ich war allein, ich würde auch weiterhin allein bleiben, und ich würde die Dinge mit mir selbst ausmachen müssen.
    Ich »wußte« nur, daß der Weg zu einer Lichtung führte und dort endete, früher dort geendet hatte. Aber es veränderte sich ja alles.
    Ich fuhr wieder an.
    Es war ein wunderschöner Morgen. Die Sonne war aufgegangen und strahlte von einem hellblauen Vorfrühlingshimmel auf die Erde hernieder. Sie lockte die Vögel, die froh waren, ihren langen Winterschlaf beendet zu haben, und ich hörte oft genug ihr helles Zwitschern und Jubilieren. Dieser Gesang stand im glatten Gegensatz zu meinen Gefühlen, die

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