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101 - Das Narbengesicht

101 - Das Narbengesicht

Titel: 101 - Das Narbengesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
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Tokoyo. Du bist dem Schwarzen Tod entwischt und hast sogar den Drachenmönch überlisten können. Beachtlich, mein Freund. Wirklich beachtlich."
    Ich stellte mich vor dem Fürsten auf. Der Mann war klein und dick. Sein Schädel war kahlgeschoren, und sein feister Leib steckte in einem Hemd aus reinem Schlangenleder.
    „Ich wußte nicht, daß sich meine Abenteuer so schnell herumsprechen-, erwiderte ich.
    „Ruhmestaten sind oft schneller in aller Munde als Todesnachrichten", sagte der Drachenfürst.
    Wenn er den Mund öffnete, hatte ich den Eindruck, seine Zunge sei gespalten wie die einer Schlange.
    Ich nahm den magischen Barren aus den Falten meines Gewandes.
    „Ich bringe dir diesen Goldbarren im Namen meines Daimyo. Nimm ihn, und er wird dir seine Botschaft übermitteln."
    Das Schlangenmonstrum zischte, als der Fürst den Barren entgegennahm. Das Biest war so dick wie der Schenkel eines Ringers und so lange wie Sumitodos naginato. Hinter dem schmalen Kopf bewegten sich kleine stummelartige Drachenflügel. Als ich dem Biest in die Augen sah, überlief es mich kalt. Genauso hatte mich der Mönch in Tomoes Hütte angesehen.
    Unruhig wog der Drachenfürst den Barren in den Händen.
    „Ich wußte, daß er eines Tages zu diesem Mittel greifen würde. Dieser… ist unberechenbar."
    Er bezeichnete meinen Daimyo mit einem fremdartig klingenden Namen, den ich noch nie gehört hatte.
    Anschließend legte er den Barren vor sich auf die Knie. Er machte die merkwürdigsten Verrenkungen, griff sich an die Stirn und tastete wie ein Blinder über die Kanten, Flächen und Ecken des Goldbarrens. Schließlich erstarrte er und konzentrierte sich auf die magische Botschaft des Barrens. Mir dauerte die Prozedur zu lange. Ich ging durch den Saal und betrachtete die Samurais des Fürsten. Ihre Waffen waren in einwandfreiem Zustand. Ich konnte mir keine besseren Krieger vorstellen. Meine schlitzäugigen Banditen würden es mit ihnen schwer haben.
    Plötzlich gellte ein Wutschrei durch den Saal. Die Samurais griffen nach den Schwertern. Das Schlangenbiest zischte. Noch einmal schrie der Drachenfürst. Zornig schleuderte er den Barren auf den Boden.
    „Dieser erbärmliche Hund!" keuchte er. Sein weißes Gesicht war rot vor Wut. Speichel troff ihm über die gewölbten Lippen, und seine Adern standen reliefartig ab. „Ich könnte ihm die Pest an den Hals wünschen. Dieser Bastard - dieser…"
    Wieder nannte er meinen Kokuo mit einem anderen Namen, den ich noch nie gehört hatte und der so fremdartig war, daß ich ihn mir nicht merken konnte.
    „Der Bastard wird diesen Schritt bereuen. Wenn er die Befehle der Mächtigen ignoriert, werde ich ihn gewaltsam zur Rückkehr zwingen. Ha, bestechen wollte mich der Elende. Das könnte ihm so gefallen. Ich bin unbestechlich, hörst du - unbestechlich! Ich werde es den Mächtigen melden. Ich werde ihnen berichten, was für ein Verbrecher der Kokuo no Tokoyo ist."
    Ich wußte nicht, wovon der Drachenfürst sprach. Ich kannte weder den Inhalt der Botschaft noch wußte ich, wer die sogenannten Mächtigen waren.
    „Du beleidigst meinen Daimyo", sagte ich streng.
    „Wie kann mich ein räudiger Hund beleidigen!" höhnte der Fürst.
    Bevor ich ihn dafür zur Rechenschaft ziehen konnte, trat der Bucklige heran und öffnete einen hölzernen Schrein, dessen Ecken mit goldenen Beschlägen verziert waren. In diesem Schrein lag ein schimmernder Keramikkopf. Offenbar handelte es sich um ein weibliches Antlitz.
    Der Drachenfürst klappte den Keramikschädel zurück und verstaute den magischen Barren im Innern des Kopfes. Dann verschloß er den Schrein wieder.
    Die Samurais streckten ihre Schwerter aus. Auf diese Weise hielten sie mich von ihrem Daimyo fern. Ich hätte sie mit Leichtigkeit zerschmettern können. Aber ich wollte meine Macht nicht zu früh unter Beweis stellen.
    „Du kannst dich in dein Nachtgemach zurückziehen", sagte der Fürst heiser. „Bei Morgengrauen wirst du uns verlassen, um deinem Daimyo meine Antwort zu bringen."

    In der Nacht schneite es wieder. Ich öffnete das Fenster. Eisige Böen trafen mich. Tief unter mir gurgelte das Wasser, und das Schnauben unserer Pferde drang herüber. Ich nahm die kleine Papierlaterne und schwenkte sie mehrmals auf und nieder.
    Es dauerte nicht lange, da gab mir Sumitodo das vereinbarte Signal.
    Ich warf das Seil aus dem Fenster und schlang das obere Ende um die steinerne Mittelstrebe. Dann prüfte ich den Knoten, indem ich mit aller Kraft am Seil zog.

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