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101 Nacht: Aus dem Arabischen erstmals ins Deutsche übertragen von Claudia Ott nach der Handschrift des Aga Khan Museums (German Edition)

101 Nacht: Aus dem Arabischen erstmals ins Deutsche übertragen von Claudia Ott nach der Handschrift des Aga Khan Museums (German Edition)

Titel: 101 Nacht: Aus dem Arabischen erstmals ins Deutsche übertragen von Claudia Ott nach der Handschrift des Aga Khan Museums (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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ersticken und vor meinen Augen sterben würde. Darum habe ich nach euch gerufen.› Sie schauten alle auf ihn und sahen, dass er tatsächlich völlig außer Atem war. ‹Gib ihm reichlich Wasser zu trinken›, rieten sie ihr, gingen wieder davon und ließen ihn in Frieden.
    ‹Na, wie gefällt dir das?›, wandte sie sich an ihn. ‹Steht diese List auch in deinem Buch?› – ‹Nein, bei Gott›, stöhnte er. Damit stand der Gast auf, ging von ihr weg und verbrannte sein Buch. Denn nun hatte er gelernt , dass die Verschlagenheit der Frauen eine Sache ist, der niemand beikommen kann.
    Diese Geschichte habe ich dir deshalb erzählt, o König, damit du deinen Sohn nicht tötest, nur weil eine Frau dich dazu überredet hat, von der du noch nicht einmal weißt, ob sie die Wahrheit spricht oder lügt!»
    Als der König das hörte , befahl er, dass sein Sohn nicht getötet würde.
    Am folgenden Tag bei Sonnenaufgang dachte der Königssohn: «Dies ist der vereinbarte Tag, an dem mein Lehrer kommt. Jetzt haben die Wesire an jedem einzelnen Tag für mich gesprochen, da ziemt es sich, dass ich mich bei ihnen bedanke für das, was sie getan haben, ehe diese Widersacherin zu meinem Vater kommt und er meine Hinrichtung befiehlt.» Er rief ein Mädchen herbei, das ihn während der sieben Tage bedient hatte. «Geh zum Großwesir und schicke ihn zu mir», trug er ihr auf .
    Als das Mädchen den Königssohn reden hörte, wurde sie froh. Sogleich lief sie hinaus und rannte so schnell sie konnte zum Wesir. Der war noch in seinem Palast. Sie trat bei ihm ein. «Das Kind hat gesprochen!», berichtete sie. «Und es lässt dich zu sich bitten.»
    Barfuß, wie er war, machte sich der Großwesir sofort auf den Weg und eilte zum Königssohn. Er trat bei ihm ein und grüßte ihn.
    Da berichtete ihm der Königssohn, wer ihm das Reden verboten hatte. «Gott hat mir diese Wesire beschert und mich durch sie Tag für Tag vor dem sicheren Tod bewahrt», fügte er hinzu . «Ich werde niemals aufhören, ihnen dankbar zu sein. Jetzt aber geh zu meinem Vater und teile ihm mit, dass ich gesprochen habe, und zwar ehe diese Widersacherin Gottes zu ihm kommt und er den Befehl erteilt, mich zu töten.»
    An dieser Stelle unterbrach das Morgengrauen Schahrasad , und sie verstummte. Der König erhob sich, entzückt von ihrer spannenden Geschichte, verschloss die Tür, versiegelte sie mit seinem Siegel und begab sich in seine Regierungsgemächer.
    Die vierundsiebzigste Nacht

    ~ Und so, mein Gebieter, sagte sie, ~ geht die Geschichte weiter:
    Der Großwesir machte sich auf, ging zum König und unterrichtete ihn davon, dass sein Sohn gesprochen habe.
    «Bringt ihn unverzüglich zu mir!», verlangte der.
    Da gingen der Wesir und die Diener des Königs davon und brachten den Sohn zum König.
    Kaum war er bei seinem Vater eingetreten, fiel er ihm in die Arme und bat ihn um Verzeihung. Dann weinten sie beide miteinander.
    «Mein lieber Sohn», wandte sich sein Vater an ihn , «was war es denn nun, das dich all diese Tage über, während deren ich dich töten wollte, am Sprechen gehindert hat?»
    «Gott möge dem König Gedeihen schenken und ihn versöhnen», sagte der Junge. «Es war eine Anweisung meines Lehrers. Er hat mir für die Dauer von sieben Tagen das Reden verboten. Dieses Mädchen hat mir dann etwas gesagt, das mich so zornig gemacht hat, dass ich die Anweisung meines Lehrers vergaß und zu ihr gesagt habe: ‹Ich darf sieben Tage lang nicht sprechen.› Sobald sie das erfahren hatte , trachtete sie nach nichts anderem mehr als danach, mich zu töten, ehe ich wieder reden und etwas sagen könnte, das sie bloßstellen würde. Aber jetzt», fügte er hinzu, «wäre es vielleicht das Beste, wenn der König die Wissenschaftler und Rechtsgelehrten zusammenriefe, damit wir unser Gespräch in ihrem Beisein fortsetzen können.»
    Als der König diese Worte seines Sohnes gehört hatte , freute er sich sehr. «Dem gnädigen Gott sei Dank, dass ich meinen Sohn nicht getötet habe!», seufzte er.
    Nun trat Sindbad, der Lehrer, vor den König und grüßte ihn.
    «W ehe dir!», herrschte der König ihn an. «W o warst du an all diesen Tagen, an denen ich um deiner Anweisung willen meinen Sohn töten wollte?»
    «Du bist ja gottlob vernünftig geblieben», entgegnete Sindbad. «Es darf nämlich kein Mensch seine Taten übereilen.»
    «Ja», sagte der König. «Gott sei’s gedankt. Er hat sich meiner erbarmt, und ich habe meinen Sohn nicht zu Unrecht getötet. Aber

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