1013 - Der Blut-Abt
eigene Achse, als Anselm wieder hochkam.
Aus dem Maul drang ein so schreckliches Heulen, daß der Mönch für einen Moment bewegungslos dasaß.
Das Heulen hörte nicht auf. Es war wie ein höllisches Signal, als wollte es die ansonsten in der Kirche stattfindende Orgelmusik ersetzen. Dann sprang er.
Diesmal hatte Anselm nicht die geringste Chance. Der graue Körper erwischte ihn ebenso wie die verdammten Zähne. Sie gruben sich durch den Stoff und dann in seine Schulter hinein, wo sie hart zubissen und eine tiefe Wunde hinterließen.
Anselm glaubte, unter einer mittelalterlichen Folter zu leiden.
Durch den Körper und nicht nur durch die Schulter raste der Schmerz, wie von scharfen Sägeblättern verursacht. Vor seinen Augen verschwamm die Welt. Er hörte seine eigenen Schreie durch die Kirche hallen und begriff dabei nicht, daß er es war, der so schrecklich schrie. Aus seinen Augen rannen Tränen. Er kam nicht mehr mit seiner eigenen Existenz zurecht, denn er sah nur das verdammte Tier, das immer und immer wieder zubiß, obwohl der Mönch mit beiden Arme zuckend nach ihm schlug. Längst hatte das Blut seine Kutte genäßt. Der Stoff klebte an seinem Körper.
Noch hatte er Glück gehabt. Wenn der Wolf seinen Hals erwischte, war es um ihn geschehen.
Und die Bestie machte weiter. Sie befand sich in einem wahren Rausch, denn sie wollte ihr Opfer regelrecht zerbeißen. Die Schmerzen und auch die damit verbundene Schwäche nahmen bei Anselm zu. Er blutete bereits an zahlreichen Stellen, und noch immer hatte die verdammte Bestie nicht genug.
Seine eigenen Schreie waren in wimmernden Lauten erstickt. Er wußte, daß er es nicht schaffen konnte. Nicht gegen dieses wilde Tier, er würde inmitten einer gewaltigen Blutlache vor dem Altar zusammenbrechen und dort sterben.
Bis er die Stimmen und die Tritte hörte und dann die Schatten sah.
Keine Tiere – Menschen!
Daran störte sich der blut- und mordgierige Wolf nicht, denn er setzte zu einem letzten Sprung an, denn diesmal lag die Kehle seines Opfers frei!
***
Suko und ich waren wie die Berserker in die Klosterkirche hineingestürmt. Auf dem relativ langen Weg über den Hof hatten Marek und auch Bruder Basil nicht Schritt halten können. Wir waren einfach zu schnell gewesen, glücklicherweise, denn im Innern der Kirche präsentierte sich uns das kalte Grauen.
Wir beide jagten den Mittelgang entlang, hatten die Waffen gezogen und konnten noch sehen, was sich am Ende des Gangs und vor dem Altar abspielte.
Ein Mönch, der aus zahlreichen Wunden blutete, lag dort am Boden. Attackiert wurde er von einer grauen Bestie. Zwar sah sie zuerst aus wie ein Hund, aber sie war es nicht, denn auf den zweiten Blick erkannten wir die ganze Wahrheit.
Es war ein Wolf.
Ein Killerwolf, denn er wollte den Menschen töten. Nicht mal ein Werwolf, sondern ein normales Tier – wären da nicht die Augen gewesen, die wie zwei rote Sonnen glühten und den bösen Mörderblick abgaben.
Der Mönch hatte keine Chance. Er war schon zu oft gebissen worden. Und er fand nicht mehr die Kraft, seine Arme in die Höhe zu reißen, um die Attacken abzuwehren. Mit dem nächsten Sprung würde ihn das Tier töten.
Zum Glück hatten wir uns so beeilt und waren nahe an das Geschehen herangekommen. Die Berettas lagen in unseren Händen.
Suko und ich schossen zugleich.
Der Wolf hatte zum Sprung angesetzt. Er mußte auch schon eine Idee vom Boden abgekommen sein, als ihn unsere Kugeln erwischten und von der Seite her klatschend in seinen Körper hieben.
Der Sprung wurde gestoppt. Auch normale Kugeln wären unter diesen Umständen wohl tödlich gewesen, aber das geweihte Silber tötete diese dämonisierte Kreatur auf eine besondere Art und Weise.
Die beiden Einschläge hatte die Bestie zur Seite gewuchtet. Sie lag auf dem Boden und schlug noch mit den Beinen um sich. Das Heulen begleitete die letzten Zuckungen als eine schaurige Totenmelodie.
Ich war bis zum Kopf vorgelaufen, während Suko an der Seite stand und auf den Wolf zielte.
Es war nicht mehr nötig, den Stecher der Waffe noch einmal durchzuziehen. Dort, wo die beiden Silberkugeln den Leib erwischt hatten, bildeten sich große Flecken. Dunkle Schatten huschten über das Fell, das seine normale Farbe verlor und pechschwarz wurde.
Im Körper entstanden große Löcher, aus denen die Gedärme des Tieres hervorquollen, umgeben von tief dunklem Blut.
Zugleich brach der Blick.
Die Farbe verschwand aus den Augen des Tiers, als wäre sie
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