1018 - Die Betschiden und der Jäger
zu bahnen. Firsenq hatte Mühe, seine Spur zu finden.
Der Hang bot ihm keinen Unterschlupf. Aber der dunkle Mantel, den er bisher nie anders als lästig empfunden hatte, stach nur wenig von dem vertrockneten Buschwerk und dem ausgelaugten Boden ab. Firsenq würde scharf Ausschau halten müssen, bevor er ihn entdeckte.
Als er den Pfahl erreichte, gönnte er sich ein paar Sekunden Zeit zum Verschnaufen.
Die nächsten Minuten würden anstrengend werden. Er brauchte seine Kraft. Dann begann er, an dem Pfahl zu rütteln. Er war tief in den harten Boden gerammt. Er bestand aus biegsamem Plastikmaterial, weil er den Stürmen zu trotzen hatte, die mitunter über die Bergkuppe fegten. Indem Surfo ihn hin- und herbog, lockerte er das Erdreich. Dann beugte er sich nieder, griff den Pfahl so dicht über dem Boden wie möglich, stemmte die Füße ein und zog. Als der Boden losließ, was er bisher so eisern festgehalten hatte, verlor Surfo den Halt und kugelte hintenüber. Der Pfahl lag flach auf dem Boden. Die kleine rote Lampe leuchtete nicht mehr. Er lachte ärgerlich auf; dann eilte er zu der nächsten Markierung und achtete darauf, daß er die unsichtbare Grenzlinie, die sich zwischen den beiden Pfählen dahinzog, nicht überschritt.
Beim Laufen sah er sich um. Er erblickte Firsenqs Gleiter nur wenige hundert Meter hangabwärts. Der Prodheimer-Fenke hatte die Spur des Flüchtenden wiedergefunden und folgte ihr, so rasch es ging. Höchstens noch eine Minute, und er erreichte den Rand des Dschungels. Bis dahin mußte die Arbeit getan sein.
Der zweite Pfahl saß noch fester im Boden als der erste. Surfo sah den Hang hinab. Der Gleiter war nur noch ein paar Dutzend Meter vom Waldrand entfernt. Noch einmal rüttelte Surfo mit aller Kraft an dem widerspenstigen Pfahl. Dann umfaßte er ihn mit beiden Händen, faltete die Finger ineinander und riß, bis es in den Armgelenken knackte.
Langsam löste sich das graue Plastikgestänge aus dem harten Boden. Surfo warf es zur Seite.
Dann rollte er sich vorwärts, den Hang hinauf, über die Grenze hinweg, die die beiden Pfähle markiert hatten. Ein Druck wie von der Faust eines Giganten preßte ihn gegen den Boden. Der malträtierte Körper sträubte sich gegen die Anstrengung. Die Finsternis der Ohnmacht wallte an den Rändern des Bewußtseins empor und schickte sich an, über ihm zusammenzuschlagen.
Surfo ruhte zwei Sekunden. Dann kroch er weiter.
*
Die fünfundzwanzig Meter bis zu dem Felsklotz, an dem er sich mühsam in die Höhe zog, waren die schlimmsten, die er je in seinem Leben hatte zurücklegen müssen.
Inzwischen hatte Firsenq ihn gesehen. Die Sonne schien von Südwesten her in den gläsernen Aufbau des Gleiters. Surfo erkannte Firsenq im Sitz des Piloten und einen zweiten Prodheimer-Fenken an seiner Seite. Das Fahrzeug hatte sich vom Rand des Dschungels gelöst und kam den Hang herauf.
Surfo stellte sich in Positur. Es mußte alles echt aussehen. Er floh nicht weiter, weil er sich verletzt hatte. Er nahm eine verkrümmte Haltung an, als habe er sich den Fuß verstaucht. Aber ohne Gegenwehr würde er sich nicht fangen lassen. Er zog den Strahler hervor und brachte ihn mühsam, wie es schien, in Anschlag. Firsenq erhielt keine Gelegenheit, seine Aufmerksamkeit auf etwas anderes zu richten als auf den verkappten Betschiden, den er fangen wollte.
Aus den Augenwinkeln sah Surfo den dritten Pfahl, den zu beseitigen er keine Zeit mehr gehabt hatte. Würde Firsenq ihn bemerken? Würde er im letzten Augenblick erkennen, daß er auf die gefährliche Grenze zutrieb, an der die künstlich regulierte Schwerkraft des Tales in die volle Gravitation des Planeten Keryan überging.
Surfo schoß. Der Schuß war schlecht gezielt und ging weit daneben: außerdem befand sich der Gleiter ohnehin noch außerhalb der wirksamen Reichweite des thermischen Energiestrahls. Aber Firsenq wurde nervös. Er flog Ausweichmanöver. Er holte in weitem Bogen nach Norden aus und kam in schwankendem Kurs auf den scheinbar hilflosen Betschiden zugeschossen.
Mit hoher Fahrt glitt er über die unsichtbare Grenze. Das Triebwerk heulte auf, als die automatischen Sensoren die Gefahr registrierten und versuchten, dem Fahrzeug zusätzlichen Auftrieb zu geben. Aber der Gleiter hatte nicht genug Spielraum. Die mörderische Schwerkraft riß ihn aus der Luft und schleuderte ihn zu Boden, bevor er abgefangen werden konnte.
Das Fahrzeug kam mit der Kante auf und überschlug sich. Ein Regen von Felssplittern
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