1018 - Die Betschiden und der Jäger
der Schutzgarde. Der zierlich gebaute Krane am Steuer des Fahrzeugs war ein weibliches Wesen.
„Wohin damit?" fragte Versellu.
„In unseren Gleiter", antwortete der Gardist, der sich Kersyl nannte. „Im Lastenteil ist genug Platz."
Dem Sprecher der Prodheimer-Fenken kamen offenbar Bedenken. „Wir hatten vor, die Gefangenen in der Zweigstelle der Garde in Kallidula abzuliefern", sagte er. „Dort hätte man uns die Prämie ausgezahlt. Wie willst du ..."
„Ich sagte doch, nur keine Angst", unterbrach ihn Kersyl. „Ihr bekommt eure Belohnung."
Auf Versellus Armen näherte sich Brether dem offenen Luk. Die Bordwand des Gleiters ragte unmittelbar vor ihm auf. Das Symbol der Schutzgarde, eine Streitaxt gekreuzt mit einer schwertähnlichen Waffe, leuchtete in grellem Blau. Der Rand des Symbols war scharf gezeichnet. Es war nicht gemalt, es war aufgeklebt. Die Öffnung des Luks glitt über Brether hinweg. Versellu ließ ihn unzeremoniell auf den Boden des Lastenabteils fallen.
„Wie habt ihr sie gefangen?" hörte er Kersyl fragen.
Der Sprecher der Prodheimer-Fenken gab einen knappen Bericht. „Ai-Masken, wie?" sagte Kersyl. „Habt ihr sie? Gebt sie uns. Sie sind Beweismaterial."
Scoutie wurde hereingebracht und ebenfalls unsanft abgesetzt. Sie hatte den Kopf zur Seite gewandt. „Eine Falle!" zischte sie. „Das sind keine ..."
„Ruhe!" sagte der weibliche Krane, der am Steuer des Gleiters saß.
Die Masken wurden gebracht und ebenfalls hereingeworfen. „Wo ist der dritte Betschide?" fragte Kersyl.
„Einer von uns ist hinter ihm her", antwortete der Prodheimer-Fenke. „Er wird ihn bald bringen."
„So sicher wäre ich an deiner Stelle nicht", sagte Kersyl. „Vor ungefähr einer halben Stunde wurde die Explosion eines Gleiters in den oberen Talhängen gemeldet. Das hätte nicht etwa euer Freund sein können, oder?"
„Ich ... ich weiß es nicht", stotterte der Prodheimer-Fenke.
„Was ist jetzt mit der Prämie?" knurrte die Stimme des Tart.
„Oh ja, die Belohnung", sagte Kersyl und wandte sich an seinen Begleiter. „Fumont, gib sie ihm."
„Vorsicht, Versellu!" schrie Brether und bäumte sich auf.
Ein harter Schlag traf ihn an den Kopf. Er hörte ein dumpfes Rauschen, während er gegen die Bewußtlosigkeit ankämpfte, und Scouties gellenden Schrei: „Nicht töten!" Ein Strahler entlud sich knallend und fauchend. Jemand schrie auf. Ein wütendes Geheul mischte sich in den Lärm und belehrte Brether: Unru, der Maquali, war dem Gleiter seines Herrn gefolgt. Der Strahler knallte ein zweites Mal. Das Geheul ging in ein schmerzhaftes Wimmern über und erstarb.
Jemand sprang durch das offene Luk, daß das Fahrzeug zitterte. „Nichts wie weg", hörte Brether eine kranische Stimme sagen.
Der Gleiter schoß steil in die Höhe. Als die Kranin ihn in eine scharfe Kurve riß, sah Brether Versellus altertümliches Fahrzeug in lodernde Flammen gehüllt. Zwei Prodheimer-Fenken lagen reglos am Boden, und neben ihnen der verstümmelte Körper des Maquali.
Der Tart und die beiden übrigen Blaupelze stoben in wilder Flucht durch das grasige Gelände.
„Von denen hören wir nichts mehr", sagte Kersyl.
*
Sie landeten bei einem einsam stehenden Farmhaus am Fuß der östlichen Bergkette.
Sie hatten den Torstyl unterhalb der Siedlung Kallidula überquert und waren eine Zeitlang ziellos hin- und hergeflogen, während die Kranen sich überzeugten, daß ihnen niemand folgte.
Nachdem sie gelandet waren, lösten Kersyl und sein Genosse Fumont den Gefangenen die Fesseln. Der dritte Krane hieß Yars, soviel war aus der Unterhaltung deutlich geworden, und der Name der Kranin am Steuer war Bandar.
„Steht auf, ihr seid in Sicherheit", sagte Kersyl.
Brether richtete sich auf und massierte Arme und Beine, um den Blutkreislauf wieder in Gang zu bringen. Scoutie musterte den Kranen aus glühenden Augen. „Es war nicht nötig, sie zu töten", sagte sie bitter.
„Unsinn", knurrte Kersyl. „Lakaien der Herzöge. Sie sind nichts wert."
„Warum habt ihr uns befreit?" wollte Brether wissen.
„Ihr sucht die Bruderschaft, nicht wahr?" Ein breites Grinsen erschien auf Kersyls kantigem Gesicht. „Wir sind die Bruderschaft."
Sie stiegen aus. Das Farmhaus war in prodheimischem Stil gebaut. Die Eingangstür war einen Meter achtzig hoch. Die Kranen mußten in die Hocke gehen, um hindurchzugelangen. Das Versteck war nicht übel gewählt. In diesem Gebäude würde niemand nach einer Gruppe Kranen suchen.
Scoutie
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