102 - Borro, der Zombie
mehr!«
Larry verstärkte den Druck der scharfen Klinge gegen die Kehle des
Medizinmannes.
»Nicht!«
»Dann raus mit der Sprache!«
»Was wollen Sie wissen?« Kumu schluckte, doch Larry
ließ keinen Millimeter locker.
»Alles! Die Sache mit dem Zombie. Sind Sie dafür
verantwortlich?«
»Nein.«
Die Klinge war so dicht an der Kehle des
Medizinmannes, daß sie leicht dessen Haut ritzte. »Wer dann?« fragte Larry.
»Ich weiß nicht.«
»Reden Sie keinen Unsinn, Kumu! Sie haben die Zombies
geschaffen! Das ganze Theater hier geschieht doch nicht nur zum Spaß. Menschen
wurden getötet. Wie war das mit Ambu Mangula? Wie mit seiner Schwester? Warum
wurde die junge Engländerin getötet?«
»Zu viele Fragen!«
»Dann antworten Sie der Reihe nach. Also…«
»Mangula war neugierig. Er muß etwas beobachtet haben.
In letzter Zeit habe ich mich aufgehalten sehr oft in alter Ruinenstadt.«
Manchmal sprach er ein grammatikalisch einwandfreies Französisch, dann wiederum
vermengte er Ausdrücke mit Kisuaheli oder wählte einen falschen Satzbau. »Aber
nicht allein. Borro war dabei.«
»Wer ist Borro?«
»Zombie!«
»Also gibt es einen zweiten?«
»Ja. Das heißt, er ist vielleicht der einzig Richtige.
Ob Mangula einer ist, wird die Zukunft uns zeigen.«
»Deutlicher, Kumu! Wie ist das mit dem Unterschied
zwischen Mangula und diesem Borro?«
●
»Borro kam aus einem anderen Land. Ich habe ihn
gefunden.«
Larry Brent glaubte, sich verhört zu haben. Man fand
Geldbörsen und Brieftaschen, Regenschirme und allen möglichen Plunder. Aber wie
fand man einen Zombie?
»In der Bucht, in der alten Höhle«, fuhr Kumu fort.
»Wann war das?«
Was dann als Antwort kam, hörte sich so phantastisch
an, daß er glaubte, Kumu Lombgo würde sich diese Geschichte aus den Fingern
saugen.
»Vor drei Tagen ungefähr. Schon lange Zeit Kenntnis
von alter Geschichte durch Vater von Kumu. Hat immer behauptet Höhle sei
verhext. Dann hat er mich mitgenommen und Höhle gezeigt. Dort Truhe, Gold und
Zombie gefunden. Zombie genannt nach Kumus Vater – Borro – weil Zombie hatte
keinen Namen. Vater in Höhle zurückgeblieben, hat gefühlt, daß er muß sterben
und hat mir Geheimnis anvertraut in seiner letzten Stunde. Ich haben dem Zombie
versprochen, ihn zurückzuführen unter die Menschen, mit Ritual und
Menschenopfer. Ich war noch auf der Suche nach einem solchen Opfer. In der
Ruinenstadt sind oft Menschen allein. Ich wollte entführen einen. Ambu Mangula
kam durch Zufall in meine Hände. Er glaubte, ich hätte dort ein geheimes
Versteck, in dem ich Goldstücke aufbewahre. Dieses Gerücht war falsch.
Goldstücke sind nicht dort versteckt, wo viele Menschen jeden Tag sich
aufhalten. In jener Nacht Ambu Mangula war auf Suche nach Gold. Ich habe ihn
niedergeschlagen und in mystisches Dorf entführt.«
»In welches mystische Dorf?«
»Hierher. Dieser Ort ist den bösen Geistern geweiht,
hier leben sie. Hier höre ich die Stimmen, hier habe ich Borro das Leben von
Ambu geschenkt, der dann vergraben wurde. Borro ging seinen eigenen Weg, Ambu
kehrte in der letzten Nacht als Zombie zurück.«
Nun konnte sich Larry endlich ein klares Bild machen.
Daß aus Ambu ein Zombie würde, das hatte sich Kumu
gewünscht, war sich aber des Erfolges nicht sicher. Er war erst am Anfang
seiner Versuche, hatte erst einen flüchtigen Blick in das Reich der Geister und
finsteren Mächte getan.
Ambu war seine erste Schöpfung, und mit ihm sollte es
weitergehen. Darum war er in der letzten Nacht in seinem Haus aufgetaucht und
hatte seiner Schwester das Leben ausgesaugt.
Kumu hatte alles beobachtet. Für ihn gab es nichts
Eiligeres zu tun, als die Leiche verschwinden zu lassen. Er hatte sie hier, in
dem mystischen Dorf, wo er im Zwiegespräch mit Naturgeistern und Dämonen sein
magisches Wissen zu vervollständigen versuchte, vergraben. Damit wollte er
experimentieren und die Entwicklung beobachten. Er war am Anfang seines Weges,
ein Lehrling der magischen Künste und geheimnisvollen Riten.
Aber er wollte Meister sein. Dazu gehörten auch
die Tierexperimente.
»Meine Zombies sollen so sein wie Borro«, sagte er
abschließend, und ein fanatisches Leuchten trat in seine Augen. Für einen Augenblick
schien er geistig abzuschweifen, seine Gedanken verloren sich in einer anderen
Welt. »Ich werde es schaffen, ich muß es schaffen…«
»Warum? Warum dies alles?« fragte Larry mit harscher
Stimme, die Kumu aus seiner Trance riß. Er spürte auch
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