102 - Die Gottesanbeterin
Schwert.
„Wir werden sie besiegen", sagte er. „Ob Drachenmann, ob Dämon - mein Schwert macht keinen Unterschied."
Tai Pan ließ sein Heer gegenüber dem des Kokuo und des Schwarzen Samurai Aufstellung nehmen. Die lange Fahne mit seinem Zeichen, dem Drachen, hing schlaff herab.. Noch begann der Kampf nicht.
Tomotada sah jetzt, daß auch an der Seite des Tai Pan eine Frau ritt. Alt war sie und in gelbe Gewänder gekleidet. Sie trug einen langen Zopf.
Der Tai Pan hob eine Hand und rief mit mächtiger Stimme herüber: „Kokuo no Tokoyo, Tomotada, ich habe mit euch zu reden. Wir wollen uns in der Mitte zwischen unseren beiden Heeren treffen." Tomotada war einverstanden und ritt mit dem Kokuo los.
An diesem Tag trug auch Tomotada eine Rüstung unter seinem schwarzen Gewand. Der Kopf des Rokuro-Kubi schaukelte beim Reiten an seinem Ärmel.
Ein Rokuro-Kubi war ein Dämon, der seinen Kopf durch die Luft schicken konnte. Tomotada hatte einmal gegen sechs Rokuro-Kubi gekämpft, und einer von ihnen hatte sich derart an seinem Ärmel verbissen, daß er nicht mehr loskam. Tomotada wußte nicht, ob der Kopf an seinem Ärmel tot oder scheintot war. Es interessierte ihn auch nicht.
Tomotada und der Kokuo trafen den Tai Pan und die alte Frau. Tomotada sah die Augen des Tai Pan glühen und einen Glutschimmer in seinem Mund, als dieser sprach. Der Schwarze Samurai war sicher, daß er einen Dämon vor sich hatte.
Die Augen der häßlichen alten Frau mit den großen gelben Zähnen funkelten vor Haß, als sie den Kopf an Tomotadas Ärmel sah.
„Was willst du?" fragte der Kokuo den Tai Pan.
„Du hast verloren", sagte dieser, und Funken stoben aus seinem Mund. Sein bläulicher, scharf ausrasierter Kinn- und Wangenbart wurde dennoch nicht versengt. „Im Kopf dieser Frau ist alles Wissen über dich und deine Schandtaten aufgespeichert. Ergib dich mir! Es hat keinen Zweck mehr."
„Spalte ihren Schädel!" rief der Kokuo Tomotada zu und zog selber sein Schwert.
Schon flog das Tomokirimaru aus der Scheide. Aber da löste sich der Kopf der Frau vom Rumpf und entfleuchte in die Luft wie eine Brieftaube. Zehn Meter über den Reitern blieb er schweben, kicherte höhnisch und fletschte dabei die gelben Zähne.
„Ich bin eine Rokuro-Kubi. Ihr könnt mich nicht fangen. Der Tai Pan hat es möglich gemacht, daß ich meinen Kopf auch bei Tag auf die Reise schicken kann. Meinen wertvollen Kopf, der alles Wissen über den Kokuo no Tokoyo enthält. Hihihihihi! Ihr seid verloren, ihr Hunde! Auch du, verfluchter Tomotada, der du den Kopf eines meiner Artgenossen am Ärmel trägst."
Tomotada hieb wortlos den kopflosen Körper der Rokuro-Kubi, der aufrecht im Sattel saß, mitten durch. Zwei Hälften fielen auf die Erde.
Die Rokuro-Kubi stimmte ein Wehgeheul an. „Mein Körper! Das sollst du mir teuer bezahlen, du elender Abschaum! Ich zerbeiße dir die Kehle."
„Ruhig, Konoe!" sagte der Tai Pan mit befehlsgewohnter Stimme. Er hatte sein Pferd etwas zurückgetrieben, aber das Schwert nicht gezogen. „Ich beschaffe dir einen neuen Körper."
Er wandte sich an den Kokuo und Tomotada.
„Wenn ihr glaubt, der Kopf dieser Rokuro-Kubi kann ohne den Körper da nicht leben, habt ihr euch geirrt. Hältst du mich für so dumm, Kokuo?"
„Was willst du?" fragte der Buddha mit dem langen eisengrauen Haar und der farbenprächtigen goldenen Rüstung mit zusammengepreßten Zähnen.
„Die Entscheidung. Ich halte nichts von unnötigem Aufwand. Warum sollen wir eine lange und harte Schlacht veranstalten. Dein bester Kämpfer, der Samurai Tomotada soll gegen meinen besten Kämpfer antreten, einen Sumotori. Jeder wird auf seine Art kämpfen."
Tomotada lachte. „Meine Waffe ist das Schwert. Du willst einen Sumotori waffenlos gegen mich schicken? Das soll wohl ein Scherz sein, Tai Pan."
„Warte es ab!" Der Mann mit den glühenden Augen hob eine Hand. Ein riesiger Sumotori, nur mit einem Schamgürtel bekleidet, trat aus der Schlachtreihe seiner Reiter und kam näher. „Wenn Tomotada siegt, werde ich dir den Kopf der Rokuro-Kubi übergeben und das Feld räumen, Kokuo. Wenn aber mein Sumotori den Samurai tötet, wirst du dich mir ergeben."
Der Kokuo wußte, daß hier eine List im Spiel war. Das war kein üblicher Sumotori, der da näher kam. Aber der Kokuo vertraute auf Tomotada und sein Tomokirimaru.
„Einverstanden, Drachenmann", sagte er. „Wir ziehen uns zu unseren Heeren zurück und beobachten den Kampf."
„Es sei!"
Der Kokuo und der
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