1021 - Ich jagte den untoten Engel
John Sinclair von Scotland Yard, ist ihr nachgereist, nachdem ich nach drei Tagen immer noch nichts von ihr gehört habe. Von ihm habe ich ebensowenig etwas gehört wie von Jane Collins. Das ist schon merkwürdig, finden Sie nicht auch, Mr. Chadwick?«
Der Mann ging nicht darauf ein. »Moment mal, wen haben Sie ihr nachgeschickt? Einen Polizisten?«
»Ja.«
Pause. Dann ein kurzatmiges Schnaufen. »Ach, warum haben Sie das denn getan? Sie haben mir doch erklärt, daß Jane Collins eine der Besten überhaupt ist.«
»Das ist sie auch. Nur gibt es Gegner, die immer stärker sind. Daran sollten wir denken.«
»Gegner? Welche Gegner denn?« Er regte sich auf, was Sarah sehr genau registrierte. Sie aber wurde ruhiger und auch kälter. Dabei war sie sehr gespannt.
»Darüber wollte ich eigentlich mit Ihnen reden, Mr. Chadwick. Ich kann mir vorstellen, daß Sie über diese noch imaginären Gegner genau informiert sind.«
»Wie kommen Sie denn darauf?« Er bellte seine Frage förmlich in Sarahs Ohr. Daran erkannte sie, daß er doch etwas durcheinander gebracht worden war.
»Die Frage ist leicht zu beantworten, Mr. Chadwick. Ich finde es sehr verwunderlich, daß Sie eine Detektivin losgeschickt haben, um eine Flasche Wein zu besorgen. Jeder hat eben seinen Spleen, habe ich mir gesagt. Außerdem haben Sie gut gezahlt. Das allerdings tut nichts zu Sache, weil ich noch weiter denke.«
»Ich höre!«
»Meiner Ansicht nach kann dieses Abholen der Weinflasche nur ein Vorwand gewesen sein. Sie hätten die Flasche gut selbst abholen können, das wissen Sie selbst. Sie taten es nicht, beauftragten eine Detektivin, und ich denke über den Grund nach. Sind Sie zu faul, zu feige gewesen, Mr. Chadwick? Oder steckt mehr hinter diesem Fall als nur das schlichte Herbeischaffen der Weinflasche?«
Plötzlich klang seine Stimme sehr scharf. »Was meinen Sie damit, Mrs. Goldwyn?«
»Das wollte ich Sie gerade fragen.«
»Tut mir leid. Da bin ich überfragt.«
»Sie glauben mir nicht?«
»Was soll ich Ihnen nicht glauben?« Sarah räusperte sich. »Daß noch etwas anderes dahintersteckt, Mr. Chadwick.«
»Reden Sie mir doch nichts ein, verdammt! Sie haben sich in etwas verrannt und kommen da nicht mehr raus, das ist alles. Keine Sorge, es ist alles normal.«
»Das ist es nicht. Rücken Sie mit der Wahrheit heraus. Was steckt tatsächlich hinter dem Auftrag? Gibt es ein Geheimnis, was diese Insel betrifft? Warum mußten Sie eine Detektivin engagieren, um die Flasche zu besorgen?«
»Sie wurde mir empfohlen?«
»Toll, mehr nicht.«
»Nein!«
»Und warum ist sie verschwunden? Weshalb hat sie sich nicht gemeldet? Was ist auf Ihrer Privatinsel im See geschehen? Hat man sie in den Keller gesperrt? Ist sie auf der Insel erwartet, überfallen und dann gefangengenommen worden?«
»Von wem denn?« fragte er leise.
»Ich weiß es nicht. Ich kann mir vorstellen, daß dort nicht alles so harmlos ist, wie Sie es dargestellt haben. Und ich habe recht bekommen, denn John Sinclair, den ich ihr nachgeschickt habe, hat sich ebenfalls nicht gemeldet. Das läßt mich schon aufhorchen, und ich werde dafür sorgen, daß entsprechende Maßnahmen in die Wege geleitet werden, und zwar mit Unterstützung der Behörden.«
»Wirklich, Mrs. Goldwyn?«
»Sie können sich darauf verlassen!« erklärte sie fest und hoffte, daß er den Bluff schluckte.
»Dann scheinen Sie doch viel Einfluß zuhaben«, bemerkte der Geschäftsmann.
»Darauf können Sie sich verlassen.«
»Ich nehme es hin«, sagte er. »Aber es hat keinen Sinn, wenn Sie das in die Wege leiten. Es ist bereits zu spät.«
Auf eine derartige oder ähnliche Bemerkung hatte Sarah nur gewartet. Damit hatte dieser Mensch indirekt zugegeben, daß einiges nicht in Ordnung war. Sarah riß sich mühsam zusammen, bevor sie fragte: »Muß ich das begriffen haben?«
»Nein!«
»Dann klären Sie mich auf!«
»Wir sind unter uns, nicht wahr, Mrs. Goldwyn?«
»Ja. Ich schwöre Ihnen, daß niemand mithört, wenn Sie das gemeint haben.«
»So ungefähr«, gab er zu. »Darf ich Ihnen zunächst einmal zu Ihrem guten Riecher gratulieren? Ich habe Sie tatsächlich unterschätzt.«
»Sie glauben doch nicht, daß ich mich dafür bedanke, Mr. Chadwick«, erwiderte Sarah ätzend.
»Nein, das verlange ich nicht. Abgesehen davon, war Ihr Riecher wirklich gut.«
»Und weiter…?«
»Es ging nicht nur um die Weinflasche, obwohl die tatsächlich noch im Keller des Hauses liegt. Aber die Insel birgt noch ein
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