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1023 - Die Quarantäneflotte

Titel: 1023 - Die Quarantäneflotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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war auch innerlich anders als seine Artgenossen. So war er sehr wohl in der Lage, sich in die Schlechtigkeit anderer Lebewesen hineinzudenken.
    „Den gleichen Vorteil hätte man, wenn man unsere Flotte einfach vernichten würde. Das könnte man beispielsweise dadurch bewerkstelligen, daß man unsere Flotte in einer Supernova herauskommen läßt."
    Beneder machte eine unwillige Geste.
    „Auch das wäre eine Lösung, die wir akzeptieren könnten", sagte er. „Die Schuld am Untergang unseres Volkes müßte dann ein anderer tragen - derjenige, der uns diese Falle gestellt hat."
    Eiling sagte nichts dazu. Für die normalen Seolis mochte diese Überlegung stimmen.
    Ihnen lag nicht sehr viel am eigenen Leben, auch wenn sie aufgrund ihrer innersten Einstellung völlig unfähig Waren, dem eigenen oder fremdem Leben ein Ende zu setzen.
    Diese Möglichkeit des passiven Selbstmords eröffnete den Seolis einen Ausweg aus ihrem größten Dilemma - der Tatsache nämlich, daß sie durch ihre bloße Existenz das Leben und die Existenz anderer Wesen in höchstem Maß gefährdeten.
    Es gab allerdings einen Seoli, der über jedes bekannte Maß hinaus an seinem eigenen Leben hing - und das war Eiling.
    „Des weiteren bleibt eine Möglichkeit zu erörtern", setzte Eiling den Gedankengang fort.
    „Es ist ja auch denkbar, daß man uns als Waffe einsetzt."
    Er mußte ein Kunstwort gebrauchen, um den Gedankengang überhaupt ausdrücken zu können. Beneder sah ihn in höchster Betroffenheit an.
    „Wie wäre das möglich?"
    „Nimm an, es gibt eine Möglichkeit, uns am Ort unserer Ankunft gefangenzunehmen, unsere Schiffe aufzubrechen - vielleicht durch Roboter. Dann wäre dieser Bereich des Universums für immer von der Sonnenwindpest verseucht - vielleicht ist es das, was unser sogenannter Freund plant."
    Eiling konnte sowohl bei Orofon wie auch bei Beneder die gleiche Reaktion erkennen - zuerst ungläubiges Staunen, dann Abscheu und Ekel. Die beiden verstanden gar nicht, wie ein Seoli zu solchen Gedankengängen fähig sein konnte.
    „Erschreckend", sagte Orofon. Eiling entging nicht, daß der Seoli einen Schritt von ihm abrückte. „Wie kommst du auf solche Gedanken?"
    Eiling machte eine Geste der Ratlosigkeit.
    „So etwas gehört offenbar zu meinem Wesen", sagte er. „Ich gehe, wenn ich über etwas nachdenke, keinem noch so absonderlichen Gedanken aus dem Wege. Ich wollte euch nicht die Hoffnung rauben - ich wollte lediglich klarstellen, daß man nicht zu vertrauensselig sein sollte. Soviel Großherzigkeit, wie man uns angedeihen lassen will, erscheint mir hoch verdächtig. Ich glaube, daß Eigennutz die Triebfeder des Handelns im ganzen Universum ist - gezügelt durch die Einsicht, daß Zusammenarbeit letztlich zum eigenen Vorteil mehr beiträgt als hemmungsloser Kampf aller gegen alle."
    Orofon schüttelte sich vor Entsetzen. Solche Gedankengänge waren einem normalen Seoli völlig fremd.
    Eiling machte eine beruhigende Geste.
    „Nun erregt euch nicht", sagte er begütigend. „Was habt ihr beschlossen im Rat der Kommandanten?"
    Beneder zögerte einen Augenblick, dann sagte er mit fester Stimme: „Die Mehrheit ist dafür, das Angebot anzunehmen."
    Eiling zeigte ein zustimmendes Gesicht.
    „Dann handelt dementsprechend", sagte er.
    Mit einem Handgriff trennte er die Verbindung. Orofon sah ihn von der Seite her an.
    „Laß mich allein", bat Eiling.
    Orofon gehorchte, wie es seine Art war. Es gab in der ganzen Quarantäneflotte kaum jemanden, der eine Anweisung Eilings nicht umgehend befolgt hätte - der Silberne genoß bei seinem Volk eine an Anbetung grenzende Verehrung.
    Eiling schaltete alle Bildschirme und Instrumente ab. Er wußte das Schiff in guter Hand, und in diesem Augenblick wollte er allein sein.
    Schwer trug der Seoli an der Bürde seiner Einzigartigkeit. Hätte man ihn deswegen verhöhnt und verspottet, Eiling wäre damit fertig geworden. Die Seolis waren in ihrer Leidensfähigkeit extrem belastbar, und das galt ganz besonders für Eiling.
    Was ihn bedrückte, war die Schwere der Verantwortung - gepaart mit der niederschmetternden Einsicht, daß er niemandem helfen konnte.
    Man bezeichnete ihn als Heiler - obwohl er keinen einzigen Seoli wirklich hatte heilen und retten können. Gewiß, es kam immer wieder vor, daß seine Berührung Sterbenden das Leben um einige wenige Tage verlängerte, aber der Seoli wußte genau, daß dies nicht auf seine Fähigkeiten zurückzuführen war, sondern auf Selbsthypnose und

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