1023 - Monster-Queen
er wollte auf keinen Fall, daß Cynthia etwas passierte. Außerdem hätte er sich selbst daran die Schuld gegeben.
Deshalb blieb er noch. Wenn sie kam, wollte er sie warnen. Zugleich sagte ihm eine innere Stimme, daß sie schon hier war. Ganz in seiner Nähe hielt sie sich versteckt. Nur konnte er sie nicht sehen, aber sie beobachtete ihn.
Die eigenen Gedanken sorgten bei Joel Dancer für ein Durcheinander. Auch körperlich fühlte er sich von Sekunde zu Sekunde immer unwohler. Etwas kroch über seinen Rücken hinweg wie eine Schlange, die zuvor auf Eis gelegen hatte. Der Magen wurde ihm von würgenden Händen zusammengedrückt, eine Tatsache, die auch seine Atmung beeinträchtigte. Selbst das Bett mit der weichen Unterlage schien zu einer Falle geworden zu sein.
Dancer stand auf. Das ungute Gefühl blieb. Die Wohnung war zu einer Falle geworden. Geduckt schaute er sich um. Da war nichts.
An der Tür sah er keine Bewegung. Nicht am Tisch, nicht am Schrank, aber da gab es noch die bewußte Wand, die er von seinem Bad aus beobachtet hatte.
Er schaute sie an. Hinter dem Bett baute sie sich auf. Eine völlig normale Tapete, keine Risse, keine Fenster, durch die der Schatten hätte dringen können.
Dennoch war etwas mit der Wand. Die Botschaft. Dieses Feeling, das auch ihn packte. Sie verbarg etwas. Dancer fror.
Sein Magen hatte sich zusammengekrampft, und zum erstenmal dachte er an Flucht. Das Zimmer verlassen und nur noch an sich denken. Was würde dann mit Cynthia geschehen, in die er sich in der letzten Nacht wahnsinnig verliebt hatte?
Liebe kann nicht nur Berge versetzen, sie schafft es auch, die Angst zu besiegen. Zumindest war das bei Dancer der Fall. Die frisch entflammte Liebe zu dieser Frau war stärker geworden als seine eigene Angst. Aus diesem Grunde blieb er auch.
Hinzu kam die Verstärkung des Gefühls, Cynthia noch näher bei sich zu wissen. Er wußte selbst, daß er sich seltsam benahm, aber er rief trotzdem ihren Namen.
Nicht sehr laut, eher leise. Dabei schaute er sich um.
Warten auf Antwort. Geduckt stand der Mann neben dem Bett. Er schwitzte, das salzige Wasser rann über sein Gesicht und auch am Nacken entlang. Sie war da, sie war in der Nähe.
Das leise Lachen ließ ihn zusammenzucken!
Joel Dancer drückte den Kopf nach vorn und hob die Schultern an.
In dieser nicht eben natürlichen Haltung blieb er stehen, den Blick nach vorn gerichtet, weil er dort die Quelle des Lachens vermutete.
Das war nicht alles. Nicht jedes Lachen hätte ihn so erschreckt. Es war ein bestimmtes, an das er sich sehr gut erinnerte, denn er hatte es in der vergangenen Nacht oft genug gehört und immer in den verschiedensten Tonlagen.
Sie war also da.
Er wollte fragen und dabei einfach gegen die Wand sprechen, aber das war nicht nötig, denn er sah die Bewegung hinter dem Bett und in der Wand.
Ja, der Schatten!
Er war dabei, zu entstehen. Joel kannte es von der vergangenen Nacht her. Wieder wühlte er sich durch die Wand, und er würde sie verlassen, um zu einem Monster zu werden.
Nein, diesmal nicht.
In diesem Fall blieb der Schatten zurück. Dafür löste sich jemand anderer aus diesem Rechteck. Eine Gestalt, die sich praktisch hervordrängte und aus der Wand nach außen schwebte.
Eine Frau, eine Göttin, eine Königin.
Cynthia Carinelli!
***
Joel Dancer konnte sein Glück kaum fassen. Ein Sturm der Gefühle überschwemmte ihn. Deshalb dachte er auch nicht über die Tatsache nach, daß seine Königin ihn nicht auf dem normalen Weg besuchte, sondern auf einem sehr ungewöhnlichen und kaum erklärbaren. Er nahm es einfach hin, und er nahm auch ihr Aussehen hin, das dem in der vergangenen Nacht durchaus ähnlich war, obwohl es eine leichte Veränderung aufwies.
Cynthia war schön. Das stimmte. Sie war auch beinahe nackt, denn ihr wunderbarer Busen lag frei. Aber sie trug trotzdem ein Kleidungsstück. Man konnte es als kurzen Umhang oder Cape bezeichnen, das ihren nackten Rücken wärmte. Die Füße steckten in den halbhohen Stiefeln, eine sehr kurze Hose umspannte zwei wichtige Körperteile, aber dafür hatte Joel keinen Blick.
Er kam mit etwas anderem nicht zurecht. Seine neue Freundin war bewaffnet. Mit einem Gegenstand, dessen Form Joel unbekannt war.
Keine Lanze, auch kein Schwert, dafür eine Mischung aus beidem.
Auf der einen Seite Schwert, auf der anderen Lanze und mit einem sehr breiten Schutz für die Hände versehen.
Joel wischte über seine Augen. Die Angst war plötzlich verschwunden.
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