1023 - Monster-Queen
probierte das Bett aus. Es war ebenfalls nicht frisch gemacht.
Sehr breit mit einer roten Unterdecke, die bis zum Boden hing und darüber hinwegschleifte. Ein richtiges Lotterbett, aber für den verliebten Gockel war dieser Raum prächtiger als der prunkvollste Königspalast. Er konnte sich auch vorstellen, seine Wohnung aufzugeben, um immer mit Cynthia zusammen zu sein.
Wunschträume eines einsamen Mannes, die allerdings so entfernt auch nicht mehr waren, denn die letzten Nacht war kein Traum gewesen, sondern Realität.
Wie auch das Monster?
Das war eben noch die unbekannte Größe in diesem Spiel.
Wieder schaute er die Wand an, wobei er die Stirn runzelte.
Nein, das konnte einfach nicht sein, das gab es nicht. Die Wand war eine Wand. Fest geschlossen. Da drang kein Monster durch. Es gab keine Lücke, keinen Riß und auch keinen Spalt.
Unmöglich…
Nicht ganz. Denn ein Rest von Mißtrauen blieb schon zurück. Das Wort unmöglich hätte ihm zwar gepaßt, aber ihm fehlte wirklich der rechte Glaube.
Auch wenn das Monstrum nicht mehr als ein Traum gewesen war, er hatte durch das Erscheinen der Cynthia Carinelli in seiner Wohnung erlebt, daß Träume wahr werden konnten.
Gute und schlechte…
Er legte sich auf Cynthias Bett. Bewußt. Er wollte sie spüren, ihr so nahe wie möglich sein. Er wollte sie riechen können, denn bestimmt hing noch ein Geruch ihres Körpers in den Laken und dem breiten Kissen, auf das sie ihr Haupt gebettet hatte.
Er wühlte sein Gesicht in das Kissen hinein und nahm tatsächlich den Duft ihres Haares wahr. Er kannte ihn noch von der vergangenen Nacht her und atmete ihn tief ein.
Herrlich. Wunderbar. Die Träume nahmen wieder Gestalt an. Er sah sie über sich. Nackt, mit schaukelnden Brüsten, sich heftig auf und nieder bewegend. Er war wieder scharf. Stöhnte auf – und riß sich schließlich gewaltsam von den Erinnerungen los.
Schwer atmend und verschwitzt setzte er sich auf.
Das Zimmer hatte sich nicht verändert. Alles war an seinem Platz geblieben. Trotzdem kam es ihm irgendwie anders vor, denn hier gab es etwas, mit dem er nicht zurechtkam.
Es war der Geruch!
Ja, der Geruch!
Ihr Geruch!
Er kannte ihn gut genug. Nicht so sehr nach Frau riechend, sondern leicht streng. Vielleicht sogar animalisch.
Du bist verrückt! schalt er sich selbst einen Narren. Das kann es nicht geben. Cynthia ist ein Mensch, eine Frau, und sie ist kein wildes Tier, obwohl sie sich in der Nacht hin und wieder so gebärdet hatte.
Er räusperte sich die Kehle frei. Dann drehte sich Joel im Bett. Seine Augen bewegten sich zwinkernd. Ohne daß er es wollte, zog er die Nase hoch und saugte die Luft ein.
Ja, es roch anders – und bekannt.
Dancer versuchte herauszufinden, woher der Geruch stammte. Er blieb dabei auf dem Rücken liegen und stellte fest, daß die Quelle nicht weit von ihm entfernt liegen mußte.
Sie war sogar nah. Vor oder neben ihm?
Nein, das nicht.
Dahinter!
Genau, hinter seinem Rücken. Dort befand sich die Quelle. Aber nicht nur sie, auch die Wand.
Die Wand! Das war es. Er hatte die Wand von seinem Zimmer aus gesehen. Er hatte ihre Veränderung mitbekommen. Er hatte den Schatten gesehen, der aus ihr hervorgeflossen war, und er hatte auch dessen Veränderung mitbekommen.
Aus ihm war etwas entstanden. Ein gewaltiges Ding. Ein unheilvolles Gebilde, das Monster eben.
Der Zauber seiner Erinnerung war verflogen. Zitternd blieb Joel Dancer auf dem fremden Bett liegen. Dieser Geruch, der ihn in der vergangenen Nacht noch betört hatte, war plötzlich zu einer verdammten Belastung für ihn geworden. Er drang so scharf an seine Nase.
Dancer fühlte sich hilflos. Er kam mit sich und seinem Zustand nicht zurecht. Er lag da, starrte mit verdrehten Augen in die Höhe, doch er sah nur die Decke und nicht die Wand.
Joel richtete sich wieder auf. Noch wandte er der Wand den Rücken zu. Es kostete ihn Überwindung, sich langsam umzudrehen, um endlich sein Ziel sehen zu können.
Sie hatte sich nicht verändert. Kein einziger Riß in der Tapete war zu sehen. Sie war glatt wie immer, und doch drang etwas aus ihr hervor, das ihm Angst einjagte.
Dieser Tiergeruch. Wie im Stall einer Raubkatze. Er mußte einfach in der Wand gefangen sein. Eine andere Möglichkeit gab es für ihn nicht. Hätte er nicht dieses wahnsinnige Erlebnis mit seiner neuen Freundin gehabt, er hätte diesen Ort längst verlassen. Doch die letzte Nacht hatte ihn verändert. Er fühlte sich in etwa wie ein Beschützer, denn
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