1023 - Monster-Queen
bin, aber dir trotzdem weit weg erscheine.«
»Meinst du?«
»Komm einfach her.«
Dancer schwitzte. Sein Gefühl sagte ihm, daß er jetzt etwas erleben würde, für das es erst recht keine rationale Erklärung gab. Aber er kam sich vor wie jemand, der die Augen schloß, seinen Weg ging und einfach durch mußte.
Es war nahe. Er ging am Bett entlang. Jeder Schritt hinterließ in einen Knien ein leichtes Zittern.
Dann war er da.
Stand vor der Wand.
Nur den Arm mußte er noch vorstrecken, um die Wand berühren zu können. Zugleich aber bewegte sich auch Cynthia. Sie drehte sich herum. Jetzt schaute sie nicht mehr das braune Untier von der Seite an, sondern blickte Joel direkt ins Gesicht.
Er starrte zurück, auch wenn es ihm schwerfiel.
»Komm näher«, flüsterte sie ihm zu. Sie sprach so, als stünde sie direkt vor ihm, und sie winkte ihm sogar mit der freien Hand lockend zu.
Dancer nickte. »Ja, ich tue es.«
Er streckte den rechten Arm aus. Cynthia beobachtete ihn genau.
Als sie Bescheid wußte, bewegte sie ihren rechten Arm und damit ebenfalls die Waffe. Sie hob in dem Augenblick ihre Waffe, als Dancer sie berühren wollte.
Er hätte sie nicht berührt, denn die Spitze der Lanze wäre durch seine Hand gedrungen.
Dancer konnte nicht mehr zurück. Er schrie leise auf, auch weil er auf den Schmerz wartete, den er Cynthia wegen sogar ertragen hätte. Der aber blieb aus.
Joel Dancer verstand die Welt nicht mehr. Seine Handfläche lag auf der Wand. Auf der anderen Seite berührte das Schwert seine Haut. Er selbst sah keinen Zwischenraum. Trotzdem war es nicht zu einer Berührung gekommen.
Kein Blut, kein Schmerz, und genau das begriff Joel nicht. Es kostete ihn Überwindung, damit fertig zu werden. »Was ist das?« flüsterte er. »Ich muß dich doch fassen können, Cynthia.«
»Uns trennen Welten«, gab sie zurück.
»Wieso?«
»Nimm es hin. Es ist so. Das Leben ist unbegreiflich. Alles sieht so einfach aus, in Wirklichkeit aber sind die Dinge viel komplizierter und liegen tiefer. Welt liegt neben Welt. Du siehst sie, aber du kannst sie nicht überbrücken. Nur wenigen Menschen gelingt es. Du hast einen Einblick bekommen, und ich weiß nicht, ob es gut für dich war, Joel.«
Er wollte dem nicht zustimmen und schüttelte den Kopf. »Aber ich liebe dich. Ich bin verrückt nach dir. Nach dieser Nacht noch schlimmer als zuvor. Ich will dich haben, verdammt. Ich hatte mit anderen Frauen immer Pech. Ich stand stets auf der verkehrten Seite. Andere haben es einfach gehabt, aber ich konnte es nicht schaffen. Jetzt ist es mir gelungen, und jetzt will ich auch zäh sein.«
»Vergiß mich.«
»Das kann ich nicht. Ich sehe dich jeden Abend.«
»Das weiß ich doch.«
»Und ich will dich haben!« bekräftigte Joel noch einmal. Er wunderte sich selbst, woher er den Mut genommen hatte, diesen Satz zu sagen. So war er eigentlich nicht, denn er gehörte zu den Menschen, die sich lieber zurückzogen.
»Andere wollen mich auch«, sagte Cynthia zu ihm.
»Wer denn? Wer will dich. Los, sag es. Wer will dich haben, verdammt noch mal?«
»Das Monster!«
Die Antwort war für ihn nicht zu fassen. Dieses häßliche Geschöpft hinter Cynthia. Eine Ausgeburt der Hölle. Schlimm und zum Morden bereit, wenn er allein das Maul sah.
Sie in den Krallen dieser Kreatur zu wissen, ging ihm quer. Er wäre sogar bereit gewesen, ihr zu helfen, aber die Grenze war zu dicht. Es gab weder eine Lücke noch einen Spalt, den er hätte überwinden können. Er war sogar bereit, gegen das Monstrum anzukämpfen, für die Frau und für seine Liebe.
»Geh lieber«, sagte sie.
Dancer wollte nicht. Er schüttelte den Kopf. »Ich bleibe. Ich weiß, daß das hier alles nicht wahr sein kann. Du lebst in dieser Wohnung. Hier habe ich dich gesehen. Ich kenne das Zimmer hier.« Er machte ein paar hilflose Bewegungen, um zu zeigen, was er meinte. »Das alles ist mir bekannt, verflucht. Aber nicht diese andere Welt, deine neue Welt mit dem bösen Monstrum.«
»Vergiß es – geh!«
Ihre Worte hatten schon drängender geklungen, als stünde eine Entscheidung dicht bevor. Trotzdem ließ er sich nicht beeinflussen und wollte Cynthia etwas dagegenhalten, als er das mächtige Brüllen hörte. Laut und dennoch gedämpft, als wäre ein gewisser Prozentsatz durch einen Filter geschluckt worden.
Dancers Blick zuckte in die Höhe.
Das Untier hatte seinen Schädel bewegt und die gebückte Haltung verlassen. Es hatte sich aufgerichtet. In seinem häßlichen
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