1023 - Monster-Queen
heißt sie? Wo wohnt sie?«
»Ein paar Häuser weiter. Cynthia Carinelli ist ihr Name. Ein arrogantes Stück. Will mit uns nichts zu tun haben. Lebt für sich alleine. Hat ‘ne Wohnung im dritten Stock. Welchen Job sie macht, weiß ich nicht. Wäre aber eine gute Edelnutte.«
»Okay, lassen wir das mal zur Seite.«
»Was hat denn die Frau mit dem Monster zu tun gehabt?«
»Kann ich auch nicht sagen. Jedenfalls habe ich sie auf der Straße gesehen. Angst schien die Carinelli nicht gehabt zu haben. Die bewegte sich wie jemand, der etwas sucht. Kann doch sein, daß sie das Monster damit gemeint hat.«
»Das war bei King Kong auch so«, sagte jemand, der nicht weit von Suko weg stand.
Ich kümmerte mich nicht um die Bemerkung, sondern wandte mich an die Zeugin. »Sind Sie denn sicher, daß diese Cynthia Carinelli etwas mit der Gestalt zu tun gehabt hat?«
»Das kam mir so vor.«
»Ist sie jetzt zu Hausse?«
»Weiß ich nicht.«
Ich drehte mich auf der Stelle. Meine Stimme schallte in das Lokal hinein. »Hat sonst noch jemand von Ihnen eine Beobachtung gemacht, die wichtig für uns sein könnte? Bei den Kollegen waren die Zeugen gesprächiger. Das hat man uns gesagt.«
Schweigen. Allerdings ein beredtes Schweigen, denn die Gäste kamen uns vor, als hätten sie schon zuviel gesagt und würden ihre Worte nun bereuen.
»Und es ist auch keiner von diesem Monster angegriffen worden?« wollte Suko wissen.
»Der würde nicht mehr leben«, flüsterte der Wirt.
»Dann kennen Sie es auch?«
»Ich habe nichts gesagt.«
Uns reichte es. Wir hatten einen Namen, und der würde uns vielleicht weiterbringen. »Sollte einem von Ihnen noch etwas einfallen«, sagte ich zum Abschied, »wir sind in der Nähe. Bestimmt auch noch in den nächsten Stunden.«
Man nahm es zur Kenntnis. Ich zahlte, dann gingen wir, verfolgt von den betretenen Blicken der Gäste. Sie sahen, daß wir das Lokal verließen. Hinter uns blieben der Rauch und der Biergestank zurück, und wir konnten endlich tief durchatmen.
In der Gegend hatte sich nichts verändert. Es ging auf den frühen Abend zu, und deshalb waren auch die restlichen Lokale offen, die vorhin noch geschlossen hatten. Ob die Wirte ein Geschäft machten, konnte ich mir kaum vorstellen. Wer hier wohnte, der zählte nicht eben zu den Großverdienern.
»Wie stehst du zu der Aussage der Frau?« fragte Suko.
Ich hob die Schultern. »Wir sollten Sie überprüfen.«
»Okay, dann suchen wir mal diese Cynthia Carinelli…«
***
Es stand kein Stuhl in der Nähe, und auch das Bett war zu weit entfernt, sonst hätte sich Joel Dancer wohl gesetzt. So aber blieb er stehen und wußte, daß er immer bleicher wurde, denn dieser Anblick hatte ihn erstarren lassen.
Es war Cynthia Carinelli, daran gab es nicht den geringsten Zweifel, aber sie war nicht aus der Wand gekommen, wie es eigentlich hätte sein müssen, nein, die hatte ihre Wohnung völlig normal durch die Tür betreten, und sie sah auch nicht so aus wie die Frau aus der Wand. Diese Cynthia war normal angezogen. Sie trug helle Jeans, ein grünes Sweatshirt und einen Gürtel aus Messing. Über die linke Schulter hing der lange Riemen einer Handtasche. Auf den Schuhen aus Stoff schimmerten bunte Perlen.
Sie sprach kein Wort und starrte Joel nur an. Dabei hielt sie die Augen leicht zusammengekniffen, als wollte sie durch den Blick ihr besonderes Mißtrauen dokumentieren.
Dancer wußte, daß er etwas sagen mußte. Nur so konnte er die Lage retten. Nicht, daß ihm nichts eingefallen wäre, aber diese Person zeigte nicht die Spur eines Erkennens. Schließlich hatte sie ihn in der Nacht besucht und heiße Stunden mit ihm erlebt. Jetzt tat sie so, als wäre er ihr völlig fremd.
»Hi…«, sagte Dancer.
Cynthia schwieg. Nur ihre Augen bewegten ich. Sie suchten Joel Dancer ab und schauten sich auch die Umgebung in seiner Nähe an.
»Was soll das? Was suchen Sie in meiner Wohnung? Wie sind Sie überhaupt hier hereingekommen?«
»Das war einfach.«
»Ach ja?«
Er zeigte an ihr vorbei. »Die Tür war nicht verschlossen, wenn du das meinst.«
Cynthia lachte ihn scharf an. »Ach«, sagte sie dann, »und das ist für sie ein Grund, einfach fremde Wohnungen zu betreten und nach fremden Menschen zu schauen?«
»Fremd?« wiederholte Dancer. Er konnte es nicht fassen. »Du bist mir doch nicht fremd, verdammt. Wir haben…«
»Was soll das mit der Duzerei?«
»Scheiße!« schrie er sie an. »Jetzt mach mal einen Punkt, verdammt. Ja, mach einen
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