1023 - Monster-Queen
zu gelangen.
Sie ist zu mir gekommen! dachte er. Tatsächlich zu mir. Sie hat sich auf den Weg gemacht und nackt die Straße überquert. Dabei ist ihr nichts geschehen. Sie wurde nicht angemacht. Sie kam einfach her und hat bei mir geklingelt.
Bei mir!
Herr im Himmel, das ist nicht wahr!
Er schüttelte den Kopf. Er schloß die Augen. Er öffnete sie wieder und wußte, daß er keinen Traum erlebt hatte. Es gab die Frau, sie war kein Trugbild, sondern ein Wesen aus Fleisch und Blut. Darüber mußte er erst einmal hinwegkommen.
»Willst du mich nicht in deine Wohnung lassen, Joel?«
»Doch, doch.« Er nickte heftig und dachte daran, daß sie sogar seinen Namen kannte. Nur gab er den Weg noch nicht frei, weil er einfach zu überrascht war.
Cynthia Carinelli übernahm selbst die Initiative. Sie streckte ihren Arme vor, ging auch auf ihn zu, und es kam zum ersten Kontakt zwischen ihnen. Dancer spürte ihre Hand an seiner Brust. Es durchfuhr ihn wie ein elektrischer Schlag, der keine Stelle an seinem Körper ausließ. Die Gänsehaut blieb auch dann, als er einen Schritt nach hinten ging und dabei fast über die alte Fußmatte gestolpert wäre, aber er konnte sich noch fangen. Cynthia kam ihm nach. Sie lächelte.
Sie schaute sich im Flur um, während er die Tür schloß.
Dann deutete sie auf die Tür zum Bad. »Liegt dahinter der Raum, aus dem du mich immer beobachtet hast?«
»Du… du … weißt es?«
»Sicher.« Sie hatte so gesprochen, als wäre es das normalste der Welt gewesen.
Joel nickte nur. Ihn konnte nichts mehr überraschen, auch nicht, als sie seine linke Wange streichelte. »Du hast dir bestimmt mehr gewünscht, nicht?«
»W… weiß nicht.«
»Doch, das hast du. Ich sehe es dir an. Du bist ein Mann, mein Lieber. Fast jeder Mann wünscht sich, mit mir eine heiße Nacht zu haben. Gut, du hast die Chance. Ich bin da…«
Das sehe ich, dachte er. Aber seine Gedanken drehten sich auch um den letzten Teil des Strips, der beileibe nicht so verlaufen war, wie er es sich vorgestellt hatte. Da war plötzlich aus der Wand dieses mächtige, gorillahafte Wesen gestiegen und hatte sich der Frau angenommen. Beide waren dann verschwunden.
Ihre Stimme unterbrach seine Gedanken. »Wo schläfst du immer, Joel?«
»Hinter… hinter dir …«
»Sehr schön. Willst du vorgehen?«
Er räusperte sich. »Meinst du das im Ernst?«
»Wäre ich sonst hier?«
Er war noch immer von den Socken. Als er atmete, war es mehr ein Pfeifen als ein normales Luftholen. »Klar, du bist ja nicht gekommen, um einen Kaffee zu trinken.« Er mußte über die Bemerkung selbst lachen, und Cynthia lachte mit.
Dann ging er vor. Himmel, ich habe nicht aufgeräumt. Er benutzte das Zimmer zum Wohnen und zum Schlafen. Es war ein Durcheinander aus beiden Bereichen, und frisch gemachte Betten kannte er höchstens aus irgendwelchen Kinofilmen.
Er öffnete die Tür. Dabei wußte er Cynthia hinter seinem Rücken.
Zum Glück sah sie sein Gesicht nicht, in dem es zuckte und arbeitete. Der Schock war noch nicht ganz vorbei. Er hatte daran auch weiterhin zu tragen, aber er riß sich zusammen.
Joel Dancer machte Licht. Er hatte den Schalter für die Wandleuchten gedrückt. So wurde es nicht ganz so hell. Zwar war auch die Unordnung zu sehen, allerdings blieb alles im Rahmen und wurde nicht so grell angestrahlt.
Das Bett, der Schrank, ein Tisch mit Magazinen. Das Fenster, vor dem die Vorhänge hingen. Es hätte mal gelüftet werden müssen, denn im Zimmer roch es muffig und auch nach Schweiß. Joel traute sich nicht, zum Fenster zu gehen und es zu öffnen. Er blieb stehen und drehte sich um.
Cynthia hatte das Zimmer bereits betreten. Sie schaute nicht ihn an, sondern blickte sich einige Male um, wobei sie leicht nickte. »Es ist sehr nett hier, Joel…«
»Hä – meinst du?«
»Ja.«
»Ich lebe allein und…«
»Das weiß ich doch, Joel. Du brauchst mir nichts zu sagen. Ich habe dich gesehen und kenne dich, und es hat mir Spaß gemacht, mich vor dir auszuziehen.«
»Hast du wirklich alles gewußt?«
»Klar«, erwiderte die Frau locker. »Von deinen Wünschen, von deinen Freuden und Qualen.«
»Qualen?« wiederholte er leise. »Wieso?«
»Ach geh, Joel. Hast du nicht Qualen gelitten in all den Nächten, die du allein in deinem Bett verbracht hast?«
Es hatte keinen Sinn, die Tatsachen abzustreiten. Sie schien ihn besser zu kennen als er sich selbst. »Ja, das habe ich«, gab er zu. »Ich habe im Bett gelegen und von dir geträumt. Und
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