1027 - Der Traum vom Schwarzen Tod
verschwammen und verschwanden vor ihren Augen. Dafür trieb die Panik als gewaltige Woge in ihr hoch und überschwemmte sie.
Aber eines konnte sie noch.
Schreien.
Und Kathy schrie wie noch nie zuvor in ihrem Leben!
***
Das Gesicht des schlafenden Pete Carella zeigte ein seliges Lächeln.
Er war eingebettet in einen wunderschönen Traum. Dieser Traum führte ihn hinein in die wundersame Welt, mit der er sich so stark verbunden fühlte. Immer stärker und direkter waren diese Träume über ihn gekommen. In seiner eigenen Haut fühlte sich Pete nicht mehr wohl. Er war immer mehr zu einem Fremden im eigenen Körper geworden, denn sein wahres Leben lag woanders.
Vergraben, vergessen in der Tiefe der Zeit. In einem anderen Kontinent, der längst untergegangen war und auch von den meisten Menschen nicht als real eingestuft wurde.
Atlantis eben!
Ein Irrtum. Er wußte es besser. Es hatte Atlantis gegeben, das wußte er, da war er sich sicher, und dieses Land konnte einfach nicht vergessen sein. Es hatte sich bei ihm gemeldet. Es hatte seine Botschaft ausgeschickt, die von ihm empfangen worden war. Stärker mit fortlaufender Zeit, denn seine Träume vermischten sich immer mehr mit der Wirklichkeit. Als sollte Atlantis an gewissen Stellen wieder auferstehen und über ihn kommen.
Carella träumte Wahrheiten. Er riß Erinnerungen aus dem alten Kontinent hervor und projizierte sie in die normale Welt. Aber nur im Traum, nicht wenn er wachte. Erst wenn die Verbindung so intensiv war, konnte er die Bilder und Szenen entstehen lassen.
Ein wundersames Gefühl. Ein feeling der Macht. Ein Springer zwischen den Zeiten und ein Botschafter des Schwarzen Tods. Bald würden die Menschen zu ihm kommen, sie würden mehr wissen wollen, und er war bereit, sein Wissen weiterzugeben.
Pete Carella wälzte sich auf die rechte Seite. Ein Lächeln umschmeichelte die Lippen. Dieser Traum gab ihm ein gutes Gefühl, denn wieder würde jemand durch ihn in den alten Kontinent geholt werden.
Entführt nach Atlantis – wie wunderbar. Und ein Mächtiger stand ihm dabei zur Seite.
Unten hielt er das Opfer gepackt, diesen neugierigen Jungen, der keine Chance hatte.
Dann stieß jemand die Tür auf.
Das Mädchen!
Im Traum zeichnete es sich auch für den Schläfer überdeutlich ab.
Jede Einzelheit bekam er mit.
Das Aufreißen des Mundes, den Schrei!
Welch ein Schrei!
Grell, furchtbar und überlaut. Ein Schrei, der beinahe schon Tote erweckte.
Erst recht einen Schläfer wie Pete Carella, der nahezu brutal aus seinem bildhaften Traum gerissen wurde.
Jetzt war er wach – und voller Haß…
Natürlich hatte auch Johnny den Schrei gehört. Aus nächster Nähe war er ihm so laut vorgekommen, als wollte er ihm das Trommelfell zerreißen. Er merkte, wie er in einen knappen Kreisel hineingeriet, wie er gedreht werden sollte, wie dieser Kreisel ihn auch weiterhin festhielt und dann ausspie.
Johnny taumelte.
Kathy schrie seinen Namen.
Johnny ging bis zur Wand und prallte mit der Schulter dagegen.
Er hatte Mühe, sich zu halten. Aber er dachte an sein Erlebnis und schaute nach vorn, wo eigentlich dieser Ball der fremden Sonne hätte stehen müssen.
Er war nicht mehr da. Er leuchtete nicht einmal nach. Als hätte man ihn ausradiert. Auch der Schwarze Tod war verschwunden.
Der gesamte Ausschnitt dieser fremden Welt zeigte sich nicht mehr.
Dafür das normale Haus, eingepackt in die ebenfalls normale Dunkelheit, denn keine Lampe gab ihr Licht ab.
Allmählich kam Johnny wieder richtig zu sich. Die Überraschung verschwand. Er fand sich damit ab, wieder in der normalen Welt zu sein und schien das andere nur geträumt zu haben, was nicht stimmte. Die Klauenhände des Schwarzen Tods hatten schon Spuren und auch Schmerzen in seinen Schultern hinterlassen.
Aber wer hatte ihn gerettet?
Da kam nur Kathy Tarling in Frage. Ihr wahnsinniger Schrei mußte die andere Welt ausgelöscht haben, obwohl das für Johnny keine richtige Erklärung war.
Jemand faßte ihn unter. Normale Mädchenhände. Keine Totenklauen mehr. Kathy war bei ihm und zerrte an Johnny. »Komm, wir müssen weg. Bitte, komm…«
»Ja, ja«, hörte er sich sprechen und ließ sich von Kathy mitziehen.
Er bekam kaum mit, daß sie ihn aus dem Haus und ins Freie brachte. Einige Schritte von dem düsteren Bau mit der noch immer offenen Haustür entfernt blieben sie stehen.
Hier atmete Johnny zum erstenmal tief durch. Er sah das von Anstrengung gezeichnete und auch besorgte Gesicht seiner
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