1029 - Die Unbezwingbaren
Fremde befinden sich in der Stadt. Es ist meine Aufgabe, über die Sicherheit meines Stadtbezirks zu wachen. Was soll ich tun? Soll ich die Eindringlinge angreifen und vertreiben? Ich allein? Oder erfülle ich meine Pflicht, indem ich den Beisitzer Eins benachrichtige?"
Yapro antwortete nicht sofort. Die Lage, die ihm geschildert worden war, erforderte offenbar sorgfältiges Nachdenken. Und als er schließlich zu reagieren begann, da produzierte er als erstes eine Feststellung, deren Sinn Valvul nicht zu erkennen vermochte. „Die Weisheit des Beisitzers Eins fasziniert mich jedes Mal von neuem."
Nach einer kurzen Pause fuhr die Stimme der Maschine fort: „Es muß verhindert werden, daß die Fremden den Lebenslauf innerhalb des Eigentlichen Bereichs beeinflussen. Das ist die grundlegende Forderung. Ob sie dadurch verwirklicht werden kann, daß man die Eindringlinge angreift und vertreibt, ergibt sich aus der jeweiligen Situation."
Valvul bedachte diese Worte und kam zu der Erkenntnis, daß sie ihm nicht weiterhalfen. Überhaupt schien Yapro geneigt, sich in orakelhaften, schwer verständlichen Äußerungen zu ergehen. War das womöglich eine charakteristische Eigenschaft der Maschinen einer höheren Kategorie? Valvul sehnte sich nach Kafxaq zurück, der stets in einfachen, leicht zu verstehenden Sätzen gesprochen hatte. Aber Kafxaq besaß nicht - wie hatte er sich ausgedrückt? - die Weite des Horizonts, die erforderlich war, um Valvuls Fragen zu beantworten.
Valvul kam eine Idee. Vielleicht konnte man aus der Vergangenheit lernen. „Hat es solche Vorfälle früher schon gegeben?" erkundigte er sich.
„Ja. Im Durchschnitt einmal alle siebentausend Jahre."
Valvul hatte gelernt, daß das Jahr einen Zeitbegriff mit genau festgelegtem Wert darstellte. Da aber die einzig greifbare Zeiteinheit im Eigentlichen Bereich der Tag war, nach dem sich Arbeits- und Ruheperioden richteten, und das Jahr aus Hunderten von Tagen bestand, war Valvuls Vorstellung von der Dauer eines Jahres, um es gelinde auszudrücken, vage. Siebentausend Jahre jedoch schienen ihm eine ungeheuer lange Zeit.
„Was hat man bei früheren Vorfällen dieser Art getan?" wollte er wissen.
„Man hat die Eindringlinge vertrieben."
„Mit Gewalt?"
„Ausnahmslos", bestätigte Yapro.
Die wortkargen Antworten der Maschine regten zum Nachdenken an. Valvul überlegte, ob es nicht bessere Möglichkeiten gebe, mit den Fremden zu verfahren. Er fragte sich, ob jemals versucht worden war, mit ihnen Kontakt aufzunehmen und ihnen auf friedliche Art und Weise beizubringen, daß die Mascinoten allein gelassen werden wollten. Er erkundigte sich bei Yapro.
„Nein", antwortete die Maschine. „Niemand ist je auf eine solche Idee gekommen."
Valvul faßte einen Entschluß. „Dann will ich es wenigstens versuchen", erklärte er. „Wir wissen, wo die Fremden sind. Porpol hat sie beobachtet. Es wird nicht leicht sein, sich mit ihnen zu verständigen ..."
„Sie sind nicht mehr dort, wo Porpol sie gesehen hat", fiel ihm Yapro ins Wort.
Valvul horchte auf. Warum sprach die Maschine erst jetzt davon? „Hast du eine Ahnung", fragte er, „wo sie jetzt sind?"
„Sie bewegen sich in Richtung der großen Schleuse", antwortete Yapro.
Valvul war sehr nachdenklich. Er hatte sich von der Maschine mehr versprochen.
Immerhin war ihr Horizont angeblich doch um so vieles weiter als der seines bisherigen Genossen Kafxaq. Fast kam es ihm so vor, als wolle Yapro ihn herausfordern. Die knappen Antworten zielten darauf ab, seinen Verstand in Gang zu setzen. War es wirklich das? Er war bereit, die Herausforderung anzunehmen. Er würde mit den Eindringlingen verhandeln und die Gefahr, die dem Eigentlichen Bereich drohte, auf ganz andere Art und Weise abwenden, als es bisher getan worden war.
„Hast du mir sonst noch etwas zu sagen?" fragte er Yapro nicht allzu freundlich.
„Nein."
„Gut. Dann machen Porpol und ich uns auf den Weg zur großen Schleuse."
Er konzentrierte sich auf das Muster der Energiestraßen, das einen festen Bestandteil seines Bewußtseins bildete, und suchte den Weg, der ihn und Porpol mit der geringsten Anstrengung zur großen Schleuse bringen würde. Bevor er entmaterialisierte, erreichte ihn noch einmal Yapros Stimme. „Der Beisitzer Eins hat eine weise Wahl getroffen, Valvul."
Sekundenbruchteile später schloß sich die Raumfalte. Valvul und Porpol waren unterwegs zu dem schwerstwiegenden Vorhaben, das je von Mascinoten unternommen worden
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