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103 - Panoptikum der Geister

103 - Panoptikum der Geister

Titel: 103 - Panoptikum der Geister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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Hierher in
die Finsternis eines Gewölbes, dessen Lage sie nicht bestimmen konnte. Die
Kraft hatte sich ausschließlich auf ihre organische Substanz ausgewirkt. Nur so
erklärte sich, dass ihre Kleidung verschwunden war und sogar das Armkettchen
mit dem Anhänger, der normalerweise nur mit brutaler Gewalt oder eben ihrem Tod
abgelöst werden konnte. Doch sie lebte! Aus dieser Tatsache ließ sich immer
noch etwas machen, gleich, wie die Umstände auch waren. Die Schwedin war von
Unruhe und Angst erfüllt, aber auch von dem unbändigen Willen, alles zu tun, um
ihre missliche Lage zu klären und vor allem zu bessern. X-GIRL-C stieg durch
das grobe Mauerloch und kam auf der anderen Seite an. Beim Durchstieg ertastete
sie die Mauerbreite und schätzte sie auf über sechzig Zentimeter. Auch die
nachfolgende Kammer war kahl, rau und finster, aber in der Dunkelheit
registrierte die Schwedin ein schwaches Licht. Es war unruhig und dünn, als
brenne weit entfernt eine winzige Kerze. Morna Ulbrandson ging genau darauf zu
und wandte ihren Blick nicht von der unendlich schwachen Lichtquelle. Die
Schwedin erkannte, dass ein langer, enger Korridor wie ein Tunnel zwischen
mächtigen und groben Quadersteinen hindurchführte. Sie ging ihn entlang. Beim
Laufen spannte sie unwillkürlich ihre Muskeln an, um der ringsum herrschenden
Kälte so wenig wie möglich die Chance zu geben, in ihren Körper einzudringen.
X-GIRL-C kam dem zuckenden Licht näher. Es befand sich in einem Gewölbe, das
durch die unruhige Lichtquelle in schummrige, gespenstische Atmosphäre getaucht
wurde. Zum ersten Mal nahm Morna etwas von ihrer Umgebung wahr. Die Wände
bestanden aus dunklen großen Quadersteinen, in denen Nischen und Hohlräume
gähnten. An den Wänden hingen rostige Marterinstrumente aller Art, und an einem
Haken war ein großer Holzkübel befestigt, der genau über einem fest eingebauten
Sitz hing. Im Boden des Kübels befand sich ein Loch. Morna wusste, wozu diese
Einrichtung mal diente. Bei ihr handelte es sich um eine sogenannte
Wahnsinnsmaschine. Auf den Sitz wurden früher jene Frauen und Männer
festgebunden, die der Zauberei und Hexerei angeklagt waren. Dann wurde der
Kübel mit eiskaltem Wasser gefüllt und der Delinquent so unter dem Loch platziert,
dass das tropfende Wasser genau auf eine Stelle des Kopfes fiel. Diese Tortur
mussten die Verurteilten tagelang mitmachen, ehe sie alles gestanden, um
endlich von dem stetig tropfenden Wasserkübel befreit zu werden. Die meisten
hatten zu diesem Zeitpunkt schon den Verstand verloren, waren damit ein leichtes Opfer und darüber hinaus das Musterbeispiel, was aus
jemandem werden konnte, der sich mit dem Teufel einließ. Für die Gefolterten
war der anschließende Tod auf dem Scheiterhaufen die reinste Erlösung. Mitten
in dem halbdunklen Verlies war eine Szene dargestellt, die überaus lebensecht
wirkte: Eine blutjunge Frau auf einem Scheiterhaufen. Vor ihr der Hexenjäger im
schwarzen, wehenden Umhang, in der Rechten eine Fackel, die den trockenen
Reisigstoß entzünden sollte. Die Szene war so überzeugend, dass im ersten
Augenblick der Eindruck entstand, die beiden Menschen würden leben und lediglich
den Atem anhalten. Aus nächster Nähe sah man aber, dass es sich um lebensgroße
Wachspuppen handelte. Das einzig Echte war das Feuer. Es brannte unablässig.
Wer immer in diesem Haus wohnte, musste von Zeit zu Zeit hierher kommen, um die
Fackel zu erneuern. Morna ging nahe an die lautlos brennende Flamme heran, um
sich an ihr zu erwärmen. Da machte sie eine erschreckende Entdeckung: Das Feuer
war kalt!
     
    ●
     
    Die Schwedin
schluckte. Eine künstliche Flamme ließ sich beim derzeitigen Stand der Technik
höchstens elektrisch imitieren. Aber dies setzte voraus, dass der Glühfaden in
einer luftleeren Glashülle angebracht war. Die zuckende, unregelmäßig brennende
Flamme aber ließ sich anfassen. Sie war offen. Minutenlang stand Morna
Ulbrandson wie benommen vor dieser wirklichkeitsfremden Entdeckung und vergaß
sogar die Kälte, die ihre Glieder verspannte und den Körper mit einer Gänsehaut
bedeckte. Träumte sie das alles? Wurden Einflüsse, die irgendwann die Mauern
des alten Hauses von Leila Shelton durchdrangen, auf diese Weise sicht- und fühlbar?
X-GIRL-C kniff sich in den Oberarm und spürte den Schmerz. Dies war der Beweis.
Der Alptraum war die Wirklichkeit...
    Das kalte
Licht war nicht wegzuleugnen. Der flackernde Schein auf dem verängstigten
Gesicht des Opfers und dem

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