1030 - Das Ende einer Hexe
einiges darauf hin, daß dieser Rodney nicht so harmlos war.
Auch dachte sie wieder an die Warnungen ihres Großvaters. Er hatte ihr stets geraten, bei fremden Menschen vorsichtig zu sein. Daran hatte sich Mona meistens gehalten, aber es gab auch Augenblicke, in denen sie einfach anders dachte.
So wie jetzt.
Rodney Quiller hatte sich auf den Boden gekniet, und zwar dort, wo sich das zusammengebundene Oberteil des Sacks befand. Da war eine Kordel mehrmals verknotet worden.
»Ich werde ihn jetzt öffnen.«
Mona nickte nur. Sie war zu einem Standbild geworden. Die Hände hatte sie ineinander verkrampft.
Wenig später erschrak sie, als der Mann unter seiner Weste ein Messer mit langer Klinge hervorholte. Er grinste die helle Schneide kurz an und gab die Erklärung ab. »Ich will das nicht erst entknoten. Es ist besser, gleich reinen Tisch zu machen.«
»Wie du meinst.«
Quiller machte sich an seine Arbeit. Mona erkannte, wie scharf das Messer war. Davon konnte sie sogar Angst bekommen, wenn sie sich vorstellte, wie leicht es auch durch einen menschlichen Körper gleiten konnte.
Zweimal mußte er schneiden, dann hatte er die Knoten gelöst und schleuderte die Fetzen weg.
Der Sack war offen.
Monas Herz schlug schneller. Zwar lag die Öffnung noch nicht frei, aber etwas anderes war ihr aufgefallen, und ein bestimmter Verdacht bekam immer mehr Nahrung.
Durch die Poren an allen Seiten strömte dieser widerliche Gestank hervor. Er raubte ihr fast den Atem, und Mona hatte schon öfter verfaultes Fleisch gerochen.
So wie hier.
Fauliges Fleisch…
Sie sagte nichts, aber sie sah Quillers Lächeln, der zum Fußende des Sacks ging. Dort bückte er sich wieder und faßte den Sack an den beiden Zipfeln an. Er hob ihn leicht hoch, fing an zu schütteln, und Mona hörte zu, wie der Inhalt einige Male auf den Boden schlug, bevor er nach vorn glitt und durch die Öffnung rutschen konnte.
Was in den folgenden Sekunden passierte, konnte sie einfach nicht glauben. Bewegungslos stand sie auf der Stelle. Für sie begann ein Alptraum, ein regelrechter Horrorfilm, der leider kein Film war, sondern blutige Realität.
Ja, blutig, denn aus der Sacköffnung erschien ein bleiches, starres Gesicht, auf dem sich einige Blutspritzer verteilten. Das Gesicht gehörte einer Frau, einer toten Frau, denn immer mehr von ihrem Körper war zu sehen, weil Quiller den Sack hochgehoben hatte.
Sie rutschte aus dem luftigen Gefängnis hervor, und Quiller schüttelte den Sack, während er ihn gleichzeitig unter dem Gewicht des Körpers wegzerrte.
Eine nackte Frau. Blutbeschmierte Haut. Das Blut war aus zahlreichen Wunden gelaufen, die eine mörderische Stichwaffe in der Haut hinterlassen hatte.
Obwohl Mona Drake eine Zeugin war und alles genau mitbekam, konnte sie nicht glauben, was dort ablief. Es war zu gespenstisch und irreal. Und zu makaber. Ein menschlicher Körper, der letztendlich umgebracht worden war, um als Futter für die Forellen zu dienen.
Damit kam Mona nicht zurecht. Die normale Welt um sie herum hatte einen diffusen Schleier bekommen, als wäre alles andere damit in den Hintergrund getreten. Monas Magen rebellierte, aber sie erbrach sich nicht. Der Kreislauf sackte einfach weg. Sie sah alles nicht mehr so, wie es eigentlich war. Diese Welt war auf den Kopf gestellt worden, und das Blut hatte ihr Gesicht verlassen.
Quiller zog den Sack zur Seite, hob ihn dann an und rollte ihn einfach auf, als hätte er normale Kartoffeln aus ihm hervorgeschüttelt und keine nackte Frauenleiche.
Mona sah Quiller mit anderen Augen an. Doch ihre Psyche weigerte sich einfach, das Ungeheuerliche zu begreifen. Von Mördern hatte sie nur gelesen oder etwas in den Nachrichten gesehen. Daß ihr einmal ein leibhaftiger gegenüberstehen würde, das wollte ihr nicht in den Kopf. Doch sie mußte sich damit abfinden, und sie sah jetzt auch die Existenz des Messers mit anderen Augen.
Jemand stöhnte auf. Mona wußte nicht einmal, daß sie selbst gestöhnt hatte. Sie klammerte sich an einer Stuhllehne fest, und sie schloß auch die Augen.
Der Killer sah sie an. Mona hörte nicht, was er sagte, bis sie schließlich eine seiner Mörderhände an ihrer Hüfte spürte. Da schrak sie zusammen, riß die Augen weit auf und sah das blasse Mördergesicht mit den kalten Augen dicht vor sich.
»Nun?«
Mona holte tief Luft. »Bitte«, flüsterte sie. »Bitte, ich weiß nicht, was das soll. Ich… ähm… bin…«
»Aber Mona. Warum so aufgeregt? Hatte ich dir nicht
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