1031 - Donnas zweites Leben
sperrst du dich denn dagegen? Du tust es, weil du zuwenig weißt.«
»Ich bin keine Buddhistin und…«
»Wer redet denn davon? Ich rede von der Wiedergeburt der Hölle, Donna. Es gibt sie in verschiedenen Ausführungen, und der Teufel hat dank seiner Macht für meine Wiedergeburt gesorgt. Es war ein erster Versuch, denke ich. Sehr viele warten noch darauf, daß sie wiedergeboren werden. Ich war der erste. Mit mir hat er es versucht und hat einen Erfolg errungen.«
»Nein!« widersprach Donna heftig. »Das hat er nicht. Du bist kein Erfolg. Du bist auch nicht wiedergeboren worden so wie ich es von anderen gehört habe. Du bist nur zurückgekehrt, und zwar als die Person, als die du auch gestorben bist. Das ist alles. Keine richtige Wiedergeburt, überhaupt nicht.«
»Wir sehen es anders.«
»Dann habt ihr euch geirrt. Ich…«
»Du warst der Mittler. Ich habe dich als Kanal benutzt, und du konntest dich nicht wehren. Habe ich dir nicht schon einmal gesagt, daß ich dich als meine neue Mutter ansehe? So bin ich dein Kind, und Mütter lieben ihre Kinder.«
Donna hatte die Worte gehört. Jedes einzelne hatte sie praktisch aufgesaugt, aber es war ihr unmöglich, dieser perversen Logik zu folgen. Sie kam sich vor wie in einem Gefängnis und dabei noch auf einer Drehscheibe stehend, die ununterbrochen kreiste. Der Schwindel wollte sie fast von den Beinen reißen, und für einen Moment überkam sie wieder das Gefühl wie im Biergarten. Aber sie brach nicht zusammen, sondern hielt sich tapfer und schaffte es auch, dem anderen in das verwüstete Gesicht zu sehen.
Weiße Augen. Als hätte das Feuer oder das heiße Pech alles aus ihnen hervorgeholt, was wichtig war. Der offene Mund, der auch einer Leiche hätte gehören können. Alles an dieser Schreckensgestalt war erstarrt, aber es lebte trotzdem.
»Es gefällt dir nicht, daß ich dich als meine Mutter ansehe, wie? Als dein Kind.«
»Das bist du niemals!«
Terrence Malcolm lachte. »Doch, das bin ich. Nur ist es hier umgekehrt. Sonst tun die Kinder immer das, was ihnen die Mütter sagen, aber hier ist es umgekehrt.«
»Wie… wie soll ich das begreifen?«
»Du wirst das tun, was ich will!«
Er hatte es so deutlich und überzeugend ausgesprochen, daß Donna versteifte. Allein durch diese Haltung zeigte sie schon an, wie sehr sie sich dagegen wehrte.
Nur ließ sich die Gestalt davon nicht beirren. Sie bewegte sich wie ein Mensch und stützte sich auf den Lehnen ab, bevor sie ihren Körper hochstemmte.
Donna schaute zu. Das Entsetzen war nach wie vor vorhanden. So überlegte sie angestrengt, was sie dagegen unternehmen konnte.
Dieses perverse Mutter-Kind-Verhältnis wollte sie nicht akzeptieren, das konnte man einfach nicht mit ihr machen. Aber sie wußte auch nicht, was sie dagegen tun sollte, denn Terrence Malcolm ließ sich von seinem Vorhaben nicht abbringen. Er hatte sich aus dem Sessel gestemmt und kam auf Donna zu.
Zum erstenmal sah sie ihn in voller Größe. Er war kleiner als sie, aber trotzdem jagte er ihr permanente Furcht ein. Dieses Wesen wollte sie anfassen, zu sich holen, es würde tatsächlich an ihrer Seite bleiben wie das Kind bei der Mutter.
Damit kam sie nicht zurecht. Aber wenn sie nichts dagegen unternahm, steckte sie in der Falle.
Donna war ausgebildete Polizistin. Sie hatte ebenso hart trainieren müssen wie ihre männlichen Kollegen. Sie wußte, wie man sich wehrte, sie hatte auch einen Karatekursus durchgemacht und war eine der besten bei der Schulausbildung gewesen.
Auch psychologisch hatte man sie betreut. Auf Schulungen, die sie so gehaßt hatte. Damit konnte sie jetzt nichts anfangen. Bei ihren Reaktionen hatte sie an die Schulung nicht gedacht, und lebende Tote oder Monster waren auch nicht vorgekommen.
Blieb die körperliche Ausbildung.
Das Schießen!
Es zuckte durch Donnas Kopf, als sie an ihre Waffe dachte. Zwar trug sie die Pistole nicht an ihrem Körper, aber sie wußte, wo sie lag, und der Weg dorthin war nicht weit.
Sie brauchte nur in ihr Schlafzimmer zu laufen, in dem sie die Waffe nebst ihrer Kleidung abgelegt hatte.
Noch war Terrence Malcolm weit genug von ihr entfernt, aber sie durfte nicht mehr zögern. Außerdem ging Donna davon aus, daß er sich auch schneller bewegen konnte.
Auf der Stelle wirbelte sie herum. Die Tür stand noch offen. Der Sprung in den Flur, verfolgt von einem häßlichen Lachen, das in ihren Nacken peitschte. Es war alles so normal für sie in der großen Wohnung und trotzdem anders,
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