1032 - Baphomets Monster
das jetzt lebende Steingebilde aufrichtete und sehr bald seine wahre Größe erreicht hatte.
Es stand plötzlich auf seinen mächtigen menschlichen Füßen. Wie andere ihre Arme, so streckte es seine Schwingen zur Seite und bewegte sie auf und ab.
Noch ein letztes Knirschen war zu hören, als wollte es Staub aus seinen steinernen Knochengebilden entfernen.
Suko lag nicht mehr. Er hatte sich hingestellt. Auch in seiner vollen Größe reichte er nicht an dieses mächtige Monstrum heran. Er überlegte fieberhaft, ob es tatsächlich mit der Dämonenpeitsche zu zerstören war.
Er zog die Peitsche.
Er schlug den Kreis.
Drei Riemen rutschten heraus. Es war alles wie immer. Er hätte jetzt schlagen können, denn noch hatte sich diese gewaltige Mutation nicht abgestoßen.
Er tat es nicht, denn über seinem Kopf war plötzlich ein Brausen, als wäre eine Schar Zugvögel auf dem Weg in südliche Gefilde.
Unwillkürlich hob er den Kopf. Nein, das waren keine Vögel. Das waren die beiden anderen Mutationen, die ebenfalls aus ihrer Starre erwacht waren. Sie hatten ihre Dachplätze verlassen und jetzt flogen sie auf ihren Artgenossen zu, um mit ihm den Weg fortzusetzen.
Noch bewegten sie sich ziemlich hoch, aber der Wind, den die Bewegungen der mächtigen Mutationen produzierten, streifte Suko, und er hörte auch dieses unheimliche »Wuschwusch«, das bei jedem Flügelschlag entstand.
Für Suko war die Entdeckung verlorene Sekunden gewesen. Er wollte zuschlagen und mußte erleben, wie sich genau in diesem Augenblick auch die letzte Mutation abstieß.
Das Dach fing dabei an zu zittern, und die Füße kratzten beim Rückstoß Gestein ab. Den letzten Sprung hätte Suko sich sparen können. Vor ihm sackte das Monstrum einfach weg, als wollte es mit all seinem Gewicht in die Tiefe fallen.
Suko lief bis zum Rand, um nachzuschauen. Er hörte nicht die Rufe seiner Freunde, er sah nur diesen breiten, wuchtigen Schatten, der sich gar nicht mal schwerfällig durch die Luft bewegte und dann nach rechts abdrehte.
Dort warteten auch die anderen beiden. Sie kreisten an einer Stelle.
Um sie zu erreichen, mußte das dritte Monstrum in die Höhe steigen. Es sah so spielerisch aus, und Suko konnte wieder nur staunen.
Sie formierten sich.
Und dann flogen sie weg…
***
Das Steinmonstrum erwachte!
Ich wußte nicht, ob ich mich jetzt darüber freuen sollte, weil ich unten am Boden stand und Suko auf dem Rücken dieses unglaublichen Tieres lag. Es war einfach kaum zu fassen, aber die Sorgen um meinen Freund überwogen.
Neben mir standen Marina Caneri und der Abbé. Die junge Frau suchte Schutz bei dem Templer. Sie umfaßte seinen Arm, als wollte sie eine Stütze bekommen.
Ich hörte nicht, worüber die beiden sprachen. Ich konnte nur auf Suko hoffen, der flach auf dem Rücken dieser mächtigen Gestalt lag, aber von ihr weg mußte.
Er rutschte. Den Anfang bekam ich noch mit, dann hatten sich die Schwingen so weit aufgestellt, daß mir der Blick genommen war.
Der noch immer festhängende Enterhaken brachte mich auf einen anderen Gedanken. Er mußte raus aus dem Maul des Vogels, bevor der startete. Auf Marina wollte ich mich nicht verlassen, sondern packte selbst das beinahe bis auf den Boden hängende Seil.
Zweimal mußte ich es schütteln, dann hatte ich den Haken frei. Er fiel nach unten und landete nicht weit entfernt.
Die Mutation war startklar. Suko sah ich wieder. Er hatte sich aufgerichtet. Hinter dem verfluchten Ding wirkte er beinahe schon lächerlich klein.
Ob er es mit der Peitsche versuchen wollte, war für mich nicht zu erkennen. Vorstellen konnte ich es mir. Jedenfalls kam er zu spät, denn die mächtige Gestalt stieß sich plötzlich ab.
»Da sind die beiden anderen!« schrie Marina.
Der Ruf hatte mich von meinem eigentlichen Ziel abgelenkt. Ich starrte in die Höhe und sah die beiden nächsten Mutationen über dem Dach der Kirche schweben. Sie wurden auch von Suko gesehen, denn er starrte ebenfalls hoch.
Das dritte Wesen war gestartet.
Nahezu leicht sah es aus, wie sich der doch tonnenschwere Körper in die Luft hineinschob, seine Schwingen bewegte und Kurs auf seine Artgenossen nahm.
Gemeinsam drehten sie ab, und wir hatten das Nachsehen!
Marina Caneri war außer sich. »Sie haben es geschafft!« rief sie immer wieder. »Sie sind erwacht – mein Gott! Ich trage daran einen großen Teil der Schuld.« Sie konnte nicht mehr reden. Weinend drückte sie ihr Gesicht gegen die Schulter des Templers.
Ich wußte
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