1033 - Schlangenfluch
wieder nach Ihnen schauen werde.« Er lachte. »Beinahe hätte ich gesagt, um Sie zu füttern, aber so ähnlich ist es auch. Ich werde dafür sorgen, daß sie zu essen und zu trinken bekommen. Irgendwann wird die Zeit auch reif sein, wo Sie beide mich nicht mehr ablehnen und froh sein werden, mich überhaupt sehen zu können. Ihr seid beide sehr hübsch. Ich denke, daß wir noch viel Spaß miteinander haben werden.« Er lachte wieder, und Jane hätte ihm am liebsten beide Fäuste ins Gesicht geschlagen. Nur mühsam riß sie sich zusammen. Da war nicht nur die Beretta, die sie bedrohte, auch die Schlangen lauerten, und die würden auf jede falsche Bewegung reagieren.
Jane fragte sich auch, was sie taten, wenn Gilmore verschwunden war. Würden sie dann auch ruhig bleiben und auf den Biß verzichten? Wahrscheinlich, denn auch Kelly Farlane war bisher noch nicht gebissen worden.
Sie hörte Schritte hinter sich. Gilmore zog sich zurück. Jane drehte sich nicht um. Selbst als sie die Stimme des Mannes von der Tür her hörte, blieb sie auf dem Fleck stehen.
»Noch habe ich meine Freunde unter Kontrolle, und das wird auch so bleiben«, erklärte Gilmore. »Aber dreht nicht durch. Versucht erst gar nichts. Benehmt euch – verstanden?«
»Keine Sorge, Gilmore!«
»Ich warte die Nacht noch ab. Morgen früh werde ich zu euch kommen und euch das Frühstück servieren. Ich möchte doch, daß ihr fit seid, wenn wir gemeinsam das Ritual des Schlangenfluchs durchziehen…«
Es waren seine letzten Worte, die er noch mit einem häßlichen Lachen abschloß. Wenig später rammte er die Tür zu. Das Licht aber ließ er brennen…
***
»Da haben wir uns was aufgehalst«, sagte Suko, als wir im Lift nach oben fuhren. »Menschen, die durch Schlangenbisse getötet wurden. Ist das unser Job, John?«
»Keine Ahnung. Er könnte es werden.«
»Wieso?«
Ich verließ den Lift und gab die Antwort im Gang. »Wenn ich daran denke, daß die Schlangen schon seit langen Zeiten mit Magie in Verbindung gebracht wurden, dann könnten wir Glück haben.«
»Glück oder Pech?«
»Mal sehen.«
Suko stöhnte auf. »Zunächst bedeutete das trockene Polizeiarbeit. Protokolle lesen, Untersuchungsberichte durchackern und so weiter und so weiter…«
Ich war schon vorgegangen und öffnete die Tür zu Glendas Vorzimmer. Das heißt, ich wollte sie normal aufstoßen, aber die Stimmen hielten mich zurück.
Zwei Frauenstimmen…
Das mußte nichts zu bedeuten haben. Trotzdem war ich vorsichtig und drückte die Tür langsam auf.
Da saßen sie bei einer Tasse Kaffee zusammen. Glenda Perkins und Sarah Goldwyn. Als ich die Horror-Oma sah, rann ein Kribbeln über meinen Nacken, denn ihr Erscheinen hier im Büro bedeutete zumeist nichts Gutes, so sehr ich Sarah auch mochte. Sie wußte, daß wir nur ungern gestört wurden. Wenn sie also ohne Voranmeldung erschien, dann brannte zumeist der Baum.
Sie trug einen hellen Staubmantel. Auf dem Kopf saß ein dunkelroter Hut, der mich mehr an einen mißlungenen Topfdeckel erinnerte, aber zur Farbe des Kleides paßte, das sich unter dem offenstehenden Mantel abzeichnete.
Die Horror-Oma hatte Augen wie ein Luchs und mich schon gesehen, obwohl die Tür nicht weit geöffnet war. »Komm rein, John, das ist doch dein Laden hier.«
Glenda drehte sich um, da sie mit dem Rücken zur Tür gesessen hatte. »Im Prinzip hast du ja recht, Sarah, aber John ist manchmal komisch, wenn er zwei Frauen sieht.«
»Besonders, wenn eine davon Sarah Goldwyn heißt«, sagte ich und betrat das Vorzimmer.
Suko folgte mir auf dem Fuß. Auch er begrüßte Sarah durch Wangenküsse.
Glenda, die ihren braunen Midiwollrock glattstrich, stand auf.
»Wollt ihr auch einen Kaffee?«
»Ein Cognac wäre mir lieber.«
»Wieso das denn?«
Ich hob die Schultern. »Wenn ich Sarah sehe, dann bekomme ich leichtes Magendrücken.«
»Das ist auch nötig.«
»Wieso?«
»Ich denke, es gibt Probleme«, sagte Lady Sarah.
»Worum geht es denn?«
»Trink erst mal deinen Kaffee. Dann können wir reden.«
Ich hatte sie beobachten können und mußte zugeben, daß sie wahrhaftig nicht glücklich aussah. Sie wirkte eher wie ein Mensch, der in der vergangenen Nacht so gut wie nicht geschlafen hatte und sich jetzt noch mit Vorwürfen herumquälte.
In unser gemeinsames Büro gingen wir nicht, sondern blieben im Vorzimmer. Der Muntermacher war so gut wie immer, doch den brauchte ich um diese Zeit nicht. Allein Sarahs Blick sorgte bei mir für eine gewisse
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