1036 - Die Psychonauten-Hexe
sich. »Bisher ist diese Tessa Hampton wohl die einzige Person, die auf diese Art und Weise getötet worden ist. Jedenfalls liegt uns keine andere Meldung vor. Ich hoffe deshalb, daß wir erst am Beginn stehen und noch Schlimmeres verhindern können. Wichtig ist jedenfalls, daß dieser Mörder redet.«
Darauf hofften wir alle. Er sollte nach der ärztlichen Behandlung zum Verhör zum Yard gebracht werden. Die Zeit brannte uns auf den Nägeln, und wir warteten darauf, daß man uns Bescheid gab.
Bill hatte darauf bestanden, dabei zu sein. Er war schließlich so etwas wie der Auslöser in diesem Fall gewesen. So konnte ich ihm seinen Wunsch schlecht abschlagen.
Draußen legte sich der Tag allmählich schlafen. Mitte Oktober wurde es rasch dunkel, und auch das Wetter kippte um. Die Ausläufer erster Herbststürme hatten London erreicht. Der Wind wuchtete in Böen durch Straßen und Gassen hinweg, und am Himmel tanzten die mächtigen Wolken wie unheimliche Gespenster.
Sheila und Glenda hatten sich ins Vorzimmer zurückgezogen, und sie sprachen dort miteinander, während wir noch immer über den Fall grübelten und auch diskutierten.
Bei unserem letzten Kontakt mit den Psychonauten waren sie von Außerirdischen gejagt worden. Dieses Kapitel lag hinter uns. Dieser Killer war sehr irdisch.
Sir James kam wieder auf das alte Thema zu sprechen. »Glauben Sie an den Griechen?«
Bill hob die Schultern. »Nichts Genaues weiß man. Leonidas kann tot sein, muß es aber nicht. Sein Anwesen ist damals in die Luft geflogen. Niemand von uns kann sagen, ob er es geschafft hat, sich zu retten. Das alles steht in den Sternen.«
»Es müßte auch ein Motiv geben«, sagte Sir James. »Vielleicht sogar ein neues.«
»Ja«, stimmte ich zu. »Nichts ist unmöglich. Wir können nur hoffen, daß der Killer mehr weiß. Dem Aussehen nach könnte er zu Leonidas’ Leuten gehören.«
»Dann warten wir mal ab.«
Ich ging nach vorn ins Sekretariat und schenkte mir eine frische Tasse Kaffee ein. Die beiden Frauen lächelten mir zu. Sheila allerdings gequält.
»Wie geht es dir?« fragte ich sie.
»So einigermaßen, denn jetzt habe ich den Schock überwunden. Das ist ja schrecklich gewesen. Mit einer derartigen Attacke hätte ich nie im Leben gerechnet. Wenn ich jetzt darüber nachdenke –«, flüsterte sie, »- fällt mir erst mal ein, welch ein Glück wir und auch die anderen Menschen gehabt haben. Der Killer hätte die Maschinenpistole nur anders herumreißen müssen, ein Reflex hätte ausgereicht, und dann hätte es wirklich ein Blutbad gegeben.« Sie schüttelte sich noch im Nachhinein, als sie diese Vermutung ausgesprochen hatte.
Ich mußte ihr leider recht geben, und auch Glenda stimmte ihr zu.
Sie streichelte über Sheilas Schulter. Auch ich wollte ihr etwas Tröstendes sagen, aber das Telefon schlug an und kam mir zuvor. Ich stand zwar im Vorzimmer, hob aber trotzdem ab und hörte die Stimme eines Kollegen aus dem unterirdischen Trakt, in dem sich neben einigen Zellen für Untersuchungshäftlinge auch die Räume befanden, in denen die Gefangenen vernommen werden konnten.
»Sie können jetzt kommen. Der Mann ist behandelt worden und wird auch reden können.«
»Danke, wir sind gleich da.«
Suko und Bill standen schon an der Tür. Als sie mein Nicken sahen, wirkten sie erleichtert.
»Ist er bereit?« fragte Bill.
»Zur Vernehmung schon. Ob er allerdings etwas sagen wird, steht in den Sternen.«
»Versuchen Sie Ihr Bestes«, gab uns Sir James mit auf den Weg.
Auch die Frauen drückten uns die Daumen.
Mit recht gemischten Gefühlen verließen wir das Büro, um in die Unterwelt zu fahren…
***
Der Killer saß auf einem Stuhl. Die Ärzte hatten sich mit seinem Gesicht beschäftigt, es vom Blut gereinigt und verschiedene Stellen verpflastert oder verbunden. Der untere Bereich um den Mund herum lag frei, ebenso wie die Augen.
Bevor wir den kargen Raum betreten hatten, war uns eine Unterlage übergeben worden. Die Kollegen hatten den Namen des Killers herausgefunden. Er hieß Ramon Hasikis.
Natürlich hatten wir dabei aufgehorcht, denn dieser Name klang schon griechisch. So schien die Spur tatsächlich auf diesen Leonidas hinzudeuten.
Hasikis saß auf einem harten Holzstuhl. Vor ihm stand ein Tisch, über ihm hing eine Lampe, deren Licht auch in den letzten Winkel des kleinen Raums hineinschien. Es gab noch zwei weitere Stühle, und wir verzichteten darauf, einen dritten zu besorgen, denn ich wollte stehen bleiben und lehnte
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