1037 - Gefangene der SOL
endlich die Begrenztheit deines Wissens einzusehen. Du lädst Schuld auf dich."
Der Tonfall war ein wenig arg salbungsvoll, aber Douc Langur hatte das Gefühl, daß Mallagan auf solche Worte besonders leicht eingehen konnte.
„Sicher", sagte Mallagan. „Natürlich ..."
Er war in die Enge getrieben, das war nicht mehr zu leugnen. Schaffte es Langur, den Mann zur Einsicht zu bewegen?
„Wie oft habe ich euch geraten, deinen Freunden, dir selbst, deinem Volk - war mein Ratschlag schlecht?"
„Nein", sagte Mallagan halblaut. „Wir haben dir viel zu verdanken."
„Dann höre jetzt auf meinen dringenden Rat, Surfo Mallagan. Gib dein Spiel auf, komme zu uns, friedfertig, ohne Waffen. Ich verspreche dir, daß wir alles in unseren Kräften Stehende tun werden, um dir zu helfen. Und du weißt, daß ich mein Wort noch nie gebrochen habe."
Eine Pause entstand.
Douc Langur wartete geduldig. Er konnte hören, daß fast das ganze Schiff den Atem anhielt.
Brach Mallagan nun endlich zusammen? Gab er das Versteck preis?
„Nein!" Der Laut kam leise, fast gehaucht.
„Ich kann dich nicht hören, Surfo Mallagan. Was hast du mir zu sagen?"
„Nein! Nein! Nein!"
Jedes Nein kam lauter als das vorangegangene. Die Chance war verspielt. Mallagan war nicht zur Einsicht zu bewegen gewesen. Douc Langur hatte es beinahe geschafft -aber eben nur beinahe. Im letzten Augenblick hatte Mallagan etwas vom richtigen Weg abgehalten.
Von jetzt an, das wußte jeder an Bord, der sich mit solchen Problemen beschäftigte, war gutes Zureden bei Mallagan zwecklos. Wer immer oder was immer hinter Mallagan stand und offenbar Gewalt über ihn hatte - das letzte Schwanken, das letzte Zögern war nun vorbei. Mallagan war ein Werkzeug anderer geworden.
Für Douc Langur gab es kein Zögern mehr. Er mußte es nun mit Gewalt versuchen.
*
Tanwalzen zeigte seine Zähne. Es war eine Grimasse des Hasses, und sie galt Mallagan.
„Er ist nicht kleinzubekommen", sagte Tanwalzen bitter. „Ich hatte gehofft, Langur könnte ihn überzeugen, aber es scheint aussichtslos. Ich habe das Gefühl, daß wir den größten Feind an Bord haben, der dem Orakel je erwachsen ist."
Tomason machte eine Geste, die seine müde Resignation deutlich machte.
„Wir hätten ihn einsperren sollen, als er an Bord gekommen war, sofort danach", sagte der Krane. „Dann wäre nichts geschehen. Der größte Feind, pah. Diese Lage ist mehr unserer Nachlässigkeit zuzuschreiben als dem Willen dieses Mannes - sofern überhaupt noch ein freier Wille bei Mallagan vorhanden ist."
„Ich verstehe es einfach nicht", sagte Hyhldon. „Ein Spoodie ist hilfreich und nützlich - warum bringt ein Mehr solchen Schaden?"
„Die Dosis macht das Gift", zitierte Tanwalzen einen uralten Spruch seines Volkes.
Tomason hatte es sich in einem Sessel bequem gemacht. Der Kommandant hatte in den letzten Stunden keinen Schlaf mehr gefunden. Die körperliche Erschöpfung machte sich allmählich bemerkbar, noch verstärkt durch das quälende Gefühl einer demütigenden Niederlage.
„Was kann man machen?"
Kaum ein Satz war an Bord so oft in den letzten Tagen ausgesprochen worden wie dieser.
Die Lage im Innern des Spoodie-Schiffes hatte sich normalisiert - so sah es zumindest aus. Die Besatzungsmitglieder konnten umhergehen, sich ausruhen, ihrer Arbeit nachgehen, die hinreichend vorhandenen Freizeitmöglichkeiten nutzen ...
Aber das Bild täuschte. Die SOL war zu einem gigantischen Gefängnis geworden, einem riesigen Rundpanzer aus Stahl, den man nicht aufbekam.
„Wie viel Zeit haben wir?"
Das war die zweite Standardfrage. Es kam auf die Zeit an. Noch hatte sich niemand nach dem Verbleib des Spoodie-Schiffs erkundigt. Noch ahnte niemand auf Kran oder den Welten des Herzogtums, in welcher Gefahr Besatzung, Erntemannschaft und Ladung dieses unersetzlichen Schiffes schwebten.
„Ein paar Stunden", sagte Tanwalzen leise. „Es sind in der letzten Zeit wenig Buhrlos ins Freie gekommen."
„Ein paar Stunden", wiederholte Tanwalzen.
Danach begann das gnadenlose Sterben der Buhrlos, und mit ihnen schwand die Macht des Herzogtums dahin. Ohne Buhrlos keine Spoodies, ohne Spoodies ... Tomason dachte den Gedanken nicht zu Ende.
Warum ich, hämmerte es in den Gedanken des Kranen. Warum muß ausgerechnet ich der Katastrophen-Kommandant der SOL sein? Ich werde es sein, der es nicht geschafft hat, diese Gefahr zu bereinigen. In fernen Jahrzehnten, wenn von der Macht der Herzöge nichts geblieben ist,
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