104 - Mr. Silvers Sohn
körperlicher Verfall setzte ein. Übrig blieben von Aterbax nur das Metall, das ihn nicht gut genug geschützt hatte, und sein Skelett.
Der Kampf war entschieden.
Der Zauberbrunnen hatte keinen Wächter mehr. Niemand würde mehr für das Wasser, das er trank, bezahlen, und die Kraft würde versiegen. Die Legende um den Zauberbrunnen hatte ihr Ende gefunden.
***
Ich hatte nicht damit gerechnet, daß Mr. Silver so schnell mit Aterbax fertig werden würde.
Nun aber ganz rasch weg! befahl mir Marbu, und ich wollte mich schleunigst aus dem Staub machen, aber das bemerkte der Ex-Dämon rasch, und er hielt mich mit dem Höllenschwert zurück.
Er holte mit der Waffe aus und traf meine Schulter. Die Kraft des schwarzen Schwerts warf mich nieder. Ich knirschte wutentbrannt.
»Hiergeblieben, Freund!« schnarrte der Ex-Dämon.
»Du verdammter silberner Mistkerl!« brüllte ihm Marbu seine Wut und seinen Haß ins Gesicht.
Er befahl mir, Cuca zum Brunnen zu ziehen. Ich mußte gehorchen, sonst hätte mich der Ex-Dämon mit dem Höllenschwert fertiggemacht.
»Gib ihr zu trinken!« befahl der Ex-Dämon schneidend. »Mach schon! Beeile dich! Sie darf nicht zum Baumvampir werden!«
Ich ließ den Krug in den Brunnen hinab, holte ihn wieder hoch und beugte mich über die Hexe. Die Verholzung war schon fast abgeschlossen.
Ich hoffte, daß das Wasser bei ihr nicht mehr wirkte, träufelte erst mal ein paar Tropfen in die Öffnung, die einmal ihr Mund gewesen war.
Die Wirkung des Zauberwassers war verblüffend. Schon die ersten Tropfen veränderten Cucas Aussehen.
»Weiter!« verlangte Mr. Silver. »Gib ihr mehr.«
Ich kippte den Krug, und Cuca trank das Wasser. Ihr Körper wurde wieder weich, die Rinde löste sich auf. Es war nicht einmal die Hälfte des Wassers nötig, um sie wiederherzustellen.
Der Ex-Dämon nickte zufrieden. Mit Sicherheit wußte er, daß ich ihn zu betrügen versuchte. Der Jammer war, daß er in meinen Gedanken lesen konnte wie in einem offenen Buch.
Marbu mußte gut erkennbar vor ihm liegen.
»Den Rest trinkst du!« sagte er und fixierte mich mit seinen perlmuttfarbenen Augen.
»Ich habe bereits getrunken!« wandte ich beinahe hysterisch ein.
»Dann trinkst du eben noch mal. Mir zur Freude.«
»Ich weiß nicht, ob das gut ist«, erwiderte ich. Ich durfte nicht trinken, durfte keinen weiteren Schluck mehr machen, denn das schadete Marbu. »Es ist mir zu riskant. Ich habe den Holzkeim vertrieben…«
»Na wunderbar! Und nun vertreiben wir Marbu!« sagte der Ex-Dämon unerbittlich. Dann setzte er mir die Spitze des Höllenschwerts an die Kehle. »Trink!«
»Du stößt nicht zu«, keuchte ich schwitzend. »Du bluffst.«
»Willst du mich auf die Probe stellen?«
»Ich bin dein Freund.«
»Du bist Marbu. Mein Freund ist Tony Ballard. Wenn du jetzt nicht augenblicklich trinkst, vernichte ich euch beide!« brüllte der Ex-Dämon.
Und ich trank.
***
»Ich… ich hörte ein Geräusch!« stammelte Judy Simmons. »Ich stand auf… Zuerst wollte ich dich wecken, Henry, aber du warst nicht wachzukriegen. Da verließ ich das Schlafzimmer, um nach dem Rechten zu sehen, und da… da war dieser Mann. Er machte sich an deinem Koffer zu schaffen.«
Henry Huston kam näher.
Stuart Rudin stöhnte nicht mehr. Er war jetzt ganz ruhig, glotzte nur Huston an.
»Ein Glück, daß ich ihn rechtzeitig bemerkte«, sagte Judy Simmons heiser. Ihre Nerven vibrierten. »Willst du ihn der Polizei übergeben? Ich denke, eine ordentliche Tracht Prügel tut es auch, und dann wirf ihn hinaus. Er wird bestimmt nie wieder versuchen, dich zu bestehlen.«
»Ich werde ihn töten«, sagte Henry Huston völlig emotionslos.
Judy schnellte hoch. »Um Himmels willen, er ist doch nur ein kleiner Dieb.«
»Was sich in diesem Koffer befindet, wolltet ihr wissen«, sagte Huston.
»Wir? Wieso wir?« fragte Judy perplex. »Ich habe doch mit diesem Mann nichts zu schaffen. Ich kenne ihn nicht.«
»Ein Schwert befindet sich darin«, fuhr Huston fort, als hätte er Judys Einwände gar nicht gehört. »Aber es ist kein gewöhnliches Schwert. Es ist eine lebende Waffe. Ein Höllenschwert!«
Judy Simmons faßte sich an die Schläfen. »Henry, was redest du denn für verrücktes Zeug?«
»Und ich bin auch nicht Henry Huston, sondern Atax, die Seele des Teufels!«
Judy zweifelte am Verstand dieses Mannes. Er mußte übergeschnappt sein.
Wie hatte er sich genannt? Atax, die Seele des Teufels? Hatte sein Geist gelitten, weil sie ihm zuviel
Weitere Kostenlose Bücher