1040 - Unheil über Kran
der Antennen sahen die metallisch schimmernde Gestalt im Innern der kleinen Schleusenkammer. Ein stählerner Arm ruckte in die Höhe.
Ein gellender Schrei drang aus einem der Sprechschlitze. Die klauenbewehrten Beine zuckten in dem vergeblichen Bemühen, den Körper in rasender Flucht davonzutragen.
Es ging alles viel zu schnell. Auch ein Forscher der Kaiserin von Therm ist einem Roboter an Reaktionsgeschwindigkeit nicht annähernd gewachsen.
Douc Langur sah den grellen Energiestrahl nicht mehr, der ihm entgegenfauchte. Für den Bruchteil einer Sekunde empfand er stechenden Schmerz. Dann war nichts mehr...
*
Die Tür öffnete sich bereitwillig.
Draußen standen die beiden altmodischen Kampfroboter, die sie hier hergebracht hatten. Ein Waffenarm machte eine drohende Bewegung.
„Oh verflucht!" stöhnte Brether Faddon.
„Zurück!" befahl der Roboter. „Ihr habt hier nichts zu suchen."
Hilfloser Zorn stieg in Scoutie auf, aber sie beherrschte sich. Sie faßte Brether am Arm.
Wahrscheinlich empfand er ähnlich wie sie. Sie wollte verhindern, daß er die Wut mit sich durchgehen ließ. „Komm, wir gehen", sagte sie sanft.
Sie trotteten die Rampe wieder hinab. Die Tür schloß sich hinter ihnen. Plötzlich fiel Scoutie auf, daß es in der großen Halle erstaunlich ruhig geworden war. Sie sah hinab.
Die Roboter waren von der Liege, auf der Surfo Mallagan ruhte, zurückgetreten und rührten sich nicht. Was war geschehen? Was hatte das zu bedeuten?
„Ihr wollt mich verlassen?" erscholl SENECAs Stimme aus der Höhe. „Gerade jetzt, im entscheidenden Augenblick?"
Tauschte sie sich, oder lag ein spöttischer Unterton in der Stimme der Inpotronik.
„Verrät nicht viel Intelligenz, euer kleiner Ausbruchsversuch", fuhr SENECA fort. „Kommt, laßt mich euch zeigen, wie es ein anderer probiert hat."
Die Bildfläche, auf der sie vor Stunden die großen Städte von Kran gesehen hatten, leuchtete auf. Sie lenkten ihre Schritte dorthin. Sie sahen einen schmalen Gang, wie es Tausende an Bord des Spoodie-Schiffs gab. Er endete vor einer Tür, die sich anhand ihrer Leuchtmarkierungen als inneres Schleusenschott identifizieren ließ. Ein eigentümliches Wesen erschien im Vordergrund und bewegte sich auf das Schott zu.
„Der Alte vom Berg ...", hauchte Scoutie.
Das war der Name, unter dem Douc Langur auf Chircool gehaust hatte. Sie sahen, wie er sich am Schott zu schaffen machte. Die schwere Metallpforte glitt auf ...
Das Bild wurde eine halbe Sekunde lang dunkel, leuchtete wieder auf und...
„Nein!" Eine Welt von Schmerz lag in diesem Schrei, der wild und ungestüm bis in den hinteresten Winkel der Halle drang.
Scoutie war unwillkürlich in die Knie gesunken, als sie Douc Langurs verstümmelten, reglosen Körper vor der Schleuse liegen sah. Das Schott war im Begriff, sich zu schließen.
Sie bemerkte die starre Gestalt des Roboters.
Brether faßte sie unter die Arme und zog sie in die Höhe. Sie wandte sich zu ihm um und sah, wie ihm die Tränen über die Wangen rollten. Seltsam, sie empfand keine Trauer, nur wilden, kochenden Zorn. Sie machte sich von Brether los und schrie zur Decke der Halle hinauf: „Du Scheusal!"
„Es war ein Unfall." SENECA sprach jetzt wieder mit kühler, sachlicher Stimme. „Der Robot war angewiesen, einen Schocker einzusetzen. Er wurde erst im allerletzten Augenblick aktiviert. Dadurch muß es zu einem Steuerfehler gekommen sein."
„Die Schuld trifft dennoch dich!" schrie Scoutie.
„Schuld ist für mich ein Begriff, mit dem ich mich nicht auseinanderzusetzen brauche."
„Du bist ein Ungeheuer..."
„Deine Schimpfworte treffen mich nicht, das solltest du wissen. Aber der Lärm, den du machst, stört mich."
Brether sah, daß Scoutie zur nächsten Schmähung ansetzte. Blitzschnell zog er sie an sich und hielt ihr die Hand über den Mund.
Es würgte ihn in der Kehle, seine Stimmbänder waren zu einem Knoten verschnürt. Aber er mußte sprechen, um Scoutie am Schreien zu hindern.
„Du sprachst vom entscheidenden Augenblick", sagte er mit zitternder Stimme. „Um welche Entscheidung geht es?"
„Im Laufe der nächsten zwei Minuten wird mein Geschöpf erwachen", verkündete SENECA.
Brethers Blick wanderte zu der Liege, auf der Surfo Mallagan noch immer reglos ruhte.
Schaudernd erkannte er die Bedeutung der Worte.
Surfo - SENECAs Geschöpf...
8.
Die Satelliten-Reflektoren hatten zu leuchten begonnen, als Herzog Carnuum aus der Bewußtlosigkeit erwachte.
Weitere Kostenlose Bücher