1041 - Das Orakel
daß Syskal dieses Schiff und den Dallos ununterbrochen beobachten läßt", sagte Tomason. „Sie würde niemals zulassen, daß mehr als drei Personen zum Wasserpalast hinüber gehen."
Faddon lächelte ergeben.
„Der Kommandant hat recht, Tanwalzen. Trotzdem bedanken wir uns bei dir. Wir werden es aber auch ohne deine Hilfe schaffen."
Er trat an das Fußende der Antigravtrage und griff nach den Steuerkontrollen.
„Nun gut denn", sagte er. „Machen wir uns auf den Weg, Scoutie."
Die im Raum versammelten Besatzungsmitglieder starrten das Mädchen und ihn an.
Faddon wich ihren Blicken aus, denn sie waren leicht zu deuten.
So sah man Freunde an, die man nicht wiederzusehen erwartet - Todgeweihte.
*
Ein Offizier der Schutzgarde betrat den Wachraum und begrüßte Syskal und Chyrino. Er war hochgewachsen, doppelt bewaffnet und von kaum zu überbietendem Gleichmut.
„Nun?" erkundigte sich die kleine Kranin. „Was habt ihr herausgefunden, Eirdok?"
„Rund um den Dallos wimmelt es nach wie vor von Kranen", berichtete der Tart. „Aber das weißt du ja, Kommandantin. Sie haben damit begonnen, sich gegenseitig Mut zu machen. Natürlich fürchten sie, daß das Spoodie-Schiff abermals ein paar Salven abfeuern könnte, wenn sie es wagen, den Dallos zu betreten. Andererseits wähnen sie nun dreihundert kranische Raumschiffe hinter sich - das stärkt ihre Unternehmungslust.
Ich bin sicher, daß sie in absehbarer Zeit ihre abwartende Haltung aufgeben werden, ganz bestimmt aber, wenn sie sehen, daß eine kleinere Gruppe das Spoodie-Schiff verläßt."
Syskal brummte bekümmert und warf dem Raumhafenkommandanten einen bedeutsamen Blick zu.
„Was nun?" fragte Chyrino, bevor Syskal ihre Ratlosigkeit artikulieren und ihn nach einem Ausweg fragen konnte.
Sie zupfte an ihrer Mähne.
„Eirdok", wandte sie sich an den Tart. „Du mußt mir helfen. Nimm ein paar zuverlässige Gardisten und begib dich an den Rand des Dallos'. Möglichst in Höhe des Spoodie-Schiffes. Legt eure Uniformen ab, damit niemand merkt, daß die Schutzgarde eingreift - wenn ein Eingreifen überhaupt nötig werden sollte."
„Das kannst du nicht tun!" rief Chyrino entsetzt.
„Und ob!" Chyrino hatte Syskal noch niemals zuvor so grimmig erlebt - und so entschlossen. „Eirdok, es wird deine Aufgabe sein, dafür zu sorgen, daß drei Wesen, die wie Orakeldiener aussehen, den Wasserpalast erreichen. Sie werden in kurzer Zeit das Spoodie-Schiff verlassen."
„Gut", sagte Eirdok so gleichmütig, daß Chyrino sich fragte, wie weit dieser Bursche seinen blinden Gehorsam gegenüber Syskal zu treiben bereit war.
„Damit wir uns recht verstehen", fuhr die Kranin fort. „Ihr habt lediglich auf elegante Art und Weise dafür zu sorgen, daß die drei Fremden den Wasserpalast erreichen."
„Natürlich!"
„Elegant!" höhnte Chyrino mit einem bezeichnenden Blick auf den riesigen Körper des Tarts.
Die Echse sah ihn aus ausdruckslosen Augen sekundenlang an und verließ dann den Raum.
„Das ist doch völlig verrückt", protestierte Chyrino sofort. „Der Kerl weiß überhaupt nicht, worum es geht."
Syskal lächelte fein.
„Das wissen wir auch nicht. Wir folgen nur unseren Gefühlen und unseren Ahnungen - oder etwa nicht?"
Ihre Diskussion wurde unterbrochen, denn aus allen Gebieten von Nord- und Südstaat trafen jetzt Meldungen von Gardisten ein, die besagten, daß die Unruhe unter den Bürgern wuchs. In erster Linie waren dafür Sprecher der Bruderschaft verantwortlich, die nun in völliger Offenheit die Absetzung des Orakels verlangten. Es erschien Chyrino wie eine Ironie des Schicksals, daß sich einige dieser Agitatoren dabei auf Argumente stützten, die Herzog Carnuum ihnen mit seiner Rede geliefert hatte.
„Das bekommen wir nicht mehr in den Griff", befürchtete Chyrino.
Syskal lachte nur.
„Was willst du denn tun?" ereiferte er sich. „Damit, daß du versuchst, drei unbekannte Orakeldiener vom Spoodie-Schiff zum Wasserpalast zu lotsen, erreichst du überhaupt nichts."
„In der Stadt werden sie der Krawalle bald müde sein", meinte die Chefin der Schutzgarde. „Das ist der Augenblick, in dem wir an der Reihe sind. Wir werden öffentlich als die Vertreter der Herzöge auftreten und entsprechende Anweisungen geben. Ich hoffe, daß wir bis dahin wissen, inwieweit Gu oder Carnuum - oder beide - noch in der Lage sein werden, die Regierungsgeschäfte zu führen."
„Bis dahin", unkte Chyrino, „wird es nichts mehr zu regieren
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