1041 - Der Rächer
einem Kirchenmann angezündet wurde?«
»Ich weiß es nicht, Suko.«
»Man hat diesen Brandstifter auch nicht gefunden – oder?«
»Nein.«
»Sind denn weitere Kirchen abgebrannt?«
»Das ist mir nicht bekannt.«
Ich nickte vor mich hin. »Wenn wir davon ausgehen, daß Patrick Shannon der Mörder ist und sich auch weiterhin auf Rachetour befindet, ist er einem gewaltigen Irrtum unterlegen. Vielleicht glaubt er, daß ein Priester die Kirche angezündet hat. Deshalb auch sein Haß. Doch es ist ein Irrtum.«
»Wie konnte er zu dem gelangen?« fragte Suko.
»Keine Ahnung.« Ich wandte mich wieder an unseren Chef. »Was ist denn mit den Kollegen, Sir?«
»Sie denken ähnlich wie ich. Deshalb ist Patrick Shannon auch zur Fahndung ausgeschrieben. Es sind auch alle Pfarreien gewarnt worden. Einige werden sogar überwacht. Man kann nur nicht alle unter Polizeischutz stellen. Dazu fehlt es einfach an Personal. Jedenfalls ist dieser Shannon nicht ins Netz gegangen.«
»Und er hat vier Tote hinterlassen.«
»Aber wer hat dann die Kirche in Blue Ball angezündet?« murmelte Suko vor sich hin.
»Sie werden es herausfinden müssen.«
»Und den Killer jagen.«
Der Superintendent nickte. »Auch das wird Ihre Aufgabe sein, meine Herren.«
»Wann sollen wir fliegen?«
»Noch heute. Die Tickets sind bereits besorgt worden. Sie können sich dann einen Wagen nehmen und die entsprechenden Orte abfahren. Die Morde haben sich in einem Umkreis von sechzig bis siebzig Kilometer von Blue Ball abgespielt. Es ist übrigens ein kleiner Ort. Der nächst größere heißt Athlone. Blue Ball liegt noch am nördlichen Rand der Blue Mountains.«
»Mitten in der Öde.«
Sir James lächelte. »Wenn Sie das so sehen wollen, John, bitte. Und dort müßten Sie dann den Killer jagen.«
»Und noch einen Brandstifter, Sir.«
»Ja, auch den.«
Wir bekamen die Unterlagen überreicht. Im Flugzeug konnten wir uns damit beschäftigen. Theorie ist gut, aber die Praxis ist besser.
Beide gingen wir davon aus, eine besonders harte Nuß knacken zu müssen. Vordergründig wies alles darauf hin, daß wir einen Fall aufgedrückt bekommen hatten, in dem es um einen »einfachen« Serienmörder ging und nicht um dämonische Aktivitäten.
Aber da waren wir uns beide nicht so sicher. Es konnte durchaus sein, daß es plötzlich zu einem Zusammentreffen kam. Daß sich ein Mann wie Patrick Shannon so schnell änderte, wollte uns nicht in den Kopf. Da mußte einfach mehr dahinterstecken.
»Glaubst du denn, daß dieser Shannon die Morde begangen hat, John?«
Ich stieß die Tür zu Glendas Büro auf. »Wer sonst?«
»Keine Ahnung. Es liegt alles nur so klar auf der Hand. Zu klar, verstehst du?«
»Du rechnest damit, daß das dicke Ende nachkommt.«
»Aber hallo.«
Glenda winkte schon mit den Tickets. »Von welchem Ende sprecht ihr denn?«
»Vom ganz dicken.«
»Aha«, sagte sie nur und grinste.
Wir lächelten nicht.
***
An der Ostküste sollte die Sonne scheinen, hatte Patrick Shannon gehört. In dem Landstrich allerdings, in dem er sich aufhielt, war davon nichts zu sehen. Hier machte der November seinem Namen alle Ehre. Dunst und Nebel, Feuchtigkeit, hin und wieder Sprühregen, graue Wände, die über der Landschaft lagen und die allerletzten, fallenden Blätter förmlich auszusaugen schienen.
Dieses Wetter kam Shannon zugute. Seit fast vier Wochen war er unterwegs, und sein Haß hatte nicht nachgelassen. Er war auch nicht stärker geworden. Er war einfach gleich geblieben. Ein kalter berechnender Haß, der ihn nicht nur innerlich völlig verändert hatte, auch äußerlich. Er wirkte nicht mehr so gelöst wie früher. Sein Gesicht zeigte jetzt einen harten Zug. Wer in seine Augen schaute, der glaubte kaum, daß dieser Mann es noch schaffte, zu lächeln. Es ging ihm nur darum, sein Ziel zu verfolgen und daß ihn niemand schnappte.
Er wurde gejagt, das wußte er.
Die Zeitungen hatten über ihn geschrieben. Zwar war sein Name nicht direkt in die Öffentlichkeit gebracht worden, aber man suchte ihn. Er hatte es gelesen. Sein schnelles Verschwinden und gleichzeitiges Abtauchen war natürlich aufgefallen, und nun lief die Fahndung.
Vier Morde!
Viermal hatten Geistliche gebrannt, so wie seine Familie, von der er sich geistig nicht trennen konnte. Immer wenn er einen Teil seines Schwurs erfüllt hatte, tauchten die Bilder seiner brennenden Frau und der beiden Kinder vor seinen Augen auf. Diese Erinnerung raubte ihm die letzten Hemmungen.
Er tat es
Weitere Kostenlose Bücher