1042 - Das Feuer-Monster
für eine Organisation mordet. Es wird ihn fertigmachen. Er wird daran zerbrechen, denke ich.«
Suko hob die Schultern. »Das hört sich an, als hättest du Sympathie für Shannon.«
Ich räusperte mich. »Keine Ahnung, ob man es Sympathie nennen kann. Nein, das glaube ich auch nicht. Es ist eher Mitleid. Er ist irgendwo auch ferngelenkt worden. Da ist etwas in ihm zerbrochen. Er konnte nicht mehr normal denken und sich auch nicht auf die normalen Dinge des Alltags konzentrieren. Er drehte durch und brachte vier Menschen um.«
»Das unter einem dämonischen Einfluß, denkst du?«
»So ist es.«
Unser Gespräch schlief ein. Zudem näherten wir uns dem Ziel. Die Kirche warf bereits ihren Schatten auf unseren Wagen, als wir anhielten und ausstiegen.
Wir traten hinein in eine stille Umgebung. Der Friedhof war von hier aus nicht zu sehen. Auf ihn hatten wir einen kurzen Blick auf der Herfahrt werfen können.
Mir kam es kühler vor. Der Atem dampfte vor unseren Lippen. Das auf dem Boden liegende Laub war hart geworden. Es knisterte unter unseren Schuhsohlen, als wir gingen und dabei das Portal der romanischen Kirche ansteuerten.
Graue Steine. Hart und wie ineinander geklemmt wirkend, als sollten sie bis ans Ende der Tage halten. Grau war auch der Himmel über uns. Die Temperaturen waren gefallen. Es roch nach Schnee. Sicherlich würden bald die ersten Flocken rieseln. Für Dezember bestimmt nicht ungewöhnlich.
Suko blieb hinter mir, während ich auf die Kirchentür zuschritt. Wir waren allein. Niemand hielt sich in der Nähe auf, und ich zog das schwere Portal nach außen, um die Kirche zu betreten.
Kalte, irgendwie klebrige Luft empfing mich. Ich glaubte auch, das Weihwasser zu riechen. Bis zum Taufbecken ging ich vor. Ein steinernes Rondell, in dem nur wenig Wasser schimmerte. Hinter mir vernahm ich die Schritte meines Freundes, der schließlich neben mir stehenblieb.
Beide blieben wir stumm und blickten durch den Mittelgang bis zum Altar hin. Er war von seiner Form her schlicht, aber er leuchtete trotzdem. Es war nicht genau zu erkennen, was der goldene Gegenstand auf der Altarplatte zu bedeuten hatte, wahrscheinlich war es ein Tabernakel. Er wirkte wie ein Schutz vor dem Bösen, damit es keine Chance hatte, in die Kirche einzudringen. Wir erlebten auch nichts Ungewöhnliches. Es blieb ruhig. In diese Kirche war kein Fremder eingedrungen. Irgendwie beruhigte es mich, und trotzdem wollte mein Mißtrauen nicht weichen. Ich dachte immer wieder an diesen Malik, der für uns bisher nur eine Theorie war. Zu Gesicht hatten wir ihn nicht bekommen, aber wir standen auch erst am Beginn.
»Willst du die Kirche noch weiter durchsuchen und vielleicht auch in der Sakristei nachschauen?« fragte Suko.
»Nein.«
»Dann können wir gehen?«
Als Antwort drehte ich mich um. Ich hielt Suko die Tür auf und dachte daran, daß es hier ein Pfarrhaus gab. Wenn sich der neue Priester nicht in der Kirche aufhielt, dann möglicherweise dort, vorausgesetzt, es stimmte alles.
Ein mit Laub bedeckter Weg führte zum Pfarrhaus, dessen Umriß wir hinter den laublosen Bäumen sahen. Es war ein kleines Haus. Mehr hoch als lang oder breit. Zur Tür führte eine flache Stufe hin, und wir sahen sofort das Polizeisiegel.
»Sollen wir es brechen, John?«
»Nicht unbedingt. Es kann ja eine Hintertür geben.«
»Gut.«
Wir bewegten uns an der Breitseite des Hauses entlang. Mit jedem Schritt wuchs meine Spannung.
Ich hatte keinen Beweis und ging einzig und allein meinem Gefühl nach. Die Luft drückte. Sie war schwer. Ein fauliger, aber auch irgendwie würziger Herbst-, Wintergeruch umgab uns. Kleine Fenster, hinter denen kein Licht schimmerte. Ein Schornstein auf dem Dach. Graues Mauerwerk, teilweise von Schlingpflanzen bedeckt, die auch im Winter grün blieben.
Dann standen wir vor der Hintertür.
Hier gab es kein Polizeisiegel. Aber etwas anderes fiel uns sofort auf. Die Tür war nicht völlig geschlossen. Suko und ich standen sehr nahe an diesem langen Spalt, und beide nahmen wir zur gleichen Zeit den Geruch wahr.
»Verdammt«, flüsterte Suko. »Das ist Benzin.«
»Dann ist er hier!«
***
In den folgenden Sekunden sprachen wir nicht und standen uns schweigend gegenüber. Es war so etwas wie die Minute vor der Entscheidung. Wir hatten damit rechnen müssen, waren aber trotzdem überrascht, so schnell damit konfrontiert zu werden.
»Noch brennt nichts«, flüsterte Suko mir zu. »Ich denke, daß er noch bei der Arbeit
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