1042 - Das Feuer-Monster
und ein Ende war nicht abzusehen.
Er ließ die Holztreppe hinter sich und war froh darüber, daß sie in der Mitte von einem schmalen Teppich bedeckt wurde. Der dämpfte nicht nur seine Schritte, er würde auch brennen wie Zunder, und das war für ihn wichtig.
Malik erreichte die erste Etage. Hier kannte er sich nicht aus und stellte die beiden Kanister ab. Ein schmaler Flur, zwei kleine Fenster, die sich gegenüberlagen, drei Türen, die der Mann der Reihe nach öffnete.
Die Zimmer hier waren klein. Man konnte sie fast als Hütten oder Zellen bezeichnen. Flüche drangen zischend über seine Lippen, als er die an den Zimmerwänden hängenden Kreuze sah. Diese ihm so verhaßten Zeichen waren hier überall präsent. Für die Dauer weniger Sekunden spürte er wieder das Brennen auf seinen Handflächen. Selbst im schmalen Bad hatte man das Kreuz nicht vergessen.
Er sah ein Schlafzimmer und ein Gästezimmer. Im Schlafzimmer stand ein altes Holzbett. Die Kissen türmten sich wie zwei Wellen, und ein Grinsen huschte scharf über Maliks Mund. Es kam ihm sehr gelegen, denn die Kissen würden brennen wie Zunder, wenn er sie erst einmal mit Benzin getränkt hatte.
Malik ging wieder zurück, um einen Kanister zu holen. Er war erregt, nervös. Es hatte nichts mit Angst zu tun. Bei ihm war es einfach die Spannung vor dem neuen Brand. Schon jetzt sah er vor seinem geistigen Auge die fauchenden Flammen und den schwarzen Rauch, der wie eine Botschaft der Hölle durch die Fenster quoll.
Den Deckel hatte er abgedreht. Wenig später gluckerte das Benzin aus der Öffnung. Malik arbeitete sorgfältig. Er verteilte das Benzin auf dem Bett und sorgte dafür, daß beide Kissen getränkt wurden.
Dem über dem Bett an der Wand hängenden Kreuz gönnte er keinen Blick. Er wollte sich nicht selbst in Schwierigkeiten bringen.
Alles lief nach Plan. Alles würde gut werden. Es war ja wie immer. Und trotzdem fühlte er sich nicht wohl. Etwas störte ihn. Nicht einmal das Brennen auf den Händen, das empfand er als Warnung. Malik hatte einfach das Gefühl, daß sich irgend etwas verändert hatte oder im Begriff war, sich zu verändern.
Er beeilte sich. Die Zeit wurde knapp. Etwas rollte an. Lautlos, gefährlich.
Die Haut auf seinen Händen spannte sich. Er drehte sie um und betrachtete seine Handflächen. Die Haut »lebte«. Sie streckte sich, sie warf Falten, und die Finger mit den langen Nägeln wuchsen gleichzeitig an.
Malik knurrte seinen Ärger hinaus, bevor er zum Fenster ging und durch das schmale Viereck einen Blick nach draußen warf.
Etwas Unnormales war nicht zu sehen. Nicht einmal die Kirche entdeckte er, da sie im toten Winkel lag. Nur letztes Laub trudelte zu Boden, um den Teppich dort noch dichter zu machen.
Eigentlich hätte Malik beruhigt sein können. Er war es nicht. Irgend etwas kam auf ihn zu, das wußte er. Ja, das wußte er verdammt genau. Und deshalb beeilte er sich noch mehr…
***
Ruhig war ich zumindest auch nicht. Suko merkte es, obwohl ich nicht über meine Unruhe sprach.
»Was paßt dir nicht?« fragte er.
Ich zuckte die Achseln. »Das kann ich nicht genau sagen. So wie ich fühlt sich kein normaler Mensch, der sich auf dem Weg zur Kirche befindet und den neuen Pfarrer begrüßen will.«
»Neu ist gut.«
»Du rechnest auch mit Malik?«
»Ich halte mich erst mal zurück.«
Die Kirche lag nicht mitten im Ort, obwohl es bei unserer Herfahrt so ausgesehen hatte. Sie stand etwas abseits. Ihr viereckiger Turm war von allen Richtungen zu sehen. Er wirkte wie ein Lockmittel auf die Menschen der Umgebung.
Hier wohnten Menschen, doch die Gegend kam uns ausgestorben vor. Jeder wußte, welch eine schreckliche Tat passiert war, und jeder schien ein schlechtes Gewissen zu haben, so daß er sich nicht aus dem Haus traute.
»Wen jagen wir eigentlich?« fragte ich meinen Freund.
Suko gab ein leises Lachen von sich. »Einen Mann namens Malik.«
»Ja, das schon. Und weiter? Wer ist er? Wer verbirgt sich dahinter? Kannst du mir das sagen? Was ist dieser Malik für ein Mensch? Oder ist Mensch die falsche Bezeichnung?«
»Zumindest sieht er aus wie ein Mensch. Aber er haßt das, was der Teufel ebenfalls haßt, deshalb können wir davon ausgehen, daß er auf dessen Seite steht.«
»Und er hat es geschafft, ob bewußt oder nicht, einen anderen Menschen in sein Unglück zu stürzen. Man wird Patrick Shannon, dessen Frau und dessen Kinder er auch noch vernichtete, lebenslang einsperren wie einen normalen Killer, der
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