1042 - Das Feuer-Monster
Irgendwo roch es auch nach Weihwasser, aber es gab dort keinen Altar, der ihn schwächen konnte.
Malik wunderte sich sowieso darüber, daß der Altar ihn so stark beeindruckt hatte. Das war ihm zuvor nie passiert. Man mußte auf seine Platte einen Gegenstand gestellt haben, der selbst dem Teufel das Fürchten lehrte.
Es konnte eine Monstranz gewesen sein. Genaues wußte Malik nicht. Er hatte sich auch nicht getraut, hinzuschauen.
Obwohl der Ort der Bluttat sicherlich von den Einheimischen gemieden wurde, war der Mann vorsichtig. Irgendwelche Neugierige gab es immer. Er würde sich nicht so offen zeigen. So blieb er im Schutz der Bäume und der kargen Büsche, die an der rechten Seite den schmalen Weg zum Pfarrhaus flankierten.
Es wehte kaum Wind, so daß die restlichen, braunen Blätter noch wie trübe Papierfetzen an den Zweigen hingen und erst nach dem nächsten Frost abfallen würden.
An der nicht sehr langen Breitseite des Pfarrhauses ging er vorbei, um den Hintereingang zu erreichen. Bei jedem Schritt schwangen die beiden Kanister mit, und das Benzin gluckerte darin.
Malik lachte leise, als er sich vorstellte, welche falsche Spur er gelegt hatte. Sein Erscheinen bei diesem Patrick Shannon hatte ihm die Arbeit praktisch abgenommen. Der Mann war einfach durchgedreht. Er hatte alles vergessen, was ihn zuvor sein gesamtes Leben über begleitet hatte. Ein Wahnsinn war es gewesen. Malik selbst hatte im Hintergrund bleiben und sich die Hände reiben können. Jetzt ging er davon aus, daß sein mächtiger Schutzengel die Hand im Spiel gehabt und alles so gelenkt hatte.
Nun war er gefordert, und er würde den Teufel auf keinen Fall enttäuschen.
Er blieb an der Hintertür stehen. Der Wind hatte Laub an diese Stelle geweht, und die Füße des Mannes verschwanden darin. Die Tür war einmal offen gewesen, jetzt allerdings nicht mehr. Aber es klebte kein Polizeisiegel daran.
Die Tür sah ebensowenig stabil aus wie das Schloß. Malik wollte es mit Gewalt öffnen und hielt nach einem passenden Gegenstand Ausschau. Ein Stein geriet in sein Blickfeld. Er war nicht abgerundet oder abgeschliffen und mit zahlreichen Kanten versehen.
Mit dem Stein schlug er mehrmals gegen das Holz der Tür in Schloßhöhe. Das Material war alt und brüchig. Das Schloß war sicherlich schon über dreißig Jahre alt.
Tür und Schloß hielten den wuchtigen Schlägen nicht stand. Mit einem knirschenden Geräusch brach das letzte, hinderliche Holz weg, dann war der Weg für Malik frei.
Er zerrte die Tür so weit auf, daß er durch die Lücke schlüpfen konnte und nahm seine beiden Kanister mit. In einem engen Flur blieb er stehen. Die Tür wollte er nicht offenlassen und zog sie so gut wie möglich wieder zu.
Malik war der einzige Mensch in diesem Haus. Das spürte er sofort. Für so etwas besaß er einen Instinkt. Ebenso wie für die Gefahr. Er schaute sich trotzdem um und verhielt sich wie jemand, der plötzlich damit rechnete, überrascht zu werden. Er fürchtete sich davor nicht. Seit der Teufel die Zeichen in seinen Händen hinterlassen hatte, war er bessergeworden. Sogar animalischer.
Das Haus war von der Grundfläche her klein. War aber noch mit einem Obergeschoß gebaut worden. Darauf kam es Malik nicht an. Er wollte in der ersten Etage damit beginnen, das Benzin auszukippen. Dann würde er wieder nach unten gehen und von dort aus den Brand legen. Alles war sehr einfach. Trotzdem nahm er beide Kanister mit. Licht brauchte er nicht einzuschalten. Malik kannte sich in Haus aus. Zudem verließ er sich voll und ganz auf seinen Instinkt. Die Hände, die ihre Normalität wieder zurückerhalten hatten, umklammerten die Griffe der Kanister. Der Inhalt schwappte wieder bei jeder Bewegung und jedem Tritt, mit der die ganz in Schwarz gekleidete Gestalt die Treppe hochging. Er wirkte auf den Stufen wie ein böser Schatten, der es so weit wie möglich vermied, Geräusche zu verursachen.
In das Arbeitszimmer des toten Priesters hatte er keinen Blick geworfen. Er wußte, daß die Beamten der Mordkommission dort ihre Spuren hinterlassen hatten. Kreidestriche auf dem Boden, die den Fundort der Leiche dokumentierten. Möglicherweise auch noch die Blutspuren als makabres Ende.
Es kümmerte Malik nicht. Er war voll und ganz auf seine Aufgabe konzentriert. Er wollte dem Teufel ein Feueropfer bringen, und schon im voraus glänzten seine Augen, als er daran dachte, wie es aussah, wenn die Flammen aus dem Pfarrhaus schlugen. Es ging weiter, immer weiter,
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