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1043 - Engelkinder

1043 - Engelkinder

Titel: 1043 - Engelkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Ich habe mich mal umgehört, wer aus dem Haus Kontakt mit Lilian Purdom gehabt hat. Sieht nicht gut aus, Sir.«
    »Warum nicht?«
    »Sie hatte hier wohl keine Freunde. Lilian wurde als scheu und schüchtern bezeichnet. Eigentlich hat sie nur Kontakt mit einem jungen Mädchen oder einem Teenager gehabt. Die Kleine wohnt auf dem gleichen Flur. Drei Türen weiter auf der gleichen Seite von Ihnen aus gesehen. Wenn Sie die Wohnung verlassen, müssen Sie nach links gehen. Schellen Sie bitte bei Munoz.«
    »Spanier?«
    »Ja, sie stammen dorther.« Myers räusperte sich. »Die Kleine heißt Evita, und sie lebt dort mit ihrer Mutter.«
    »Gibt es keinen Vater?«
    »Bestimmt. Aber der wohnt woanders, wenn überhaupt. Ich weiß es nicht genau. Jedenfalls läßt Mrs. Munoz ihre Tochter am Abend und in der Nacht immer allein, da sie arbeiten geht. Sie schafft irgendwo in einem Nachtlokal an.«
    »Als Nutte?«
    »Nein, wohl eher nicht. Bedienung hinter der Theke. So habe ich es gehört.«
    »Glauben Sie, daß die Kleine in der Wohnung ist?«
    »Das kann ich nicht sagen. Ich weiß auch nicht, ob sie von dem Selbstmord gehört hat. Ich wollte Ihnen nur mitteilen, daß es die einzige Spur ist.«
    »Danke, Mr. Myers. Ich denke, daß Sie mich schon einen Schritt weitergebracht haben.«
    »Wäre schön. Bis später dann.«
    Ich legte wieder auf. Evita Munoz. Ein Mädchen, kein Kind mehr, aber auch nicht erwachsen. Vertraute man sich einer derartigen Person wirklich an?
    Es hatte keinen Sinn, darüber nachzudenken, es war besser, wenn ich mit dem Mädchen redete. Bis zur Wohnung waren es nur wenige Meter, und ich hoffte, daß die Kleine auch da war.
    Der Flur war zumindest leer. Ich zog die Wohnungstür hinter mir zu und ging nach links. Noch immer ärgerte ich mich darüber, daß man mich so reingelegt hatte. Dieser Angriff aus dem Nichts war für mich einfach nicht erklärbar, obgleich es sicherlich eine Erklärung geben mußte. Aber die lag noch in weiter Ferne.
    Vor der Tür blieb ich stehen. Zunächst einmal lauschte ich wie jemand, der nicht gehört oder gesehen werden will. Als es auch nach einer geraumen Weile still blieb, schellte ich.
    Es war wie im Kino.
    Nichts passierte.
    Und wie im Kino machte ich auch weiter, denn ich startete zu einem zweiten Klingelversuch. Das Geräusch der Klingel war auch draußen zu hören, ein weiches, aber durchaus lautes Ding-Dong.
    Und ich hörte eine weibliche Stimme.
    »Wer ist da?«
    »Mein Name ist John Sinclair.«
    »Ja und?«
    »Bist du Evita Munoz?«
    »Wen geht das was an?«
    »Mich. Ich möchte nämlich mit dir reden.«
    »Ich kenne Sie nicht.« Die Antwort klang schon ein wenig schrill.
    »Das macht nichts. Außerdem kann es sich ändern. Ich wohne ebenfalls hier im Haus. Nur einige Etagen höher. In der zehnten, um genauer zu sein.«
    »Dieses Haus ist Scheiße!« rief die Mädchenstimme. »Ja, das ist ein verdammtes Miststück. Wer hier wohnt, gehört in die Hölle. Fast alle gehören in die Hölle.«
    »So würde ich das aber nicht sehen, Evita. Ausnahmen gibt es sicherlich. Aber…«
    Sie unterbrach mich. Am Klang der Stimme hörte ich, daß sie näher an die Tür herangekommen war. Wahrscheinlich hielt, sie ihr Ohr schon gegen das Holz. »Was wollen Sie eigentlich von mir, verdammt noch mal? Oder gehören Sie zu denjenigen, die ab und zu kommen, um meine Mutter zu besuchen, diese Schlampe?«
    »Dazu gehöre ich nicht. Ich kenne deine Mutter nicht einmal. Es geht mir um dich.«
    »Stehen Sie auf junge Mädchen? Auf Frischfleisch, wie meine Mutter mal gesagt hat?«
    »So ist es auch nicht.«
    »Dann sind Sie ein Bulle, wie?«
    »Wie kommst du darauf?«
    Ich erhielt zunächst keine Antwort. Meine Fragerin war nicht ungehört geblieben. Andere Wohnungstüren waren geöffnet worden. Einige Bewohner standen lauschend in den Türnischen, und sie feixten, als ich mich einige Male drehte.
    »Sind Sie noch da, Mister?«
    »Ja.«
    »Dann sagen Sie endlich, was Sie wollen. Die Zeit wird mir sonst einfach zu lang.«
    »Ich möchte mit dir über eine andere Person reden.« Ich legte eine kleine Pause ein und baute darauf, bei den nächsten Worten keinen Fehler zu begehen. »Über Lilian Purdom.«
    Ein Schrei, der mich erschreckte. Aber kein Angstschrei. Eher einer, der überrascht klang und auch irgendwie schmerzerfüllt. »Lilian ist doch tot!« hörte ich Evita sprechen. »Sie ist tot, denn man hat sie geholt. Sie lebt nicht mehr bei uns. Sie ist zu einem Engelkind geworden, verstehen Sie

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