1045 - Zombie-Eulen
auch von Menschen her kannte.
Mara drückte ihren Helfer zur Seite und warf einen Blick in den Spiegel. »Himmel, wie sehe ich denn aus?« Sie schüttelte den Kopf, denn sie hatte das Blut in ihrem Gesicht gesehen.
»Du kannst es wegwischen und dich verarzten. Ich helfe dir dabei. Es gibt Pflaster und auch ein Desinfektionsmittel.«
»Danke.«
Während sich die junge Frau reinigte, besorgte Marek die entsprechenden Sachen. Er reichte ihr auch ein frisches Handtuch. Innerlich fluchte er über seine eigene Unzulänglichkeit. Seine Bewegungen waren zu steif. Er war gefallen, das spürte er jetzt. Die alten Knochen wollten nicht mehr so.
Er fühlte sich älter als er tatsächlich war. Schließlich freute er sich, auf dem Rand der Wanne seinen Platz zu finden und sich ausruhen zu können.
Mara hatte ihr Kleid ausgezogen. Darunter trug sie ein Unterkleid aus dickem Stoff. Die Bisse der Eulen hatten nicht nur den Stoff zerfetzt, sondern auch die Haut in Mitleidenschaft gezogen. So waren auch auf dem Körper Wunden zurückgeblieben.
»Ich koche uns etwas Heißes«, sagte er schließlich und verließ den kleinen Raum. Ein Tee würde beiden guttun, und ein Schluck vom Selbstgebrannten konnte auch nicht schaden.
Durch das zerstörte Fenster drang die Kälte als Schwall, der nie abriß. Marek warf noch einige Holzscheite in das Feuer. Das Wasser hatte er aufgesetzt, dann schaute er aus dem Fenster nach draußen in die schweigende, dunkle Welt.
Er wünschte sich, daß die eine oder andere Eule zurückkehren würde. Er war wild darauf, diese Kreatur zu vernichten, nur tat man ihm den Gefallen nicht.
Wohin hatte die Eule das Baby geschafft? Wo befanden sich auch die anderen? Wirklich irgendwo tief in den Wäldern? Oder gab es ein anderes Versteck?
Frantisek hob die Schultern. Es hatte keinen Sinn, darüber nachzudenken, weil es einfach keinen Hinweis gab. Nicht den Hauch einer Spur. Immer wenn er etwas unternehmen wollte, wurde er in den luftleeren Raum hineingestoßen.
Die Eulen kehrten nicht zurück. Dafür verließ Mara Laurescu das schmale Bad. Sie lächelte etwas schief, als Marek sie anschaute. »Du siehst schon besser aus, Mara.«
»Ich fühle mich aber nicht so.«
»Das kann ich mir denken.« Er ging auf sie zu. »Setz dich erst mal. Dann trinken wir einen Tee. Wenn du willst, auch noch einen Schnaps. Okay?«
»Ja, das wäre gut.«
Marek goß den Tee auf. Er würde noch fünf Minuten warten. In der Zwischenzeit holte er die Schnapsflasche zurück und füllte zwei Gläser fast bis zum Rand.
Mara saß am Tisch und starrte ins Leere. Die Stirn hatte sie gerunzelt, die Augen waren gerötet. Hin und wieder schüttelte sie den Kopf, als wären ihr schlimme Gedanken gekommen, was sicherlich auch stimmte.
Marek reichte Mara das Glas und blieb neben ihr stehen, ebenfalls ein Glas in der Hand. Es ärgerte ihn, daß seine Hand etwas zitterte, aber das war nicht zu vermeiden.
Sie schauten sich an und tranken. Marek war den Schnaps gewohnt, Mara nicht. Sie schüttelte sich, schnappte nach Luft, verdrehte etwas die Augen und wurde blaß.
Der Pfähler lächelte sie an. »Na…?«
»Es brennt so«, flüsterte sie heiser.
»Dann tut es auch gut. Du wirst die Wärme bestimmt bald spüren, die durch deinen Körper zieht.«
»Meinst du?«
»Noch einen?«
»Nein, hör auf.« Ihre Stimme war wieder normal geworden. Dann holte sie einige Male Luft.
Marek kümmerte sich um den Tee. Es war eine Gewürzmischung, die er selbst zusammengestellt hatte. Er war heiß, Marek trank ihn ohne Zucker, und auch Mara wollte keinen.
Sie schwiegen in den nächsten Minuten. Nur die schlürfenden Geräusche störten die Stille. Schließlich hielt es Mara nicht mehr aus. »Am liebsten würde ich losrennen und mein Kind suchen. Ich… ich… fühle, daß es noch nicht tot ist.« Sie deutete auf ihre Brust. »Da ist etwas in mir, Marek, das so denkt. Ich weiß es. Ich weiß es verdammt genau. In mir steckt es.«
»Das Gefühl einer Mutter?«
»Ja, so kann man es sagen. Jana ist noch nicht tot. Aber sie hat Angst, schreckliche Angst. Es ist so ein Urgefühl, das auch bei kleinen Kindern vorhanden ist. Sie können sich ja nicht ausdrücken, aber sie können es spüren. Es sitzt so verdammt tief in ihnen, und irgendwann wird es hervorbrechen.«
»Ja, ich glaube dir. Mütter empfinden so.«
»Deshalb muß ich sie suchen!«
»Jetzt, Mara?«
Sie schaute den Pfähler an und hob die Schultern.
»Es hat keinen Sinn, glaub mir. Du kannst nicht
Weitere Kostenlose Bücher