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1046 - Der Hexenturm

1046 - Der Hexenturm

Titel: 1046 - Der Hexenturm
Autoren: Jason Dark
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Feuer übergeben sollen. Daß sie es nicht taten, hat sich nun schrecklich gerächt, denn wieder sind sie dabei, sich Kinder zu holen, um durch sie am Leben erhalten zu werden. Sie rächen sich auch, indem sie Menschen die Augen aushacken. Wem sie einmal auf der Spur sind, den lassen sie nicht mehr aus ihren Klauen.«
    Das konnte ich bestätigen, wenn ich an London dachte. Bis dorthin war der arme Ion Kasanu verfolgt worden und hatte so schrecklich leiden müssen.
    In Eulen verwandelte Hexen!
    Das hatte ich auch noch nicht erlebt. Ich mußte wieder feststellen, daß es noch immer Variationen gab, die uns aufs Neue überraschten.
    In die Theorie waren wir eingeweiht worden. Es fehlte die Praxis. Uns fehlten die Kinder.
    Die Pirnescus, denen die Feste hier einmal gehört hatte, hatten zwar alles versucht, doch sie waren nicht konsequent genug gewesen. Ihr Geschlecht gab es längst nicht mehr. Die Gräber vor dem alten Turm zeugten davon. Sie hatten auch all die Zeiten der Zerstörungen überstanden, doch das wahre Grauen war nach wie vor nicht ausgeschaltet worden.
    Marek und ich hatten es begriffen. Wir kannten die Hintergründe. Ganz im Gegensatz zu der jungen Mutter. Sie hatte zwar zugehört, aber nichts verstanden. Mara spürte nur, daß sich die Dinge verändert hatten. Sie konnte ihre Ungeduld nicht mehr im Zaum halten. Auf der einen Seite wollte sie zu ihrem Kind, auf der anderen aber stand die Gestalt der Nonne noch als Hindernis im Weg. Deshalb suchte Mara nach einem Ausweg und auch nach Hilfe.
    Sie wandte sich an Marek. Mit hastig ausgestoßenen Worten redete sie auf ihn ein, wobei ihr Blick stets auf sein Gesicht gerichtet war, als könnte sie dort einen Teil der Antwort ablesen.
    Marek sprach auch zu ihr.
    Sie ließ ihn nie ganz ausreden, unterbrach ihn immer wieder. Für mich waren die beiden im Moment nicht wichtig. Mir kam es mehr auf die Nonne Genova an, eine Person, die schon einmal verloren hatte und nun in einer schrecklichen Zwickmühle steckte. Im nachhinein versuchte sie zu retten, was falsch gelaufen war, als geheimnisvolle Geisterfrau, die nicht lebte und auch nicht tot war.
    Ich ging auf sie zu. Uns trennten einige Stufen. Eine gewisse Distanz ließ ich auch bestehen, aber der Zwischenraum bestand nur noch aus zwei Stufen.
    Sie hatte den Kopf gesenkt, um mich anschauen zu können. Dunkle Kleidung, ein bleiches Gesicht mit großen Augen. Fahle Lippen, die auch im Licht meiner Lampe keine Farbe bekamen, als der Strahl über das Gesicht hinwegglitt. Sie nahm es so gut wie nicht zur Kenntnis und zwinkerte nicht einmal mit den Augen. Sie blieben nach wie vor so starr und unbeteiligt wie zwei Fremdkörper.
    »Du kannst mich verstehen?«
    Die Nonne nickte.
    »Auch mir geht es um die Kinder«, sprach ich weiter. »Ich möchte auch, daß es mir nicht so ergeht wie dir damals. Du hast sie nicht retten können. Du bist daran zerbrochen. Aber die Zeiten liegen lange zurück. Nun hat sich wiederholt, was damals geschehen ist. Ich habe sehr genau auf deine Worte geachtet und sie auch behalten. Kannst du mir sagen, wieviele Kinder geraubt wurden?«
    »Zwölf…«
    Die Antwort erschreckte mich. Ich mußte schlucken. Mit dieser großen Zahl hätte ich nicht gerechnet.
    Zwölf Kinder - auch zwölf Tote?
    Hoffentlich nicht. Meine nächste Frage bewegte sich in diese Richtung.
    Es war für mich nicht einfach, sie zu stellen, aber es ging kein Weg daran vorbei. »Wenn es zwölf Kinder gewesen sind…«
    »Nein, nicht mehr. Mit dem letzten sind es dreizehn. Ihre Zahl ist erreicht.«
    »Waren es damals auch dreizehn Kinder?«
    »Ja, denn ich habe dreizehnmal versagt.«
    »Und dann?«
    »Es gibt sie nicht mehr. Die Hexen-Eulen haben ihnen langsam das Leben genommen. Sie haben ihre unschuldigen Körper vergewaltigt, um selbst existieren zu können.«
    Ich wollte es noch einmal genau wissen und sagte deshalb: »Das ist damals geschehen?«
    »Ja, als ich noch im Kloster war.«
    »Und heute?«
    »Ist ihre Zahl ebenfalls erreicht.«
    »Das weiß ich. Ich will mehr wissen. Wo finde ich die dreizehn Kinder? Und vor allen Dingen möchte ich erfahren, wie ich sie finde. Tot oder lebendig?«
    Ich hoffte auf eine trotz allem positive Antwort. Nur keine toten Kleinkinder. Das wäre furchtbar gewesen. Es gab auf dieser Welt schon genügend Kinder, die starben. Ob bei kriegerischen Auseinandersetzungen oder durch den grausamen und blutigen Terror irgendwelcher fanatischer Gruppen, wie es in Algerien der Fall war. Das schoß mir
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