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1046 - Der Hexenturm

1046 - Der Hexenturm

Titel: 1046 - Der Hexenturm
Autoren: Jason Dark
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einfach durch den Kopf. Schließlich lebte ich nicht auf dem Mond, sondern stand mit beiden Füßen fest in dieser Zeit.
    Die Antwort befriedigte mich leider nicht. »Sie werden leider sterben müssen…«
    Ich unterbrach ihre geisterhafte Flüsterstimme. »Das ist keine Antwort. Ich möchte wissen, ob sie schon tot sind oder wir es noch schaffen können, sie zu retten.«
    »Sie sterben langsam.«
    »Was bedeutet das?«
    »Nicht sofort. Über lange Zeit hinweg. Jeden Tag immer ein Stück mehr. Man nimmt ihnen das Leben, die Seelen, aber nicht auf einmal. Sie haben Zeit, diese verfluchten Hexen.«
    »Damit meinst du die Eulen?«
    »Wen sonst?«
    »Und ich finde sie hier im Turm?«
    »Ja. Oben.«
    »Ein Gefängnis für die geraubten Kinder?«
    »So ist es. Dieser Hexenturm ist ihr Versteck. Sie haben die Ruine der Pirnescus besetzt. Die Reste der Burg gehören jetzt ihnen. Es ist für sie so etwas wie ein gewaltiger Sieg. Sie können aufatmen. Sie lachen, sie freuen sich. Sie haben einen späten Sieg errungen, und sie schlagen jeden Feind zurück.«
    »Ich muß trotzdem hin. Wir haben vorhin das Weinen eines kleinen Kindes gehört, und dessen Mutter hat genau gewußt, wer es gewesen ist. Diese Mutter ist bei mir, und genau diese Mutter möchte ich ihr Kind zurückgeben.«
    Im Gesicht der Nonne regte sich etwas. Es verlor für einen Moment die Starre. Genova sah plötzlich verzweifelt aus. Sie zitterte auch am ganzen Körper. »Es wird schwer sein«, erklärte sie. »Man wird sie nicht loslassen. Die Eulen sind grausam. Wen sie einmal in ihrer Gewalt haben, den geben sie nicht wieder her.«
    »Jana ist oben?«
    »Ja, bei den anderen.«
    »Und du kennst dich auch aus?«
    Genova nickte. »Ich bin oft bei ihnen, aber ich bin nicht mehr als ein unruhiger und auch oft verzweifelter Geist, der es einfach nicht schafft, wieder alles zu richten.«
    »Greifen dich die Hexen-Eulen an?«
    »Sie haben es oft genug versucht. Sie werden es auch immer wieder versuchen, aber sie können kein Wesen vernichten, das schon gestorben ist und in einer Zwischenwelt lebt. Noch besteht das Kraftfeld. Noch ist es mächtig genug, mich in diesem schmalen Raum zwischen den Welten existieren zu lassen. Aber es wird verschwinden, wenn meine Aufgabe vorbei ist. So oder so…«
    »Darf ich dich anfassen?« fragte ich.
    »Ja.«
    Ich ging noch eine Stufe höher und streckte dabei den Arm aus. Die Finger der rechten Hand lagen dicht zusammen, und die Spitzen näherten sich der Gestalt. Ich hatte sie noch nicht berührt, als ich sie bereits spürte. Zuerst über die Spitzen und dann über die gesamte Hand hinweg lief ein Kribbeln, das sogar die Unterarme erreichte und auf dieser Haut verlief.
    Diese Nonne war einfach nur Energie. Allerdings auf eine besondere Art und Weise, denn auch magische Kräfte diktierten ihr Handeln. Ich näherte mich ihr noch stärker. Der Körper war zwar vorhanden, aber trotzdem nicht da. Ich faßte ihn an, ich spürte ihn, gleichzeitig griff ich ins Leere. Hier waren die drei Dimensionen aufgehoben worden. Das normale menschliche Gehirn konnte dies kaum begreifen. Auch ich hatte damit meine Schwierigkeiten, aber ich akzeptierte es und zog meine Hand wieder zurück. Natürlich war mir auch der Gedanke gekommen, diese Nonne mit dem Kreuz zu testen. Ich hielt jedoch das Risiko für zu groß. Ich wollte auf keinen Fall etwas zerstören.
    Deshalb zog ich die Hand wieder zurück.
    »Zufrieden?« fragte sie.
    Ich nickte.
    »Das sind nur wenige Menschen. Hast du denn keine weiteren Fragen mehr?«
    »Ich lasse es so wie es ist. Ich akzeptiere es, denn das habe ich gelernt. Ich möchte nur die Kinder, und ich werde versuchen, deine Aufgabe zu übernehmen, indem ich die verfluchten Hexen-Eulen vernichte. Mir ist aus den alten Legenden und Sagen bekannt, daß Hexen immer wieder kleine Kinder geraubt haben. So steht es oft genug geschrieben, so erzählt man es sich. Hier werden diese Überlieferungen wahr.«
    »Du willst sie besiegen?« Die Frage der Nonne klang ungläubig.
    »Das habe ich vor.«
    »Du bist ein Mensch.«
    »Ich weiß. Aber ich bin nicht waffenlos. Ich verlasse mich nicht nur auf meine eigenen Kräfte, sondern auch auf die, die mich beschützen, denn ich besitze das Kreuz, das Zeichen des Sieges.« Noch während dieser Worte hatte ich an der Kette genestelt und zog das Kreuz langsam hervor. Es erschien aus dem Ausschnitt meines wollenen Hemdes.
    Rücksicht konnte ich auf die Nonne nicht mehr nehmen. Wenn sie tatsächlich auf
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