1047 - Madame Medusa
wie meinen Sie das?«
»Er hatte Angst.«
»Bitte?« Der Keeper zuckte etwas zurück. »Haben Sie wirklich Angst gesagt?«
»Ja, Angst.«
Der Barmann hüstelte gegen seine Faust. »Also das ist mir neu. Wirklich absolut neu. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß er Angst gehabt haben soll. Vor wem denn? Oder wovor?«
»Keine Ahnung. Er hat nie so recht darüber gesprochen. Aber wir glauben nicht, daß wir uns geirrt haben. Wir sind beide davon ausgegangen, daß er sich gefürchtet hat.«
»Dann wissen Sie mehr als ich.«
»Möglich.«
»Und mit Ihnen hat er niemals über seine Gefühle gesprochen?« fragte ich leise.
»Sir, ich bitte Sie. Mr. Lokone ist ein Gast und kein Vertrauter. Wir haben uns über vieles unterhalten, aber gewisse Dinge waren tabu. Dazu gehört das allzu Persönliche und auch Fakten, die seinen Beruf angingen.«
»Das ist verständlich. Fast jeder Gast hier ist wohl so etwas wie ein Geheimnisträger.«
»Mag sein, daß die Leute untereinander über Politik sprechen, doch ich bin fremd und außen vor. Hier an der Bar drehen sich die Gespräche um andere Themen.«
»Dann haben Sie also nicht erlebt, daß Gubi Lokone unter einer starken Angst litt?« fragte Suko.
»Nein. Aber wovor sollte er denn Angst gehabt haben? Fühlte er sich bedroht?«
»Den Eindruck hatten wir.«
Der Keeper schwieg. Er suchte nach einer Antwort. »Jeder Mensch hat Feinde. Politiker oder Geheimnisträger besonders. Oft werden die Probleme der fremden Länder in einen anderen Staat mit übertragen. Da kann es schon zu Spannungen kommen. Besonders dann, wenn die Verhältnisse in den Mutterländern nicht sehr stabil sind.«
»Das haben Sie schon erlebt - oder?«
Der Keeper nickte. »Leider.«
»Und? Wie sah das aus?«
Er winkte ab. »Verstehen Sie mich nicht falsch, und ich möchte auch nicht unhöflich sein, aber es gibt gewisse Vorgänge, über die ich nicht spreche. Etwas muß auch in einem kleinen Kreis bleiben. Der Club ist für Fremde nicht tabu. Er soll ja auch so etwas wie eine Stätte der Begegnung sein, doch gewisse Dinge müssen einfach intern bleiben.«
»Klar, das verstehen wir«, sagte ich. »Wir wundern uns nur darüber, daß eben unser Freund Gubi Lokone sich so lange hier nicht mehr hat blicken lassen.«
»Vielleicht macht er Urlaub. Bei diesem schlechten englischen Wetter kein Wunder.«
»Das könnte auch sein.«
»War er immer allein hier?« fragte Suko. »Ich meine, er war ja nicht verheiratet.«
Der Barmann lächelte. »Zumindest hier nicht.«
»In Ghana denn?«
»Ja, dort hatte er eine Frau.«
»Und hier?«
Der Keeper lächelte. Er strich etwas verlegen über sein Haar. »Nun ja, Mr. Lokone ist beileibe kein alter Mensch. Seine Bedürfnisse sind nach wie vor da und… nun ja, Sie verstehen…«
»Klar«, sagte ich. »Das ist durchaus menschlich. Dann hatte er also eine Freundin?«
Auf die Antwort mußten wir warten, weil der Keeper Gäste bedienen mußte. Als er seinen Platz hinter der Bar verlassen hatte, knurrte Suko vor sich hin.
»Was ist dir auf den Magen geschlagen?«
Er winkte ab. »Nicht viel, John, aber mir gefällt das nicht. Ich habe den Eindruck, daß wir völlig falsch liegen.«
»Warum?«
»Erinnere dich an das Gespräch mit Sir James. Lokone soll gewisse Clubs besucht haben. Sexclubs. Wenn das stimmt, sind wir hier an der falschen Adresse. Nichts deutet darauf hin. Es sitzen keine Mädchen an der Bar, die auf zahlungskräftige Gäste warten. Es gibt überhaupt keine Anmache hier. Das ist ein völlig normaler Club.«
»Stimmt.«
»Mehr sagst du nicht dazu?«
»Doch. Sir James hat in der Mehrzahl gesprochen. Vielleicht haben wir den falschen Club aufgesucht.«
»Das kann auch sein. Dann fragt sich nur, wo der gute Gubi noch überall Stammgast gewesen ist.«
»Der Keeper könnte es wissen.«
»Er hält den Mund.«
Der Barmann kehrte zurück. »Heute ist nicht sehr viel los. Es gibt Abende, da brennt der Busch.« Er lachte über seine eigene Bemerkung. »Aber es kann ja noch werden.«
»Hatte Gubi Lokone denn eine feste Freundin?« Ich kam mit meiner Frage wieder auf das Thema zurück und erntete bei unserem Keeper Kopfschütteln.
»Nein, so kann man das nicht sagen.«
»Eine feste Partnerin hatte er nicht?«
»Ich weiß es nicht.«
»War er denn immer allein hier?«
Meine Fragen stießen dem Keeper sauer auf. Die Freundlichkeit war verschwunden. Fast böse schaute er uns an. Ein Lächeln gab es bei ihm nicht. Er senkte seine Stimme
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