1047 - Madame Medusa
Eva.«
»Ah ja. Champagner?«
»Richtig.«
»Und dieser letzte Gast?«
»Wollte mich hintergehen, Eva.«
Für einen Moment stand das Erschrecken in den Augen der jungen Farbigen. Dann nickte Eva. Sie wußte, daß Madame auf ihren Kommentar wartete. »Es ist immer schlecht, wenn niedere Chargen eine Königin vom Thron stoßen wollen.«
»Du sagst es, mein Kind.«
»Soll ich den Champagner sofort holen?«
»Ja, geh in den Club. Nimm aber den Verbindungsgang und laß dich nicht im Freien sehen.«
»Es ist gut, Madame.« Eva räusperte sich. »Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?«
»Nein, noch nicht.«
»Ähm… dieser letzte Kunde…« Madame Medusa unterbrach die junge Frau durch ihr Lachen. »Wir werden ihn wegschaffen müssen. Aber das hat Zeit. Zunächst einmal muß ich mich erholen. Ich möchte ein wenig feiern, das wirst du sicherlich verstehen, Eva.«
»Ja, Madame, und ob ich das verstehe. Es ist wichtig, daß man seine Erfolge genießt, hat man bei uns zu Hause gesagt. Ein Fest ist Balsam für die Seele.«
»Da sagst du was.« Madame schüttelte den Kopf. »Ich kann es noch immer nicht fassen, daß es Menschen gibt, die herausfinden wollen, wer oder was ich wirklich bin. Sie sollen ihre Neugierde vergessen und einfach davon ausgehen, daß ich besser bin als sie. Jeder Mensch hat sein Geheimnis, und man sollte diese Dinge den Menschen lassen und nicht zu neugierig sein. Was dann passiert, hast du ja gesehen, Eva.«
»Ja, habe ich. War er schlimm?«
»Es ging. Er war eher unbelehrbar, wenn du das meinst. Man konnte mit ihm einfach nicht klarkommen. So etwas ärgert mich eben immer. Da muß man schon hart sein.«
»Eine Flasche, Madame?«
»Ja, wie immer.«
Eva verneigte sich leicht. Sie trug noch immer das bunte Kleid, dessen Stoff so wunderbar floß und sich beim Gehen in ständiger Bewegung befand. Den Hund nahm die junge Frau mit.
Madame Medusa schaute beiden nach. Eva war wichtig für die Wahrsagerin. Sie mochte Eva. Nicht nur, weil sie ihr hörig war, sie liebte auch den Körper der jungen Frau. Deshalb hatte sie Eva befohlen, unter ihrem Kleid nie etwas zu tragen, abgesehen von einem winzigen Nichts von Tanga, auf dessen Stoff der gleiche Goldpuder schimmerte wie auf den Lippen und den Augendeckeln.
Madame Medusa lehnte sich zurück. Mit der Zungenspitze zeichnete sie ihre Lippen nach, bevor sie den Mund zu einem breiten Lächeln verzog. Den letzten Kunden hatte sie längst vergessen. Sie schaute nie zurück, immer nur nach vorn.
Und sie freute sich auf die kleine Feier mit Champagner und mit ihrer Eva…
***
Wir schauten die Frau an!
Über unsere Lippen drang dabei kein Wort. Ich konnte mir vorstellen, daß Suko das gleiche dachte wie ich. Irgendwie paßte die dunkelhäutige junge Frau nicht in diesen Club hinein. Sie wirkte wie ein Fremdkörper.
Noch schlimmer war der Hund!
Ein großes Tier. Ein Rottweiler, der verdammt gefährlich werden konnte, wenn er in die falschen Hände geriet und Menschen ihn durch ihre Dressur regelrecht versauten. Er tat nichts und blieb in der Nähe seiner Herrin. Aber er hatte seine Blicke überall, denn sein Kopf bewegte sich nach rechts und links, als suche er nach einem Feind.
Sie sah hübsch aus. Ein rundes Gesicht mit freundlichen Augen. Leichtes Rouge lag auf den Wangen, und die Lippen hatte sie mit einem Goldpuder bestäubt. Auch die Lider schimmerten golden, als würden auf ihnen ständig kleine Lichtreflexe tanzen. Sie trug ein buntes Kleid, dessen Saum erst an ihren Waden endete. Die Schuhe hatten halbhohe Absätze.
Auch der Keeper hatte sie gesehen. Sein Lächeln wirke etwas gezwungen, als er sie ansprach. »Hallo, Eva.«
»Grüß dich, Donkan.«
»Hat Madame dich geschickt«
»Ja.«
»Champagner?«
»Eine Flasche!« bestellte Eva lächelnd. »Und bitte einen mit Eis gefüllten Kübel dazu.«
»Gern. Ihr habt wieder etwas zu feiern?«
»Madame feiert immer gern.«
»Gut, ich besorge alles. Warte so lange.«
»Klar.«
Den Rottweiler hatte sie nicht an der Leine geführt. Sie stand neben ihm und schaute uns jetzt an, da wir uns als einzige Personen in ihrer Nähe aufhielten. Ich wußte nicht, ob uns der Hund normal oder böse anstarrte, so genau kannte ich mich mit Rottweilern nicht aus. Normal war dieses Auftreten für mich nicht.
Ich versuchte es auf die etwas dummdreiste Art und Weise, in ein Gespräch zu kommen. »Ein schönes Tier, wirklich.«
»Ja, das ist es.« Sie streichelte über das Fell. Der Rottweiler knurrte
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