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105 - Das indische Tuch

105 - Das indische Tuch

Titel: 105 - Das indische Tuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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gesprochen!«
    Der Amerikaner tat so, als ob er die Frage überhört hätte.
    »Ich bitte tausendmal um Verzeihung, ich dachte, Sie hätten sich mit Mylord unterhalten. Ich habe keine regelmäßigen Ruhestunden.«
    »Schlafen Sie in diesem Teil des Hauses?«
    Gilder lächelte.
    »Ja, wenn ich schlafe, bin ich hier.«
    Brooks kam müde die Treppe herunter.
    »Das klingt ja fast, als ob Sie nur schwer schlafen könnten?«
    »Im Gegenteil«, entgegnete Gilder mit ausgesuchter Höflichkeit. »Wenn ich schlafe, dann schlafe ich gesund und fest.«
    Brooks blieb stehen und betrachtete die Gruppe interessiert.
    »Wünschen Sie etwas?« fragte Tanner.
    »Ich wollte nur sehen, ob Gilder nicht in Ungelegenheiten gekommen ist«, entgegnete Brooks leichthin.
    Tanner erhob sich.
    »Ich weiß nicht recht, was ich von Ihrem Benehmen halten soll. Tun Sie nur so, weil ich Ihrer Meinung nach ein unwichtiger Besuch bin, oder ist das Ihre gewöhnliche Art?«
    Gilder legte sich ins Mittel.
    »Mr. Brooks kommt aus Amerika, aus dem Land der Freiheit, wo die Männer noch Männer sind und sich nicht ohne weiteres verbeugen«, erklärte er etwas umständlich.
    Dann wandte er sich dem Feuer zu. Mit wenigen Schritten war Tanner bei ihm und packte ihn am Arm.
    »Wenn Leute frech zu mir werden, bekommt es ihnen meistens sehr schlecht! Ich setze sie dann hinter Schloß und Riegel.«
    Gilder warf ihm nur einen vorwurfsvollen Blick zu.
    »Wenn ich nun zu der Überzeugung käme, daß Sie beide bedeutend mehr über die Morde hier wissen, als Sie zugeben wollen, könnte ich Sie einfach verhaften und wegen Mittäterschaft zur Anzeige bringen. Ich würde Sie noch heute abend zur Wache bringen. Sehen Sie, jetzt lachen Sie nicht mehr so unverschämt.«
    Das stimmte auch; die beiden sahen jetzt ungewöhnlich finster drein.
    »Es würde Ihnen aber doch auch unangenehm sein, wenn Sie uns zur Polizeistation bringen müßten«, meinte Gilder.
    »Das macht mir wenig aus. Es sind vierzig Polizeibeamte im Park«, sagte der Chefinspektor langsam und mit Nachdruck. »Nur ausgewählte, tüchtige Leute von Scotland Yard. Vor fünf Minuten kamen sie in Lastautos an; das Haus ist vollkommen umzingelt. In dieser Nacht soll jedenfalls kein Mord in Marks Priory passieren.«
    Totty starrte ihn mit offenem Mund an.
    »Es würde mir sehr leichtfallen, ein paar Beamte aus dem Park zu rufen und Sie abführen zu lassen – oder zweifeln Sie vielleicht daran?«
    Tanner nahm eine Signalpfeife aus der Tasche und hielt sie an die Lippen. Ferraby, der Brooks beobachtete, glaubte jeden Augenblick, daß der Mann zusammenbrechen würde.
    »Mr. Tanner, Sie haben keinen Grund, derartig drastische Maßregeln zu ergreifen«, erwiderte Gilder. »Wenn ich etwas gesagt habe, das Ihnen unangenehm war, nehme ich es zurück und bitte um Verzeihung.«
    Er sah zu Lord Lebanon hinüber, der erstaunt von dem Chefinspektor auf den Diener schaute.
    »Kann ich noch etwas für Sie tun, Mylord?«
    »Ja, bringen Sie uns noch Whisky-Soda. Brooks, Sie können gehen.«
    Die beiden Diener entfernten sich.
    »Nanu«, sagte der Lord, »stimmt es wirklich, daß Sie vierzig Mann im Park haben?«
    »Um ganz genau zu sein – es sind nur sechsunddreißig Beamte. Ich habe eben die Chauffeure der Transportautos mitgerechnet.«
    Tanner ging um die Couch herum, stützte sich auf eine Sessellehne und betrachtete den jungen Lord.
    »Als Sie mich heute morgen in Scotland Yard besuchten, machten Sie Andeutungen, daß Sie hier in Gefahr schwebten. Habe ich Sie recht verstanden? Sind Sie hier irgendwie bedroht worden, oder hat jemand versucht, Sie anzugreifen?«
    Lebanon sah erstaunt auf.
    »Ich weiß nicht, ob ich das angedeutet habe.« Er dachte eine Weile nach. »Es sind hier schon viele seltsame Dinge passiert, über die man kaum sprechen kann. Aber es hat wohl noch niemand einen Anschlag auf mein Leben gemacht, sonst wäre ich jetzt nicht mehr hier.«
    Tanner versuchte, sich weitere Gewißheit zu verschaffen.
    »Welche seltsamen Dinge sind Ihnen denn aufgefallen?«
    »Sie wollen wohl etwas recht Unheimliches hören, wie es in Schauerromanen vorkommt? Gut, ich werde Ihnen etwas erzählen. Ich kann mich auf zwei Gelegenheiten besinnen, als Gilder mir einen Whisky-Soda brachte. Jedesmal, wenn ich das Glas austrank, schwanden meine Sinne. Das letzte mal wachte ich in meinem Zimmer auf, und es war stockdunkel. Ich trug meinen Schlafanzug und hätte mich wahrscheinlich auch wieder zur Seite gedreht und weitergeschlafen, wenn

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