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105 - Das indische Tuch

105 - Das indische Tuch

Titel: 105 - Das indische Tuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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erzählt, Sie wären seine rechte Hand.«
    Totty grinste.
    »Er war sehr neugierig«, fuhr Lady Lebanon langsam fort, während sie Totty genau beobachtete. »Er bestand darauf, das Innere eines Zimmers zu sehen, das ich ihm nicht zeigen wollte. Sie besinnen sich vielleicht auf den kleinen Zwischenfall.
    Nehmen wir nun einmal an, Sie gingen zu Ihrem Vorgesetzten und sagten ihm: ›Ich habe dieses Zimmer gesehen – es ist wirklich nichts anderes drin als ein paar alte, wertlose Gemälde.‹«
    Ihre Worte machten auf Totty großen Eindruck, aber er wurde plötzlich kühl und nüchtern.
    »Meinen Sie nicht, daß er sich damit zufriedengäbe? Er tut doch sonst alles, was Sie ihm sagen.«
    Totty antwortete nicht.
    »Wenn Sie ihm erklären, daß nichts von Bedeutung in dem Raum ist, würden Sie mir damit viele Sorgen und Unannehmlichkeiten ersparen.«
    »Das verstehe ich sehr gut«, stimmte Totty bei.
    Sie öffnete den kleinen Kasten, und er hörte das Knistern neuer Banknoten. Vier Geldscheine nahm sie heraus, und er konnte sehen, daß es Fünfzigpfundnoten waren.
    »Man fühlt sich so hilflos«, fuhr sie fort, »wenn man weiß, daß man gegen gutausgebildete, tüchtige Beamte von Scotland Yard ankämpfen muß. Die Leute sehen in den harmlosesten Handlungen verdächtige Verbrechen.«
    Sie schloß den Kasten und erhob sich. Die vier Scheine ließ sie auf den Stuhl fallen, auf dem sie gesessen hatte.
    »Gute Nacht, Sergeant Totty.«
    »Gute Nacht, Mylady.«
    Sie hatte die Tür noch nicht erreicht, als er ihr mit den Banknoten in der Hand nacheilte.
    »Ach, entschuldigen Sie«, sagte er. »Sie haben Ihr Geld liegenlassen.«
    »Ich kann mich nicht darauf besinnen«, erwiderte sie mit besonderer Betonung und schaute auch nicht auf die Scheine.
    »Sie wissen nicht, ob Sie es nicht noch einmal dringend brauchen.«
    Erst jetzt nahm sie die Banknoten ruhig aus seiner Hand. Sie zeigte sich nicht im mindesten verwirrt oder betreten.
    »Ich hoffte, Sie könnten es brauchen«, meinte sie. »Sehr schade.«
    Er folgte ihr nach draußen in den Gang und sah ihr triumphierend nach, bis sie außer Sicht kam. Gleich darauf eilte er in das Arbeitszimmer Tanners zurück, den er allein antraf.
    »Wirklich sehr schade«, begann er.
    Der Chefinspektor schaute auf.
    »Was heißt das?«.
    »Daß ich nicht zweihundert Pfund gebrauchen konnte, die mir Mylady eben angeboten hat.«
    Tanner runzelte die Stirn.
    »Wie meinen Sie denn das?«
    »Sie will nicht haben, daß das Zimmer geöffnet wird. Das steckt dahinter.«
    »Was, sie hat Ihnen Geld angeboten?«
    »Ja, sie ließ es auf dem Stuhl liegen. Das bedeutet doch ungefähr dasselbe.«
    »Das Zimmer soll nicht geöffnet werden? Gut, dann werden wir es morgen tun.«
    »Ich kann Ihnen auch schon sagen, was wir dort finden werden«, erklärte Totty vertraulich. »Eine Menge Alkohol, den die amerikanischen Diener dort aufgestapelt haben.«
    Der Chefinspektor betrachtete ihn kopfschüttelnd.
    »Sie sind der schlechteste Detektiv, der mir jemals begegnet ist. Ich werde Ihnen sagen, warum hier amerikanische Diener angestellt sind: weil sie weder eine Familie noch Freunde in England haben. Deshalb besteht wenig Gefahr, daß sie etwas ausplaudern.«
    »Dieses Schloß ist die Zentrale einer Verbrecherbande –«
    »Hören Sie jetzt mit dem Unsinn auf: Sie laufen viel zu oft in die Kinos, das ist Ihr Ruin. Wozu braucht man eine Verbrecherbande zu gründen, wenn es auch anders geht? Der junge Lord Lebanon hat über dreihunderttausend Pfund Erbschaftssteuer bezahlt – rechnen Sie sich aus, wie groß sein Vermögen sein muß!«
    Totty räusperte sich und änderte das Thema.
    »Wo ist denn Ferraby?«
    »Ich weiß nicht. Er treibt sich irgendwo im Haus herum.«
    »Sagen Sie mal, wie steht es denn eigentlich mit den vierzig Beamten, die Sie von Scotland Yard haben kommen lassen? Haben Sie auch schon Vorkehrungen getroffen, daß die Leute richtig verpflegt werden?«
    Tanner trat nahe an ihn heran und sprach sehr leise.
    »Es sind überhaupt keine vierzig Beamte im Park. Aber halten Sie den Mund. Über solche Dinge spricht man nicht.«
    Der Sergeant nickte.
    »Warum haben Sie dann dieses Gerücht verbreitet?« fragte er ebenfalls im Flüsterton.
    »Wenn ein Mord geschieht, soll es hier im Hause sein.«
    Totty lief es kalt den Rücken hinunter.
    »Wieviel Leute werden wohl ermordet werden?«
    »Meiner Meinung nach sind Sie der erste.«
     
    Isla warf sich in ihrem Bett unruhig von einer Seite auf die andere, zog die

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